ÖPNV in der Region Main-Tauber

Main-Tauber-Kreis: Bahnfahren ein echtes "Lotteriespiel"

Derzeit sind die Züge im Taubertal nach "Gutdünken" unterwegs - sehr zum Ärger der Bürger. Die Initiative „Pro Tauberbahn“ prophezeit der Strecke gar eine düstere Zukunft. Doch wo liegen denn die Schwierigkeiten?

Von 
Klaus T. Mende
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Einer jener Busse mit Peiner Kennzeichen, die derzeit im Schienenersatzverkehr entlang der Tauberbahn zum Einsatz kommen, parkiert zwischen Edelfingen und Unterbalbach. © Klaus T. Mende

Main-Tauber-Kreis. Wer derzeit die Tauberbahn nutzen möchte, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln von A nach B zu kommen, dürfte sich an den Bahnhöfen und -halten entlang der Strecke wie in einer Lotterie fühlen: Kommt der Zug, oder kommt er nicht...? Gegenwärtig ist der Fahrplan nämlich zum wiederholten Male arg ausgedünnt, weil Betreiber Westfrankenbahn (WFB) große Personalprobleme bei den Triebwagenführern sowie in den Stellwerken beklagt – mit weitreichenden Folgen. Ein sogenannter Schienenersatzverkehr – mit Bussen aus dem niedersächsischen Peine – ist eingerichtet. Bis Ende des Monats – 28. Juni – soll sich die Lage wieder entspannen.

Landräte, Verkehrsministerium, Nahverkehrsgesellschaft und Westfrankenbahn im Gespräch

„Anfang des Jahres fand ein Spitzengespräch der Landräte mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg, der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg und der Westfrankenbahn zur Pünktlichkeit und Stabilität der Tauber-, Maintal- und Madonnenlandbahn statt“, beantwortet Markus Moll, Pressesprecher des Landratsamtes Main-Tauber, eine FN-Anfrage. Hierbei sei die Einrichtung einer Zukunftskommission zur Entwicklung verbesserter Fahrbahnkonzepte unter Federführung des Ministeriums beschlossen worden. Nach entsprechenden Vorarbeiten durch das Verkehrsministerium werde die Zukunftskommission zeitnah die Arbeit aufnehmen.

Die Fahrpläne an den Stationen entlang der Tauberbahn halten gegenwärtig nicht, was auf ihnen gedruckt steht. © Klaus T. Mende

Landrat Christoph Schauder meint: „Die Landkreise entlang der Tauberbahn haben die klare Erwartungshaltung an das Verkehrsministerium als zuständigem Aufgabenträger, dass gemachte Zusagen eingehalten werden. Hierzu müssen die Vorarbeiten des Ministeriums nunmehr zeitnah abgeschlossen werden, so dass die Zukunftskommission rasch ihre Arbeit aufnehmen kann. Ziel muss sein, mit einem neuen, robusten Fahrplan langfristig Netzstabilität zu erreichen.“

Probleme auf der Tauberbahn sind bekannt

„Die aktuellen Schwierigkeiten auf der Tauberbahn sind uns ebenfalls bekannt. Das derzeitige Fahrplangebot ist laut Auskunft der Westfrankenbahn besonders bedingt durch Personalengpässe beim Fahrpersonal sowie in den Stellwerken“, lässt Markus Moll weiter wissen. Nach dem 28. Juni solle nach aktueller Planung dennoch wieder der vollständige Fahrplan gefahren werden – mit Ausnahme von einzelnen Sonn- und Feiertagen, an welchen der Zugverkehr weiter eingeschränkt bleiben müsse. „Um uns über die aktuellen Entwicklungen und Planungen zu informieren, läuft derzeit die Terminplanung für ein Abstimmungsgespräch mit der Westfrankenbahn.“

Eine Sprecherin der Deutschen Bahn in Stuttgart teilt unserer Zeitung mit, dass die augenblickliche Lage der Personalsituation geschuldet sei. „Auch bei uns gibt es einen Mangel an Fachkräften.“ Bislang betroffen gewesen sei in erster Linie der Bereich der Triebwagenführer. Hier entspanne sich die Lage zunächst einmal, nach wie vor eng sei es aber in den Stellwerken. „Wir bitten um Verständnis für die Unannehmlichkeiten.“ Auch sie nannte den 28. Juni als Tag, an dem sich das Ganze wieder entspannen sollte.

