Die Zahl der verletzten und somit Flug untauglichen Greifvögel ist auch in der Region recht hoch. Was tun in so einem Fall? Die Antwort ist gar nicht so einfach. Die Fränkischen Nachrichten haben mal nachgefragt.
Odenwald-Tauber. Greifvögel sind ein wichtiger Bestandteil des Kreislaufs in der Natur. Sie halten den Bestand vieler Tiere – wie Wühlmäuse und Insekten – klein. Zudem erbeuten sie oft kranke oder schwächliche Tiere, beseitigen Tierkadaver und tragen so zum biologischen Gleichgewicht bei. Wie aber sollte man sich verhalten, wenn man einen verletzten Greifvogel findet?
„Als Ansprechpartner bei der Frage, wie beim Auffinden von verletzten Greifvögeln vorgegangen werden soll, empfehlen wir die Greifvogelstation Bad Friedrichshall und gegebenenfalls den Nabu“, teilt Markus Moll, Pressesprecher des Landratsamtes Main-Tauber, mit. Ergänzend steht der Wildtierbeauftragte beim Landratsamt, Hans-Peter Scheifele, Bürgern während der üblichen Dienstzeiten grundsätzlich gerne für Rückfragen zu Wildtieren zur Verfügung. Er ist unter der Mobilnummer 0170/2040589 erreichbar.
„Da Hans-Peter Scheifele keinen Vertreter als Wildtierbeauftragter hat, handelt es sich ausdrücklich um kein 24-Stunden-Notruftelefon. Auch ist der Kollege zum Beispiel im Falle anderer dienstlicher Verpflichtungen sowie außerhalb seiner Arbeitszeiten nicht erreichbar“, sagt Moll weiter. „Hierfür bitten wir um Verständnis.“
Landratsamt nicht zuständig
Für einen 24-Stunden-Notdienst bezüglich verletzter Greifvögel oder gar eine tierärztliche Versorgung vor Ort oder Ähnliches sei das Landratsamt ausdrücklich nicht zuständig und könne daher auch keine entsprechenden Personalkapazitäten vorhalten.
„Ja, bei uns sind Sie richtig, wir kümmern uns auch um verletzte Tiere aus der Region Odenwald-Tauber“, teilt Helmut Weber, Leiter der Greifvogelstation Bad Friedrichshall, im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten mit.
Im Unterland kümmere man sich allerdings nicht ausschließlich nur um Greifvögel und sämtliche Eulenarten, sondern auch um Störche oder Reiher. Pro Jahr würden dort rund 700 Tiere abgegeben, die nach umfangreicher Pflege zum Großteil wieder in die Freiheit entlassen werden könnten.
Bereits seit 1975 gebe es die Pflegestation, die heute vom Nabu betrieben werde und früher eine Außenstelle der Landesanstalt für Umwelt in Karlsruhe gewesen sei. „Jährlich haben wir Kosten von etwa 38 000 Euro. Wir bekommen vom Land 15 000 Euro, den Rest rekrutieren wir durch unseren Förderverein und durch Spenden“, erklärt der Leiter, der hervorhebt, dass derzeit etwa 50 gefiederte Tiere betreut würden.
„Wir sind rund um die Uhr erreichbar“, macht Helmut Weber die Wichtigkeit solch einer Station deutlich, die Platz habe, um zeitgleich mehr als 100 Vögel zu pflegen. In verschiedenen Volieren hätten sie die Möglichkeit, sich wieder auf ihre Freiheit vorzubereiten. Ebenso gebe es eine Quarantänestation.
Wer einen nicht mehr flugfähigen Greifvogel in freier Natur findet, sollte behutsam und durchdacht vorgehen, rät der Experte. „Das Beste ist, eine Decke oder eine Jacke über das Tier zu werfen, es vorsichtig anzupacken, in einen Karton zu setzen und es zu uns zu bringen.“ Unter keinen Umständen dürfe es an den Fängen oder am Schnabel angefasst werden, das könnte zu schweren Verletzungen führen. Auch sollte man nicht versuchen, den Vogel zu füttern und ihm Flüssigkeit einzutröpfeln. Hier sei fachmännisches Wissen von erfahrenem Personal erforderlich, zumal die meisten Greifvögel ihren Flüssigkeitsbedarf über das Futter aufnähmen. Ist der verletzte Vogel im Karton, sei es ratsam, diesen abzudunkeln. „Dann verhält er sich still und kann sich auch nicht weiter verletzen“, meint Weber, der mit seinem Team wisse, wie mit verletzten Tieren umzugehen sei.
Die Gründe für Verletzungen seien vielfältig, erklärt der Fachmann weiter: Kollisionen im Straßenverkehr, mit Stromleitungen, Fensterscheiben, Stacheldraht, Zäunen oder auch Erkrankungen. „Dieses Jahr mit dem heißen und trockenen Sommer war es ganz schlimm. Vor allem viele Jungtiere sind aufgrund von Flüssigkeitsmangel verendet – quer durch alle Vogelarten.“ Dies habe sich in der Population stark bemerkbar gemacht.
Häufige Verletzungen
Häufigste Verletzungen seien Blutergüsse, Abschürfungen, Ständerfrakturen, Flügelbrüche, Stromschläge, aber auch Vergiftungserscheinungen. Er und sein ehrenamtliches Team seien aber auf alle Eventualitäten vorbereitet und würden ihr Bestes geben, die meisten gefiederten Patienten wieder erfolgreich auszuwildern. „Unsere Quote liegt bei über 80 Prozent“, sagt Helmut Weber nicht ganz ohne Stolz. In all den Jahren seien so mehr als 23 000 Vögel wieder in die Freiheit entlassen worden. Die Mitarbeiter der Greifvogelstation freuen sich über jegliche Unterstützung von außen – vor allen Dingen über Spenden, was die Arbeit wesentlich erleichtern würde.
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