Mitgliederbefragung noch bis 1. Januar

Bei bundesweiter Befragung: So stimmen FDP-Mitglieder ab

Zerbricht die Bundesregierung? In einem Votum sind die Mitglieder der Freien Demokraten dazu aufgerufen, über ein mögliches Aus der Ampelkoalition abzustimmen. In der Region Odenwald-Tauber gibt es einen klaren Trend.

Von 
Simon Retzbach
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Die FDP als „Fähnchen im Wind“? Auch, um diesen Ruf zu vermeiden, stimmen Mitglieder in der Region mehrheitlich für einen Ampelverbleib. © dpa

Odenwald-Tauber. „Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?“ So lautet die Frage, die die FDP-Mitglieder seit 18. Dezember mit Ja oder Nein beantworten können. Auch wenn die Befragung nicht bindend ist, ein Votum gegen die Ampel-Koalition könnte wohl nicht einfach ignoriert werden.

Zahlreiche prominente Parteimitglieder, ehemalige Minister und Abgeordnete in Bund und Ländern äußern sich zur Befragung, zumeist verbunden mit klaren Abstimmungsempfehlungen.

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Simon Retzbach
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Doch wie stimmen die FDP-Mitglieder der Region Odenwald-Tauber ab? Die FN haben sich umgehört.

Benjamin Denzer, Kreisvorsitzender der FDP Main-Tauber, verweist einleitend auf ein „wegweisendes“ Statement des Landesvorsitzenden der FDP Baden-Württemberg, Michael Theurer. „Ein Austritt aus der Regierung ist für die FDP keine Option“, sagte der Landesvorsitzende und Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Man stehe als Landesverband solidarisch zum Bundesvorstand und unterstütze die Arbeit der FDP-Minister in einer „alles andere als einfachen“ Regierungskonstellation.

Keine gesonderte Wahlempfehlung

Denzer selbst gibt als Kreisvorsitzender keine gesonderte Wahlempfehlung ab, sondern verweist auf die Positionierung der Landespartei und das „Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen Mitglieds“.

Er spricht sich aktuell für einen Verbleib in der Regierungskoalition aus: „Ich denke, die Situation jetzt, vor dem Hintergrund der multiplen Krisenlage auf der ganzen Welt, zeigt: Die FDP steht zu ihrer staatspolitischen Verantwortung. Auch und gerade wenn es schwierig wird.“ Den Mitgliederentscheid wertet er als Zeichen einer pluralistischen und lebendigen Partei. „Ich habe nach zahlreichen Gesprächen den Eindruck, dass in unserem Kreisverband die Position die Mehrheit hat, dass unsere FDP-Minister eine wichtige Arbeit leisten und wir daher zu unserer Verantwortung stehen“, gibt Denzer eine Prognose für den Main-Tauber-Kreis ab.

Diese scheint sich zu bestätigen. „Es ist wichtig zu betonen, dass die FDP in den letzten zwei Jahren in der Ampel-Koalition viel erreicht und durchgesetzt hat, beispielsweise das Sondervermögen für die Bundeswehr oder Steuerentlastungen und Investitionsanreize für Unternehmen. Deshalb ist es sinnvoll, in der Regierung zu bleiben und mitzugestalten, anstatt aus der Bundesregierung auszutreten wegen schlechter Umfragewerte oder verlorener Landtagswahlen“, begründet Mirwais Wafa sein Votum. Der Bad Mergentheimer ist stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP Main-Tauber, Mitglied im Kreisvorstand der Jungen Liberalen Main-Tauber und wurde kürzlich überraschend auf Platz drei der baden-württembergischen Landesliste zur Europawahl gewählt.

Kritische Töne

FDP-Mitglied Thomas Nuss plädiert ebenfalls für einen Verbleib in der Regierung. „Ich bin dafür, in der Regierung zu bleiben, nur so können wir unser Profil schärfen und unser Verständnis von Freiheit und Politik einbringen! Jetzt die Koalition zu verlassen wäre in meinen Augen das denkbar schlechteste was wir tun könnten. . . es ist erst Halbzeit und als Sportler weiß ich was das heißt“, zeigt sich Nuss kämpferisch. Ähnlich sieht das der stellvertretende Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen im Main-Tauber-Kreis, Julian Kistner. „Trotz der aktuellen Situation und der Unzufriedenheit über die Regierungssituation braucht es eine Partei, die für solide Finanz- und Wirtschaftspolitik steht, einen attraktiven Arbeitsmarkt ermöglicht und zudem die Sozialen- und Umweltschutzziele verfolgt. Aus diesem Grund sehe ich die FDP klar in der Verantwortung, weiterhin für diese Ziele zu kämpfen, die Gräben zwischen der Rot-Grünen Ideologie zu überwinden und eine vernünftige Politik zu gestalten“, begründet er sein Votum für eine Fortsetzung der Regierung.

Kritischere Töne findet FDP-Kreis- und Stadtrat Jürgen Vossler aus Weikersheim. „Den Frust mancher Parteifreunde kann ich nachvollziehen, ein Stück weit teile ich Ihn auch. Ich appelliere an die Regierung, ganz schnell einen Kurswechsel einzuschlagen um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wieder zurückzugewinnen, falls dies überhaupt noch möglich ist“, mahnt der Kommunalpolitiker. Die Entscheidung mache er sich nicht leicht, zum Zeitpunkt der Anfrage durch die FN hat er sich noch nicht final entschieden. Ein vorzeitiges Ende der Regierung mit Neuwahlen stuft Vossler in der aktuellen Welt- und Wirtschaftslage als „sehr gefährlich“ ein.

Einfaches „Nein“ keine Lösung

Mit einem Verweis auf fehlende Alternativen votiert Achim Walter für einen Verbleib in der Regierungskoalition. „Was sind die Alternativen? Es gibt keine. Die CDU war 16 Jahre an der Regierung und viele Probleme dieser Zeit, wie die Flüchtlingskrise, das Aus der Atomkraft oder die kaputtgesparte Bundeswehr, hängen jetzt noch nach“, analysiert er. Durch einen Regierungsaustritt habe man keinen Gewinn, so der Vorsitzende der FDP im Neckar-Odenwald-Kreis. „Einfach Nein sagen ist keine Lösung“, findet Walter, der neben seinem Amt als Bürgermeister von Obrigheim auch für die FDP im Kreistag des Neckar-Odenwald-Kreises sitzt.

Amtskollege Dr. Lukas Braun aus Lauda-Königshofen will aufgrund seines Amtes, der damit verbundenen Neutralitätspflicht und den anstehenden Kommunalwahlen kein Statement zu seinem Stimmverhalten abgeben. „Die FDP-Mitglieder sind meines Erachtens dazu aufgerufen, in erster Linie an die Zukunft des Landes zu denken. Die Frage, welcher Weg für die Partei kurzfristig besser erscheint, sollte erst an zweiter Stelle stehen“, äußert er sich auf Nachfrage allgemein.

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