Wirtschaft

Rüster-Standort Lauda-Königshofen bleibt erhalten

Türkische Bayrak-Lastik-Gruppe übernimmt Anfang Juni Geschäftsbetrieb des Automobilzulieferers. Mitarbeiter im Umpfertal werden übernommen

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pm/ktm
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Der Rüster-Standort in Lauda-Königshofen bleibt erhalten. © Klaus T. Mende

Lauda-Königshofen/Deggingen/München. Die Zukunftslösung für den Automobilzulieferer Rüster steht: Bayrak Lastik, ein führender türkischer Automobilzulieferer, hat nun eine Vereinbarung unterzeichnet, die die Übernahme des gesamten operativen Geschäfts an allen vier deutschen Standorten, darunter jener in Lauda-Königshofen, vorsieht. Damit wurde der strukturierte Investorenprozess im Rahmen des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung von Rüster erfolgreich abgeschlossen.

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die Transaktion soll bis Anfang Juni rechtlich vollzogen sein. Der Gläubigerausschuss sowie der Sachwalter des Insolvenzverfahrens, Rechtsanwalt Martin Mucha von der Kanzlei Grub Brugger, haben bereits ihre Zustimmung zu dem von Bayrak Lastik abgegebenen Angebot erteilt. Die Transaktion erfolgt im Rahmen eines Asset Deals, bei dem alle Geschäftsaktivitäten der Rüster-Gruppe in eine neue Gesellschaft eingebracht werden, die vollständig im Besitz von Bayrak Lastik ist. Der Name der übernehmenden Gesellschaft wird in Bayrak Technik umbenannt werden.

Insolvenz in Eigenverantwortung

Rüster hatte im November 2022 Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt, das Verfahren ist am 1. Februar eröffnet worden. Die Geschäftsführung wurde bei der Sanierung durch die Münchner Kanzlei Gerloff Liebler Rechtsanwälte unterstützt: So trat Christian Stoffler als Chief Restructuring Officer (CRO) in die Geschäftsführung ein, Dr. Christian Schmitt wurde Generalbevollmächtigter.

Bayrak Lastik wird die vier Standorte der Rüster-Gruppe im schwäbischen Deggingen, Rehburg (Südniedersachsen), Gedern (nordöstlich von Frankfurt) und eben Lauda-Königshofen mit allen gut 600 Mitarbeitern, darunter etwa 130 im Umpfertal, übernehmen. Mit dem Rüster-Standort in Polen werden die Geschäftsbeziehungen weitergeführt, um dann nach einer gewissen Frist über die Zukunft des Standortes zu entscheiden.

Bayrak Lastik ist ein 1974 in der Türkei gegründetes Familienunternehmen, das zu 100 Prozent im Besitz von Zekeriya Bayrak ist. Bayrak Lastik ist seit vielen Jahren ein zuverlässiger Lieferant unter anderem für Fiat, MAN, Isuzu, Hyundai, Renault, Ford, Volkswagen, Audi oder die ZF-Gruppe. Das Unternehmen stellt in der Türkei Produkte her, die sich auf die Lärm- und Vibrationseigenschaften von Fahrzeugen auswirken (sogenannte NVH-Produkte), zum Beispiel konventionelle Fahrwerkslager, Hilfsrahmenlager oder Stoßdämpferbuchsen.

Rüster beliefert im Schwerpunkt Autohersteller und -zulieferer aus dem In- und Ausland mit einer breiten Palette von Produkten zur Schwingungsdämpfung sowie zur Dichtung/Isolierung von Fahrzeugen sowie mit Interieurteilen. Das Unternehmen ist in seiner heutigen Form mit vier Standorten erst in den vergangenen zwei Jahren aus dem Zusammenschluss mehrerer Firmen entstanden. Rüster war zum 1. Juli 2021 aus der Insolvenz der früheren Rüster Präzisionstechnik hervorgegangen.

Christian Stoffler, Chief Restructuring Officer (CRO) von Rüster: „Dieses sehr erfreuliche Ergebnis ist alles andere als selbstverständlich, wenn man sich die schwierige Situation der Automobilzuliefer-Branche vor Augen führt. Es war nur möglich durch den engen Schulterschluss von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten in den vergangenen Monaten. So verläuft die Geschäftsentwicklung von Rüster auch im Eigenverwaltungsverfahren ergebnisseitig planmäßig und liefert leicht positive Ergebnisse. Wir bedanken uns bei den Kunden und allen anderen Geschäftspartnern von Rüster für ihre Loyalität in den vergangenen Monaten. Und natürlich gilt ein großer Dank auch unseren Mitarbeitern, deren Einsatz die Fortführung des Geschäftsbetriebs ermöglicht hat.“

Straff geführt

Sachwalter Martin Mucha (Kanzlei Grub Brugger, Stuttgart), meinte, nur kurze Zeit nach der Eröffnung der Insolvenz habe in dem straff geführten Eigenverwaltungsverfahren ein strategischer Käufer gefunden und die Zukunft von Rüster gesichert werden können. Das Unternehmen werde nach Abwicklung des Asset Deals neu starten und habe mit Bayrak Lastik einen strategisch und finanziell starken Partner gefunden.

Zekeriya Bayrak, Chairman of the Board von Bayrak Lastik: „Mit Rüster und Bayrak Lastik verbinden sich zwei traditionsreiche und im Markt gut positionierte Unternehmen. Die Kombination eröffnet Synergiemöglichkeiten, etwa im Einkauf oder bei Forschung und Entwicklung. Wir sind überzeugt, dass uns die Erfahrung, das Netzwerk und der Kundenstamm beider Unternehmen ermöglichen werden, eine noch stärkere Positionierung im internationalen Wettbewerb zu erreichen.“ Dazu wolle man die Standorte in Deutschland langfristig weiterentwickeln.

Rüster wurde von dem Sanierungsteam der Kanzlei Eversheds Sutherland unter Führung von Dr. Christian Hilpert und Dr. Anne Deike Riewe rechtlich unterstützt. Die Unternehmensberatung Roland Berger mit Jörg Eschmann und Markus Held steuerten den Investorenprozess. Operativ hat Fredrik Ljungman als Interim-Geschäftsführer neben Christian Stoffler das Unternehmen in der Eigenverwaltung unterstützt.

Ende der Hängepartie

„Es freut mich, dass die Hängepartie bei Rüster sich dem Ende nähert und die Bayrak-Lastik-Gruppe sich auch zur Erhaltung des Standorts Königshofen/Sachsenflur bekennt, der aufgrund seines starken Non-Automotive-Geschäfts eine gewisse Sonderrolle bei Rüster einnimmt“, zeigt sich auch Lauda-Königshofens Bürgermeister Dr. Lukas Braun zufrieden. „Ich wünsche sowohl dem neuen Investor als auch den Beschäftigten, dass der Betrieb nun in ruhigeres Fahrwasser gelangt. pm/ktm

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