Finanzen

Neckar-Odenwald-Kreis: Eltern zahlen mehr für Schülerbeförderung

Trotz intensiver Diskussionen, kein nennenswertes Einsparpotenzial im Kreishaushalt gefunden. Der Kreistag verzichtet auf Verkehrsausbaupläne im Neckar-Odenwald-Kreis.

Von 
Dieter Schwab
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„Dynamische Fahrgast-Informationsanzeiger“ mit Echtzeitdaten zu Abfahrtszeiten wird es vorläufig nur an den bekannten Haltestellen – wie hier dem Bahnhof Walldürn – geben. Denn der Kreistag hat die Erweiterung auf weitere Kommunen bis 2028 auf Eis gelegt. © Dieter Schwab

Adelsheim. Die Enttäuschung war förmlich greifbar. Die Freien Wähler hatten der Verwaltung im Dezember 2024 die Aufgabe gestellt, Einsparpotenzial zu identifizieren, um den Haushalt 2026 zu entlasten. Was nach fast einem halben Jahr Arbeit in der Kämmerei und stundenlangen Diskussionen in verschiedenen Ausschüssen herauskam, war die ernüchternde Erkenntnis, dass der große Wurf nicht gelang und der kleine Wurf vor allem den Personennahverkehr trifft.

Am Ende erkauft sich der Kreistag etwas mehr finanziellen Spielraum im Wesentlichen dadurch, dass die Pläne für ein neues Busangebot im Ertal aufgegeben werden, und dass das dynamische Fahrgastinformationssystem seine in Echtzeit berichtigten Abfahrtzeiten auf die bereits mit Informationstafeln ausgestatteten Haltestellen in Mosbach, Neckarelz, Aglasterhausen, Osterburken und Walldürn beschränkt bleiben – zumindest bis 2028.

Martin Diblik erklärte die Motivation der Freien Wähler: Die ständig steigende Kreisumlage (2024: 60 Millionen Euro, 2025: 80 Millionen, 2026: 95 Millionen) „bedeutet weniger Handlungsspielraum vor Ort“, wo die Haushalte der Kommunen „bereits massiv unter Druck stehen“. Die Kreisumlage sei keine „beliebig skalierbare Größe“.

Diblik bedankte sich für die „sachlich und konstruktiv geführten Beratungen“, machte aber keinen Hehl daraus, dass die Freien Wähler gerne weiter gegangen wäre. „Wir respektieren alle getroffenen Entscheidungen, auch wenn wir uns häufiger eine Mehrheit für unsere Anträge gewünscht hätten.“

Man habe stundenlange, gute Diskussionen geführt, bestätigte Dr. Norbert Rippberger (CDU), „aber insgesamt ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das bringt den Haushalt nicht auf solide Beine.“

60 Millionen Euro Bedarf im Sozialhaushalt. Dazu zwölf Millionen Euro Defizit bei den Neckar-Odenwald-Kliniken – „ohne grundsätzliche Änderungen in der Struktur“ sei das nicht zu lösen. Hier habe man nur wenige Möglichkeiten einzugreifen. Da seien die Europäische Union und der Bund gefordert.

Das sieht Jürgen Mellinger (SPD) ähnlich: „Die finanzielle Ausstattung der Kommunen durch Bund und Land ist unzureichend. Immer neue Aufgaben – etwa im Sozialbereich oder bei der Integration – werden an die Landkreise übertragen, ohne dass eine vollständige Finanzierung erfolgt“.

Das Ergebnis der Beratungen zu dem Antrag der Freien Wähler sei letztlich absehbar gewesen. „Es gibt kaum realistische Einsparpotenziale, ohne die Lebensqualität der Menschen in unserem Landkreis spürbar zu beeinträchtigen. Aber wir lassen nicht zu, dass der Rotstift wichtiger wird als die Menschen selbst“, sagte Mellinger.

Hoffnung verbindet die SPD mit dem vom Bund beschlossenen „Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität“. 100 Milliarden Euro stünden für Investitionen in Ländern und Kommunen zur Verfügung. „Das ist eine Chance“, meinte Mellinger.

