Crailsheim. Wie geht es weiter mit dem Schlachthof in Crailsheim, wenn er nicht mehr vom niederländischen Vions-Konzern betrieben wird? Dieser hatte nämlich mitgeteilt, dass er beabsichtige, sich aus Hohenlohe zurückzuziehen, darüber hinaus weitere Standorte aufgeben wolle. Die Tönnies-Gruppe, inzwischen Premium Food Group, hatte Interesse an einer Übernahme bekundet. Doch vorerst hat das Bundeskartellamt den Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Übernahme hätte die Marktposition „bedenklich bestärkt“.
Etwa 600 Beschäftigte des Crailsheimer Schlachthofs wissen vorerst nicht, wie es mit ihnen weitergeht. Mit einer Übernahme hätte Tönnies aus Rheda-Wiedenbrück, neben der Schlachtung und Verarbeitung von Schweinen, auch bei Rindern eine dominierende Position erlangt, so die Begründung der Behörde.
Wie von Vion zu erfahren war, habe die Entscheidung zunächst keinerlei Auswirkungen auf das allgemeine Tagesgeschäft. In einem Statement betont das Unternehmen, weiterhin für Kunden sowie Partner aus der Landwirtschaft da zu sein. Die Entscheidung des Bundeskartellamts sei zwar anders ausgefallen als angenommen, man respektiere sie aber, so Vion-Geschäftsführerin Tjarda Klimp. Die Bewertung des Bundeskartellamts wolle man zunächst analysieren und anschließend über weitere Schritte beraten.
Auch bei Tönnies zeigte man sich „not amused“. „Diese Entscheidung ist ein harter Schlag für die Landwirte in Süddeutschland, die seit Monaten auf eine klare Zukunftsentscheidung gehofft haben“, heißt es in einer Stellungnahme. Das Unternehmen wolle die Begründung ebenfalls überprüfen und dann über mögliche rechtliche Schritte entscheiden.
Und was bedeutet das Ganze für die Schweineerzeuger aus der Region Hohenlohe-Franken, von denen die meisten in der Unabhängigen Erzeugergemeinschaft Hohenlohe-Franken (UEG) organisiert sind? Dazu sagt UEG-Vorstandsvorsitzender Matthias Frieß: „Wir finden es schade, dass hier ein Vakuum entstanden ist, vor allem, weil viele Mitarbeiter am Standort Crailsheim betroffen sind und ihnen ein Vakuum nicht weiterhilft in ihrer augenblicklichen Situation.“
Es gebe zwar eine Aussage von Vions, wonach die deutschen Produktionsbetriebe weiterliefen, weil sie anscheinend Geld verdienten. „Was sich aber nicht verstehe ist, warum man etwas verkauft, wenn es rentabel ist“, so Frieß weiter. Jedenfalls sei der Schlachthof in Crailsheim „für uns als UEG und für den gesamten Raum sowie für alle Produzenten im Radius von bis zu 200 Kilometer enorm wichtig. Denn ansonsten wären die Wege enorm weit und - zwar Richtung Weißenfeld (Tönnies) und Richtung Ulm (Müller)“. Aufgrund der vielen Autobahnkilometer blieben dann einige Euro pro Schwein auf der Straße liegen, etwa was die Lkw-Maut angehe. „Und das Ganze wäre dem Tierschutz und dem Tierwohl auch nicht förderlich, wenn weitere Wege gefahren werden müssten.“
Crailsheim sei nicht nur ein wichtiger, sondern auch ein interessanter Standort, vor allem, weil doch auch sehr viel Schweine für Edeka Südwestfleisch geschlachtet werde“, betont der UEG-Vorstandsvorsitzende. Kurze Wege seien auch für die Frische der Ware von großer Bedeutung. Es werde sicher weitere Interessenten geben, die auf den Zug aufspringen, wenn es eine neue Runde geben sollte. „Ich hoffe, dass es an einen deutschen Betreiber geht, ein ausländischer wäre für den deutschen Markt nämlich nicht so produktiv.“
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