Königshofen. Durch die Königshöfer Hauptstraße zieht sich eine Blechlawine. Mehr als 13.000 Fahrzeuge – vor allem Autos, Lkw und Motorräder – bewegen sich täglich durch den Ort. Die Anwohner stören sich vor allem am Lärm. Die Lärmaktionsplanung könnte Abhilfe schaffen. Eine mögliche Maßnahme ist Tempo 30 für den gesamten Innerortsbereich der B 290. Die Stadtverwaltung hat bereits einen Antrag bei der Straßenverkehrsbehörde gestellt.
„Vor allem abends und in den frühen Morgenstunden, von 5 bis 7 Uhr, ist die Belastung hoch. Wenn ein leerer Lkw scheppernd vorbeirollt, steht man im Bett“, klagen Karlheinz und Marianne Boger. Die beiden wohnen seit Jahrzehnten an der B 290. Eva-Maria Spönlein und ihr Mann Wolfgang machen ähnliche Erfahrungen, seitdem die pensionierten Zahnärzte im November 2023 vom Rheinland in Spönleins frühere Heimatstadt Königshofen gezogen sind.
Die Vier machen sich für eine Lärmreduzierung an der B 290 stark, haben bei Behörden und Verwaltung nachgefragt. „Viele Nachbarn wollen das auch, haben aber mittlerweile resigniert, weil die letzten Jahre kaum was passiert ist“, macht sich Ernüchterung breit. An einem Samstagmittag im Juni 2024, als sie die Sonne im Garten genießen wollte, hat Eva-Maria Spönlein per Handy-App die Dezibel-Werte gemessen. Die sollten bei höchstens 65 bis 70 dB(A) liegen und wurden deutlich überschritten. Spitzenwert waren 107 dB (A), wie sie per Foto festgehalten hat.
Als dann im vergangenen Herbst der Gemeinderat die Stufe 4 der Lärmaktionsplanung mit verschiedenen Maßnahmen billigte, keimte Hoffnung auf. Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt, lärmreduzierender Asphalt und bauliche Veränderungen wurden vom Planungsbüro vorgeschlagen. Und auch die Überwachung wurde in den Blick genommen.
Ursache des Verkehrslärms bekämpfen
Die Anwohner wissen, dass ein neuer Flüsterasphalt erst eingebaut wird, wenn Sanierungsmaßnahmen an der Straße anstehen. Karlheinz Boger ergänzt, dass der nach den letzten Arbeiten verbaute Asphalt, auch wenn er oft so bezeichnet werde, kein Flüsterasphalt sei. Die Vier hoffen daher auf eine schnelle Umsetzung von Tempo 30 und damit die Bekämpfung der Ursachen Lärm – zumal das in anderen Kommunen in kurzer Zeit realisiert wird. Sie verweisen auf das Beispiel Hardheim, wo man jüngst die Entscheidung gefällt habe und die Schilder schon bereitstünden.
Diese zügige Umsetzung würden sie sich auch für Lauda-Königshofen wünschen. Das Verkehrsministerium Stuttgart hat die Eingriffswelle für Geschwindigkeitsbeschränkungen wie Tempo 30 innerorts abgesenkt und den Schutz vor Lärm gestärkt. „Mit Flüsterasphalt und auf Tempo 30 könnten die gesundheitsgefährdenden Werte eingehalten werden“, betonen sie. Spönlein berichtet von einem guten Gespräch mit Bürgermeister Dr. Lukas Braun und Stadtbaumeister Tobias Blessing. Der Rathauschef sei in seinen Augen „ernsthaft um eine rechtssichere Umsetzung bemüht“.
Dennoch werden die Vier den frustrierenden Eindruck nicht los, dass man bei der Stadt, die den Antrag einzureichen hat, und dem Verkehrsamt des Landratsamts, das die Entscheidung zu fällen hat, die Verantwortung auf den anderen schiebt. „Sitzen da irgendwo Menschen, die verhindern wollen, dass es für die Anwohner der Ortsdurchfahrt leiser wird?“, fragen sie sich. In Hardheim scheint für sie der Wille für Tempo 30 stärker vorhanden zu sein. Von einer sukzessiven Einreichung der Anträge zunächst für Königshofen und später für Unterbalbach halten sie nichts. Das sorge nur für Zeitverzögerungen.
