Türkisch-Islamische Gemeinde Lauda

Lauda: „Bin in dieser schweren Zeit gerne für die Menschen da“

Wie Muslime aus dem Main-Tauber-Kreis ihre letzte Ruhestätte finden.

Von 
Linda Hener
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Blick auf den Grab eines Muslimen, das mit Blumen geschmückt ist. © picture alliance/dpa

Main-Tauber-Kreis. „Die Anzahl derer, die in Zukunft in Deutschland und damit auch im Main-Tauber-Kreis beerdigt werden möchten, wird ansteigen“, erklärt Önder Turan. Er ist engagiertes Mitglied der Türkisch-Islamischen Gemeinde in Lauda und war jahrelang im Gemeinde-Vorstand tätig. Er hilft freiwillig, wenn eine Person aus der Gemeinde stirbt beziehungsweise Angehörige im Umkreis von Werbach bis Weikersheim Hilfe in der Trauerphase und bei der Abwicklung der Bestattung brauchen. Dazu unterstützt der 48-Jährige im Kontakt mit den Bestattungsunternehmen und arbeitet eng mit den Städten Lauda-Königshofen und Bad Mergentheim zusammen – für deren große Unterstützung sich Gemeinde-Vorstand Ibrahim Öztürk und er sich sehr bedanken.

Der Todestag ist ein ganz besonderes Ereignis

„Neben der Hochzeit ist der Todestag in unserer Religion und Kultur eines der bedeutendsten Ereignisse. Deshalb bin ich in dieser schweren Zeit sehr gerne für die Menschen da – ob bei der Klärung des Papierkrams oder in seelsorgerischer Weise zusammen mit unserem Vorstand und unserem Imam.“

Der Bedarf an muslimischen Grabfeldern im Main-Tauber-Kreis werde sich erhöhen, gibt er zu bedenken. Derzeit, so berichten Önder Turan und Vorstand Ibrahim Öztürk im Gespräch im Aufenthaltsraum der Laudaer Moschee, würden rund 80 Prozent der Sterbefälle auf ihren testamentarischen Wunsch hin nach dem Tod mit dem Flugzeug in das Geburtsland überführt. „Das sind Menschen der ersten oder zweiten Auswanderer-Generation, die noch in der Türkei aufgewachsen sind oder teilweise dort gelebt haben – sie haben das Bedürfnis, in ihrem Geburtsort, in ihrem Dorf in der ‚Mutter Erde‘ beerdigt zu werden.“ Auch bei den Mitgliedern des Alevitischen Kulturvereins in Lauda sei das ihres Wissens eine ähnliche Anzahl, erläutern sie.

Doch mit Blick auf die Kinder und Enkel, die in Deutschland groß wurden und hier auch ihre Zukunft planen, werde sich das Verhältnis sehr wahrscheinlich ändern. „Wir fühlen uns in zwei Kulturen verankert und daher wird es sich so entwickeln, dass unsere muslimischen Mitbürger zunehmend die Möglichkeit der Bestattung in Deutschland suchen.“ Außerdem sei er, sagt Önder Turan, bereits Ansprechpartner bei Fällen von Personen gewesen, die aus Syrien oder Afghanistan nach Deutschland geflüchtet seien, und hier sonst niemanden hätten, um die Bestattungsformalitäten zu regeln. „Familie und Zusammenhalt sind für das Wichtigste und wir lassen da niemanden alleine.“

Nach aktuellem Stand gibt auf dem Bergfriedhof in Lauda Grabplätze und auf dem Neuen Friedhof in Bad Mergentheim, wo Menschen muslimischen Glaubens ihre letzte Ruhestätte finden können. Auch in Wertheim gibt es das Angebot, dass Verstorbene nach dem Ritus der Religion bestattet werden können, hier regelt das die dortige Türkisch-Islamische Gemeinde in Absprache mit der Stadt. Nach Traditionen des muslimischen Glaubens beerdigt zu werden, das bedeute unter anderem, dass die Toten nur in Grabstellen gelegt werden, in denen vorher kein anderer bestattet wurde. Der Ritus sieht zudem vor, dass die Toten gewaschen werden, und in einem Sarg zum Grab gebracht, dort aber ohne Sarg – allein in ein Leintuch gehüllt – beerdigt werden. Das ist nach einer Änderung des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg 2014 auch hierzulande möglich.

„Ansonsten sind die Unterschiede nicht so groß“

„Aber ansonsten sind die Unterschiede gar nicht so groß, die Gebete, die unser Imam Cemil Cemallioglu spricht, sind andere, aber wir haben den Glauben, dass wir alle, egal welcher Religion wir uns zugehörig fühlen, den gleichen Gott haben. Wir kommen von diesem Gott und gehen zu ihm zurück.“

Aufgrund der erwarteten Entwicklung ist es das Anliegen von Ibrahim Öztürk und Önder Turan, dass auch in der Stadt Tauberbischofsheim Grabfelder genutzt werden können: „Deshalb werden wir in den kommenden Monaten auf die Stadt zugehen, und die Anfrage stellen wollen.“

Wichtig ist den beiden, zu betonen, dass ihre Religion nichts mit Extremen zu tun hat. Wer Interesse habe, mehr über die Gemeinde, Religion oder die Moschee zu erfahren, sei willkommen, sich an sie zu wenden.

Vor der Mimar-Sinan-Moschee (von links) Önder Turan, Vorstand Ibrahim Öztürk und Imam Cemil Cemallioglu. © Linda Hener

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