Tag der seltenen Krankheiten am 28. Februar - Leon Weber aus Oberlauda ist vom Kabuki-Syndrom betroffen

Leon Webers Leben mit dem Kabuki-Syndrom: „Wenn du einen Menschen glücklich machst, ist etwas Wesentliches gewonnen”

An diesem Montag ist der weltweite „Aktionstag der seltenen Krankheiten“. Leon Weber aus Oberlauda zählt zu den rund vier Millionen betroffenen Menschen in Deutschland, die mit einer solchen als selten geltenden Krankheit leben.

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pdw
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Der 13-jährige Leon mit Mutter June Catherine Weber beim gemeinsamen Singen an seiner Karaoke-Anlage. © Peter D. Wagner

Oberlauda. Der 13-Jährige ist ein aufgeweckter und ausgesprochen lebensfreudiger Junge, der zumindest auf den ersten Blick durchaus gesund wirkt. Erst bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass Leon mit dem sogenannten Kabuki-Syndrom (KS) behaftet ist. Symptome dieser sehr seltenen, angeborenen Erbkrankheit sind in der Regel gekennzeichnet durch spezifische Gesichtsmerkmale, mäßige Skelettanomalien, milde und moderate intellektuelle Beeinträchtigungen sowie postnatalen Kleinwuchs.

„Ich studierte damals in England, als bei einer Ultraschalluntersuchung in der zwölften Schwangerschaftswoche festgestellt wurde, dass mein erwartetes Kind behindert sei“, berichtet Leons Mutter June Catherine Weber. Ferner sei prognostiziert worden, dass das Herz oder Gehirn zu schwach sein und das Kind kaum überleben würde. „Deshalb meinten die Ärzte, es wäre besser, das Kind abzutreiben. Ich wollte das aber nicht, denn es war mein Kind und ich fühlte als Mutter, es so anzunehmen, wie es sein würde“.

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Oliwia Nowakowska
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Zudem holte sie sowohl in ihrem Heimatland Norwegen als auch in Deutschland, dem Heimatland ihres Ehemannes Robin, andere ärztliche Einschätzungen und Empfehlungen ein, zumal bei dem Baby keine Organschäden erkennbar waren, wie beispielsweise Ärzte in Lauda-Königshofen und Heilbronn attestierten.

Als Leon, der in England auf die Welt kam, drei Jahre alt war, diagnostizierten wiederum Mediziner in Norwegen, wo die Familie inzwischen lebte, das sehr seltene Kabuki-Syndrom bei ihm. Bis zu seinem siebten Lebensjahr spielte er im Kindergarten einerseits zumeist mit Gleichaltrigen, anderseits wurde er dort abwechselnd in einer separaten Gruppe mit lediglich zwei Kindern und zugleich vier Fachkräften betreut.

Nachdem er ebenfalls in Norwegen für ein Jahr zur Schule gegangen war, siedelte die Familie 2016 in die Heimat von Vater Robin nach Oberlauda um. In seiner neuen Heimat bekam Leon rasch einen Platz in der Schule im Taubertal. In diesem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (SBBZ) in Unterbalbach besucht der inzwischen 13-Jährige die mittlere Hauptstufe und zeigt sich nach wie vor begeistert von der Schule, wo er vom ersten Tag an Freunde gefunden und sich wohl gefühlt habe.

Vorliebe für Singen und Musik

„Kochen, Singen im Schulchor sowie Musizieren am Schlagzeug in einer Schülerband“, nennt Leon als seine Lieblingsfächer und bevorzugten Aktivitäten. Weniger habe er es mit den Schulfächern Deutsch, Mathematik und Sachkunde, räumt er freimütig ein. Seine Vorliebe für Singen und Musik hingegen ist geradezu naheliegend sowie vielleicht auch „erbbedingt“, da seine norwegische Mutter June Weber ausgebildete Sängerin ist, regelmäßig als Duo „June & Leo“ mit dem Deubacher Gitarristen Leo Guggenmos auftritt sowie bereits sogar im TV in der Showserie „The Voice of Germany“ gastierte.

Ebenso große Freude bereiten Leon der Umgang mit der achtjährigen Hündin „Lady“, mit den drei Katzen im Haushalt sowie mit mehreren Hühnern im Garten. Sofern überhaupt erforderlich, wird Leon zudem empathisch unterstützt von seinen beiden Schwestern, der achtjährigen Lily und der fast zehnjährigen Louisa. „Wir sind stolz auf ihn, weil er das Kabuki-Syndrom hat und so ist, wie er ist. Dazu zählt auch, dass er alle normalen Eigenschaften sowie Stärken und Schwächen eines Teenagers in diesem Alter zeigt“, betont June Weber.

Über Kleinigkeiten freuen

„Leon hat ein tolles Leben, mit nicht weniger, sondern manchmal sogar mehr Qualität. Insbesondere kann er sich zum einen vielleicht mehr als andere Menschen über Kleinigkeiten freuen. Und zum zweiten sieht er viele Dinge nicht so ernst und gravierend“, beschreibt seine Mutter. Das übertrage sich oft auch auf sie sowie auf ihre Arbeit mit Senioren und Demenkranken. „Wenn du einen Menschen glücklich machst, ist etwas Wesentliches gewonnen“, laute eine wichtige Lebensdevise sowohl von Leon als auch von ihr.

Während ihr Sohn am Anfang des Jahres längere Zeit schwer erkrankt in der Uniklinik in Würzburg verbringen musste, gelang es June Weber für die Zeit danach ein ganz besonderes Erlebnis einzufädeln: An Ostern geht einer der momentan größten Träume Leons in Erfüllung, denn dann kann er gemeinsam mit seiner Mutter in Hamburg das Musical „König der Löwen“ besuchen. Schon in der Vergangenheit hat er mit großer Begeisterung Musicals zum Beispiel in Röttingen und in Lauda-Königshofen gesehen, und in der dortigen Stadthalle vor rund drei Jahren noch dazu mit seiner Mutter June in der Hauptrolle beim Chormusical „Amazing Grace“.

Von etwa 32 000 Menschen wird einer mit KS geboren, konstatiert June Weber. Im Main-Tauber-Kreis sei ihr kein Fall bekannt, der räumlich nächste, den sie kennt, ist in Schwäbisch Hall ein gleichsam 13-jähriger Jugendlicher.

Zum Erfahrungsaustausch mit anderen betroffenen Eltern in Deutschland, Österreich und in der Schweiz ist Weber auf Facebook einer „KS-Gruppe“ beigetreten, ebenso einer englischsprachigen weltweiten Gruppe mit über 4200 Mitgliedern.

„Man lernt viele neue Kontakte mit betroffenen KS-Familien kennen und trifft sich vereinzelt auch bei Gelegenheiten oder Besuchen“, resümiert June Weber. Gleichzeitig rät sie aus eigener Erfahrung allen Betroffenen oder Angehörigen von seltenen Krankheiten, an entsprechenden Kontaktforen in sozialen Medien teilzunehmen und sich gegenseitig auszutauschen. pdw

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