Coronaproteste - In Crailsheim wird der Ton rauer / „Klaus aus Franken“ vergleicht die Lage mit dem Untergang der Titanic

Crailsheim: Flashmob löst einen Polizeieinsatz aus

Der Aufruf eines AfD-Politikers zum Widerstand, ein Flashmob für die „Fresse-Freiheit“, der aber platzt, und Auftritte wie der von Klaus aus Franken – der Ton wird immer rauer.

Von 
Jens Sitarek
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Klaus Weber aus Franken (im Hintergrund) bei einer Versammlung in Crailsheim gegen die Corona-Maßnahmen. © Jens Sitarek

Crailsheim. Wi-der-stand! Wi-der-stand! Wi-der-stand!“ So schallt es nach dem Corona-Spaziergang über den Volksfestplatz in Crailsheim. Derjenige am Mikrofon, der dieses Wort lautstark einfordert und es „jetzt mal von euch allen hören“ möchte, ist der AfD-Landtagsabgeordnete Udo Stein. Zuvor spricht er vom Recht auf körperliche Unversehrtheit, von wegen Impfpflicht, und vom Recht auf Versammlungsfreiheit, „das man versucht, uns zu verbieten“. Das Grundgesetz sehe aber auch das Recht auf Widerstand vor, betont Stein. Darum alle: „Wi-der-stand!“

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Vielleicht verstehen einige das, was in einem Supermarkt in Roßfeld geplant war, als eine besonders kreative Form von Widerstand: „Unter dem Motto Fresse-Freiheit starten wir unseren ersten Flashmob mit einem gemeinsamen Einkauf ohne Maske. Es ist nichts dabei, das tut keinem weh, lasst uns einfach ein wenig was versuchen.“ So klang das vorher im Messengerdienst Telegram. Und so: „Warum soll man sich noch länger hinter einer roten Linie verstecken? Die rote Linie ist schon längst überschritten! Aufwachen ist angesagt. Es kristallisiert sich immer mehr raus, als wäre das größte Verbrechen an der Menschheit, das je da gewesen ist, am Laufen.“

Zutritt verweigert

Jedenfalls löst die Ankündigung des Flashmobs einen größeren Polizeieinsatz mit vier Fahrzeugen aus. Zudem stehen zwei Security-Leute beim Supermarkt vor der Tür. Die Polizei schätzt, dass fünf bis zehn Flashmob-Willige vor Ort waren. Ein Mann legt ein Attest über eine Maskenbefreiung vor und kauft einen Sechserpack von dem mexikanischen Bier Corona Extra. Einem anderen wird trotz Attest der Zutritt verweigert, weil er sich vorher „provokant verhalten“ habe. Mit einem Ausweis hätte er wohl hineingedurft, aber er hat keinen dabei. Später auf Telegram kommentiert der Abgewiesene dies mit den Worten „Willkommen im Fachisten-Land“. Auf einem Foto, das er postet, ist eines dieser „Ich suche“-Kärtchen vom schwarzen Brett des Supermarktes zu sehen, das er wie folgt ausgefüllt hat: „Ich suche... Menschen mit gesundem Menschenverstand! Denk selbst – denk frei!“

Bekannt aus „Klagemauer-TV“

Eine eigene Meinung zu Corona und Impfungen hat sich auch „Klaus aus Franken“ gebildet. Vor dem Corona-Spaziergang bekommt er ein Forum auf dem Crailsheimer Volksfestplatz wie jüngst in Rothenburg. „Klaus aus Franken“ ist eigentlich Klaus Weber aus Insingen, der früher in Schrozberg wohnte. Man kennt ihn dort noch von einer Bürgerinitiative. „Mobilfunk – ein Freilandversuch am Menschen“, das war mal sein großes Thema. Klaus Weber ist ein Gesicht der Verschwörungs-Webseite Klagemauer TV mit angeschlossenem Videokanal, die unter anderem in Bayern produziert wird und auch Rechtsextremen eine Bühne bietet.

