Lauda-Königshofen. Jazz in all seinen Facetten hat die Aula schon erlebt. Größen des Genres, die in den Konzerthäusern dieser Welt unterwegs waren, gastierten im Martin-Schleyer-Gymnasium und haben mit ihrer authentischen Musik begeistert. Die überregional bekannte Reihe „Jazz in der Aula“ von Kunstkreis Lauda-Königshofen und Stadt lockte seit 1977 mit namhaften Künstlern auch immer wieder zahlreiche Fans aus der weiteren Umgebung in die Eisenbahnerstadt. Dabei reichte das Einzugsgebiet der Jazzfreunde von Frankfurt bis Heidelberg.
Stilmix erwünscht
Nun soll das Format, das unzertrennbar mit dem Namen Günter Schifferdecker in Verbindung steht, eine Verjüngungskur erfahren. Das haben sich einige Mitglieder des Kunstkreises um den Vorsitzenden Anatolij Schelhorn auf die Fahnen geschrieben. „Wir wollen neues, jüngeres Publikum aus der Region anlocken“, betont der Vorsitzende des Kunstkreises. Ziel sei es, nicht nur Bands und Solisten an die Tauber zu locken, die sich dem klassischen Jazz verschrieben haben, sondern vor allem den Stilmix pflegen. „So wollen wir auch nicht eingefleischten Fans Lust machen, die Konzerte zu besuchen.“
Das neue Konzept startet mit dem Konzert im Frühjahr, wenn am 28. April das „Cécile Verny Quartet“ zu hören sein wird. Die deutsch-französische Jazz-Sängerin mit Wurzeln in der Elfenbeinküste sorgt für knackige Grooves und einem musikalischen Klangteppich, der von sinnlich-erotisch bis sanft reicht. Auf ihren Mix von Jazz mit modernen Elementen freue er sich besonders, so Schelhorn, der von sich sagt, sehr wenig Ahnung von Jazz zu haben. Mit der Auswahl der Künstler hatte er bisher nichts zu tun.
Darum hatte sich bisher Hannelore Schifferdecker gekümmert. Ihr plötzlicher Tod reißt eine Lücke beim Kunstkreis. Das weiß auch der Vorsitzende. „Sie war der gute Geist der Reihe, Ansprechpartnerin für Mitwirkende und organisierte die Vorarbeiten für die Konzerte.“ Zudem hielt sie die freundschaftlichen Verbindungen zwischen Musikern, Kunstkreis und Stadt aufrecht. Nach dem Tod ihres Mannes Günter, der 2003 nur einen Tag nach seinem 66. Geburtstag gestorben war, lag „Jazz in der Aula“ in ihren Händen. Für ihr Engagement erhielt Hannelore Schifferdecker 2015 die Bürgerehrennadel der Stadt Lauda-Königshofen und 2018 die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg.
Die Initiative für die Musikreihe kam von Günter Schifferdecker, dem Mentor und Spiritus Rector. Er brachte die Veranstaltung im Oktober 1977 nach Lauda. Denn zum 40. Geburtstag gab es für den Jazz-Fan eine ganz besondere Überraschung: Mitglieder der Barrelhouse Jazzband spielten ihm ein Ständchen. Nach einigen Planungen startete dann das erste Konzert. Viele weitere hochrangige Künstler sollten seitdem folgen, mit Stargästen aus den USA und ein Publikum weit über die Grenzen von Lauda-Königshofen hinaus anlocken. Ein Antrag zur finanziellen Förderung der Reihe wurde 1991 abgelehnt.
Die Barrelhouse Jazzband wurde quasi die Hausband beim „Jazz in der Aula“. Eine lange Reihe von All-Star-Ensembles aus der klassischen Zeit des Swing und Dixieland, zumeist im Rahmen der Barrelhouse-Jazz-Gala, bestreitet seit 1980 jeweils das erste Konzert im Herbst. Aber auch Lynn August, Greetje Kauffeld oder auch Buddy de Francos „Savoy Seven“ genossen die besondere Atmosphäre der Reihe. Selbst Konzertmitschnitte wurden gefertigt. Einige Künstler machten bewusst bei ihrer Deutschland-Tournee Station in Lauda. Und der Weltstar Barbara Dennerlein schrieb einst ins Gästebuch: „Zum 2. Mal hier mit großem Spaß, wie immer großartige Veranstalter und ein fantastisches Publikum. Herzlichen Dank!“
Mit der Ära Schifferdecker sollte aber die erfolgreiche Ära „Jazz in der Aula“ nicht zu Ende gehen. Auch den Überlegungen, die Reihe in die Philharmonie nach Weikersheim zu verlegen, wurde von Schifferdeckers Mitstreitern eine klare Absage erteilt. „Die Konzerte gehören zum festen Bestandteil des kulturellen Lebens in Lauda“, betont Irmgard Jung, die sich seit Jahrzehnten beim Kunstkreis engagiert und schon von Hanni Schifferdecker in die Organisation der Konzerte eingebunden war. Zusammen mit Karl von Baumbach wird sie die Vereinsführung bei künftigen Konzerten unterstützen.
Kulturelle Institution fortführen
Um die Bedeutung der Reihe weiß man auch bei der Stadt als Mitveranstalterin. Für Bürgermeister Dr. Lukas Braun war rasch klar, dass sie Bestand haben muss. „Jazz in der Aula ist seit mehr als vier Jahrzehnten eine kulturelle Institution in Lauda-Königshofen, die wir selbstverständlich auch nach der verdienstvollen „Ära Schifferdecker“ fortführen werden“, so der Bürgermeister. Allerdings sei man sich mit dem inzwischen verjüngten Vorstand des Kunstkreises Lauda-Königshofen einig, „dass wir in den kommenden Jahren einiges behutsam modernisieren werden, um auch wieder jüngere Publikumsgruppen zu erreichen“. Denn: „Die Zeiten, in denen Swing und Dixieland den Geschmack eines breiten Publikums trafen, gehören zweifellos der Vergangenheit an.“
Bei der Ausrichtung des Programms bezieht man nun auch die Jazz-Kompetenz von Stefanie Helmer und ihrem Kollegium der Schule für Musik und Tanz ein. „Es freut mich daher, dass wir neben dem Jubiläumsauftritt der Barrelhouse Jazzband, die in diesem Jahr ihr 70-jähriges Bestehen feiert und zugleich einige langjährige Bandmitglieder verabschiedet, auch erstmals das Cécile Verny Quartett für einen Auftritt in Lauda gewinnen konnten.“ Dieses Quartett um Frontfrau Cécile Verny schlage einen Bogen von Swing über Blues bis hin zu Rock und bringe musikalisch sicherlich frischen Wind in die Reihe.
Neben den neuen musikalischen Wegen ist für Braun aber auch vorstellbar, „dass wir auch einmal neue Locations für die Konzerte ausprobieren“. Er könnte sich auch einmal eine Open-Air-Veranstaltung vorstellen. „Es gibt für die kommenden Jahre jedenfalls genug Ideen; man darf gespannt sein.“
Zumindest will man bei der Bewirtung der Gäste Neues probieren, kündigt Kunstkreis-Vorsitzender Schelhorn an. Und er erwartet Gänsehaut-Momente am 28. April.
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