Kritik am ursprünglich „vorgelegten Streichkonzert“ gab es von Simone Heitz (Bündnis 90/Die Grünen). Es habe beinhaltet: ÖPNV samt Schülerbeförderung, Förderung von Integrationsmaßnahmen, kulturelle Veranstaltungen, kirchliche Erwachsenenbildung. Entsprechend kündigte Heitz an, dass ihre Fraktion nicht allen Maßnahmen zustimmen werde. „Das, was unseren Landkreis liebenswert macht, kann nicht die Lösung sein.“

Heitz sagte auch, wo sie stattdessen Möglichkeiten sieht, die Einsparseite spürbar zu verbessern und gleichzeitig aktiven Klimaschutz zu betreiben: Über den von ihrer Partei empfohlenen Energiemanager könnten bei Baumaßnahmen Emissionen und damit Kosten gesenkt werden.

Die AfD findet es richtig, alle Ausgaben nicht nur in der Verwaltung, sondern auch im Kreistag auf den Prüfstand zu stellen, erklärte Ralf Barwig. Beim Sparen an Familien gehe seine Partei aber nicht mit. Deshalb forderte er, den Eltern keine höheren Zahlungen bei der Schülerbeförderung zuzumuten. Sein Änderungsantrag bekam jedoch nur die Zustimmung der anderen AfD-Kreisräte.

Die nüchternen Zahlen zur finanziellen Entwicklung im Kreis hatte zuvor Kämmerer Michael Schork vorgelegt. Sein Fachbereich hat zum 30. Juni Bilanz gezogen und auf dieser Basis eine Prognose für 2025 erstellt. Er nimmt an, dass der Neckar-Odenwald-Kreis mit über acht Millionen Euro im Minus abschließen wird. Das wäre aber eine Verbesserung um über zwei Millionen Euro gegenüber dem Haushaltsansatz.

Positiven Einfluss auf die Finanzen hat das schlechte Ergebnis des Jahres 2024. Weil hier ein Minus von fast neun Millionen Euro (fast fünf Millionen schlechter als der Haushaltsansatz) blieb, darf man mit rund 430.000 Euro mehr Schlüsselzuweisungen aus dem Finanzausgleich des Landes rechnen. Weitere 500.000 Euro vom Land erwartet Schork als Anteil an der Grunderwerbsteuer.

Indirekt sorgt Baden-Württemberg für weitere Einsparungen, weil sich Innenminister Strobel dazu entschlossen hat, den Kommunen bewilligte Zahlungen vorzeitig zu überweisen. Für den Kreis sind das insgesamt rund 17 Millionen Euro, die schon im Juni statt im November überweisen wurden. Entsprechend mussten Kredite nicht – oder noch nicht – aufgenommen werden, was aufs Jahr gesehen den Zinsaufwand um 56.0000 Euro reduziert.

Die Personalkosten liegen wahrscheinlich rund 800.000 Euro unter dem Ansatz. Jedoch nicht aufgrund eines Stellenabbaus, sondern nur, weil ausgeschriebene Stellen nicht nahtlos neu besetzt werden können. Wenn eine Ausschreibung ergebnislos verläuft, spart jeder Monat bares Geld. Das summiert sich über das Jahr auf diesen hohen Betrag.

Negative Zahlen steuert der Bereich „Soziale Hilfen“ bei. Allein bei den Ausgaben für Flüchtlinge und deren Unterbringung liegt der Haushaltsansatz fast um 3,7 Millionen Euro schlechter als die Prognose von 6,6 Millionen Euro. Und das – auf den ersten Blick paradoxerweise – obwohl die Zahl der vom Neckar-Odenwald-Kreis betreuten Flüchtenden sinkt. Das hängt damit zusammen, dass die Ausgleichszahlungen von Bund und Land pro Kopf erfolgen, die Kosten für Personal und Unterbringungseinrichtungen aber noch eine Zeit lang weiterlaufen. Fest steht, dass die Häuser in Schwarzach, Buchen und Adelsheim geschlossen werden können.

Einsparungen

  • Im Ergebnis wird jetzt der Zuschuss zum barrierefreien Ausbau von Haltestellen halbiert.
  • Bei der Schülerbeförderung sollen die Eltern stärker zur Kasse gebeten werden.
  • Das geplante neue Busangebot für das Erftal wird gestrichen.
  • Die zweite Stufe des dynamischen Fahrgastinformationssystems an Haltestellen wird auf 2028 verschoben.
  • Die Plattform „Mitfahrzentrale“ wird eingestellt.
  • Der Betrag für Begegnungstreffen mit den Partnerkreisen Görlitz (Sachsen) und Vas (Ungarn) wird auf 13.000 Euro reduziert.
  • Der Kreis kündigt seine Mitgliedschaft bei der Deutschen Olympischen Gesellschaft.
  • Die Förderung von Projekten zur Integration junger Migranten wird auf 30.000 Euro beschränkt.

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