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Von
Fabian Greulich
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Eine krude These, die auf dieser Plattform verbreitet wird: Die Juden hätten Deutschland 1933 den Krieg erklärt. Hinter der Seite steckt die Sekte Organische Christus-Generation (OCG) von Ivo Sasek mit Sitz in der Schweiz. Weber taucht in vier Videos auf: „Massenmedien lügen im Verbund!“; Impfpflicht in Kürze stoppen; Der Corona-Impfstoff-Chargen-Skandal; Geballte Faktenwiderlegen Impfkampagne!“ Bei Telegram verrät er zudem, dass er Autor des Videos „Die Akte Christian Drosten“ ist, das zu den meist geklickten zählt (fast 2,3 Millionen Ansichten).„Ich komme mir vor wie ein Vulkan, in dem es seit Monaten brodelt“, sagt Weber in einem Video. „Und bitte seht es mir nach, wenn ich jetzt an manchen Stellen vielleicht ein bisschen emotional werde. Es schafft einfach in mir.“ In Crailsheim möchte er eine Bilanz über ein Jahr Corona-Impfungen ziehen, wie er es formuliert.

„Massenversuch“

Die Maskenpflicht für Kinder hält er für nicht verhältnismäßig. „Wer kennt ein Kind an der Grundschule, das nachweislich an Covid-19 gestorben ist? Das gibt es fast nicht. Trotzdem haben wir die Maßnahmen.“ Weber kritisiert, dass der Impfschutz nicht das gehalten habe, was versprochen wurde. Zahlen aus einem Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts vom 30. Dezember 2021 würden belegen, dass sich sehr viel mehr Geimpfte als Ungeimpfte mit Omikron infiziert hätten. „Wenn es so ist, wofür impft man eigentlich?“ Weil die Impfungen vor einem schweren Verlauf schützen, möchte man ihm zurufen.

Dann arbeitet sich Weber an Folien ab, die jemand für ihn hochhält. Zu sehen sind Kurven, die extrem ansteigen: „Todesfallmeldungen bei Erwachsenen nach Verabreichung der Impfung“, dabei handelt es sich um Verdachtsfälle, „unerwünschte schwerwiegende Nebenwirkungen mit Krankenhauseinweisung nach Impfungen“, „Menstruationsstörungen nach Verabreichung der Corona-Impfung“, Herzbeutel- und Herzmuskelentzündungen. „Das ist das, was mich so stört: dass immer alles beschwichtigt wird“, meint Weber. „Die Impfung ist eine heilige Kuh.“

Dabei sei es doch so: „Die Impfung erzeugt die Mutanten. Auf die Kurve der Impfungen folgt die Kurve der Todesfälle.“ Man habe es mit einem „Massenversuch an der Menschheit“ zu tun. „Was ist los, wenn sich das bewahrheitet? Da ist der Contagan-Skandal nichts gegen.“

Weber vergleicht die Situation mit dem Untergang der Titanic: „Das Schiff ist längst leckgeschlagen, aber die spielen immer noch die Musik von diesen Impfungen.“ Mitunter kommt sich Weber auch wie im Mittelalter vor: Wer sich dem „Evangelium der Impfung“ nicht beuge, dem würden die Daumenschrauben angezogen. Nun droht die Impfpflicht. „Wir brauchen hier Hilfe von oben. Wenn du noch nie in deinem Leben gebetet hast, fang an zu beten, weil sich die Dinge so zuspitzen“, sagt Weber. „Ich glaube an eine letzte Gerechtigkeit. Es wird alles ans Licht kommen.“

Demo am 12. März

Nach dem Auftritt von Weber spazieren 230 Kritiker der staatlichen Corona-Maßnahmen durch die Stadt, drei Tage später sind es 900. „Trauen sich im Hellen vielleicht nicht, weil man da leichter erkannt wird?“, fragen sich Anwohner. Was allerdings feststeht: Der Ton einiger, die sich in der Telegram-Gruppe tummeln, wird immer rauer. „Ohne Bürgerkrieg nimmt das leider kein Ende“, schreibt einer. Und ein anderer: „Alte, kranke Welt. Da hilft nur noch Krieg. Ich wollte so was auch nicht, aber langsam wünsche ich mir das.“

Schon jetzt machen die Organisatoren der Spaziergänge auf eine Großdemonstration „für die gesamte Region Nord-Baden-Württemberg“ aufmerksam, die am Samstag, 12. März, in Crailsheim über die Bühne gehen soll.

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