Personalnot: Stellenausschreibungen und Eventtage 

„Wir tun alles, um mehr Personal zu akquirieren, in dem wir zum Beispiel verstärkt Stellen ausschreiben“, so die Konzern-Sprecherin weiter. Und auch mit Eventtagen an verschiedenen Bahnhöfe werde probiert, dem Problem Herr zu werden. Trotz des momentan für alle ärgerlichen Ist-Zustands widerspricht sie allen Unkenrufen, wonach die Tauberbahn über kurz oder lang nicht mehr betrieben werden soll. Dagegen sprächen schon allein die Millionen-Investitionen an verschiedenen Haltepunkten in der Region.

Doch genau das befürchtet die Initiative „Pro Tauberbahn“. „Wer dachte, dass es nicht mehr schlimmer kommen könne, ist eines Besseren belehrt worden“, so Thomas Tuschhoff für die Initiative. Die Zugausfälle auf der Tauberbahn zwischen Wertheim und Crailsheim hätten ein bisher nicht gekanntes Ausmaß erreicht. Zwischen Lauda und Crailsheim fahre nachmittags und abends kein Zug mehr. Es werde lediglich ein Schienenersatzverkehr mit Bussen angeboten, mit dem man jedoch die doppelte Fahrzeit benötige. Anschlüsse würden verpasst – und in den Bussen Fahrräder mitzunehmen, sei nicht möglich. Die vielen Zugausfälle und -verspätungen hätten bereits zu erheblichen Fahrgastverlusten geführt.

Zuverlässige Tauberbahn: Leere Versprechungen?

Die Versprechungen des Betreibers WFB, die Züge auf der Tauberbahn wieder zuverlässig fahren zu lassen, hätten sich als leer erwiesen. „Weder das im Februar 2023 mit dem Land vereinbarte Maßnahmenpaket, noch die im Januar 2024 vereinbarte Zukunftskommission Westfrankenbahn haben etwas bewirkt. Die Zukunftskommission hat kein tragfähiges Zukunftskonzept für die Tauberbahn entwickelt, sie ist noch nicht einmal eingesetzt worden“, meint Tuschhoff.

Die Initiative „Pro Tauberbahn“ prophezeit der Strecke eine düstere Zukunft, wenn sich die Region nicht unverzüglich für ein gutes Zugangebot einsetzt. Sie habe sich deshalb bereits an die an der Strecke gelegenen Landkreise und Kommunen gewandt und vorgeschlagen, eine Interessengemeinschaft Tauberbahn zu gründen, so Tuschhoff. Diese solle sich beim Land für ein Zugangebot einsetzen, das dem Zielkonzept 2025 für den Schienenpersonennahverkehr des Landes entspreche. Denn für den Schienenpersonennahverkehr sei das Land zuständig.

Mobilitätsforscher: Busse und Bahnen erreichen Bedürfnisse der Menschen nicht mehr

Es sollte nicht sein, dass „andernorts mit viel Geld stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert und gleichzeitig in Nordwürttemberg eine vorhandene Strecke abgewirtschaftet wird“. Für eine gut funktionierende Tauberbahn brauche es jetzt das Engagement der Menschen in der betroffenen Region.

Der bekannte und renommierte Verkehrswissenschaftler und Mobilitätsexperte Professor Dr. Andreas Knie aus Berlin, der am Freitag, 28. Juni, um 19.30 Uhr bei den „Igersheimer Impulsen“ in der Erlenbachhalle zu Gast ist, bringt die Probleme des ÖPNV in ländlichen Regionen auf FN-Anfrage auf einen Nenner: „Busse und Bahnen in herkömmlicher Betriebsweise erreichen die Bedürfnisse der Menschen nicht mehr. Wir könnten anders, tun es aber nicht und verlieren im wahrsten Sinne des Wortes den Anschluss.“

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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