Antrag bei Verkehrsbehörde eingereicht
„Tempo 30 für die Stadtdurchfahrt Königshofen ist sinnvoll“, ist Bürgermeister Dr. Lukas Braun überzeugt. „Aufgenommen wurde auch, dass wir verstärkte Geschwindigkeitskontrollen wollen.“ Mittlerweile liege der überarbeitete Antrag bei der Straßenverkehrsbehörde. Nachgefordert wurde „die Erwähnung von bestimmten passiven Schallschutzmaßnahmen aus den 1990er Jahren sowie eine Korrektur bezüglich der Strecke mit lärmreduzierenden Belag“. Das Planungsbüro hatte diesen Belag für die ganze Ortsdurchfahrt angesetzt. Eingebaut ist er allerdings nur „von der Einmündung B292 Richtung Bad Mergentheim“, so Braun.
Die Anträge auf Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt von Unterbalbach sowie auf Tempo 50 auf der B290 am Ortsrand von Gerlachsheim würden derzeit von der Bernard-Gruppe ausgearbeitet. „Sobald uns die Unterlagen mit den entsprechenden Berechnungen vorliegen, werden wir diese umgehend bei der Verkehrsbehörde einreichen“, ergänzt der Bürgermeister.
Bürgermeister ist für Königshofen optimistisch
Das Aufstellen von temporeduzierenden Verkehrsschildern sei weniger eine Kostenfrage. „Vielmehr müssen die unterschiedlichen Belange berücksichtigt werden, die durch eine solche Maßnahme tangiert werden wie die Abstimmung mit den verschiedenen Fachbehörden bei Landratsamt und Regierungspräsidium.“ Genau dies sei in den vergangenen Wochen geschehen. „Wir sind optimistisch, dass wir im Falle von Königshofen bald mit einer Entscheidung rechnen können.“
Lukas Braun weiter: „Darüber hinaus bleibt hinsichtlich einer Lärmbelastung festzuhalten, dass sich unterschiedliche Gegebenheiten bzw. Rahmenbedingungen, die in verschiedenen Ortschaften mit deren unterschiedlichen zuständigen Behörden und Entscheidungsträgern vorherrschen, nicht in jedem Fall miteinander vergleichen lassen. Es handelt sich um Einzelfallbetrachtungen, die sorgfältig dargelegt werden müssen, sodass rechtssichere Entscheidungen getroffen werden können.“ Und er verweist darauf, dass Umsetzung und Genehmigung „gerade nicht in der Zuständigkeit der Stadt Lauda-Königshofen liegen“.
Für die weitere Bearbeitung des im November gestellten Antrags liegen, so hofft man bei der Stadt, nun im Landratsamt alle fehlenden Unterlagen vor. Die Dauer der Bearbeitung sei „abhängig von der Vollständigkeit und der Verwertbarkeit der Unterlagen“, teilt Pressesprecher Markus Moll mit.
„Es bleibt wenig Ermessensspielraum“
Wenn es nach den Anwohnern geht, sollte Tempo 30 schnell kommen. Zur Frage nach dem Ermessenspielraum macht Moll deutlich: „Die Straßenverkehrsbehörde hat hinsichtlich der Frage, ob eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung vorliegt, nach pflichtgemäßem Ermessen über straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zu entscheiden. Die Prüfung, ob verkehrsregelnde Maßnahmen in Betracht kommen, erfolgt nach den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung in Verbindung mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und der Lärmschutz-Richtlinie-StV. Darüber hinaus wird das Ermessen gelenkt durch den „Kooperationserlass-Lärmaktionsplanung“ des Verkehrsministeriums, sodass wenig Spielraum verbleibt.“
Auch andere Kommunen beschäftigt das Thema Lärm: „Zeitgleich mit uns ist die Stadt Bad Mergentheim derzeit ebenfalls mit der Umsetzung der Lärmaktionsplanung befasst. Ein Ergebnis steht noch aus. Das Verfahren, zum Beispiel welche Stellen zu beteiligen sind, ist für alle grundsätzlich gleich. Unterschiede können sich allerdings ergeben, wenn es um die Feststellung der Lärmbeeinträchtigung der jeweiligen Anwohner geht. Hierbei sind bereits bestehende Schallschutzmaßnahmen (lärmmindernder Asphalt, Schallschutzfenster) entsprechend zu berücksichtigen, was zu einer längeren Bearbeitungszeit führen kann.“
Die Anwohner hoffen, dass die Entscheidung zeitnah fällt. „Wir wollen im Garten sitzen und das eigene Wort verstehen oder auch mal die Fenster öffnen können“, sagen die Bogers und Spönleins. Mit Tempo 30 wäre für sie ein großer Schritt getan.
Was die Lärmaktionsplanung vorsieht
- Die Stadt Lauda-Königshofen ist aufgrund der hohen Verkehrsbelastungen im Zuge der B 290 und der L 511 verpflichtet, im Rahmen der EU-Umgebungslärmrichtlinie von 2002 eine Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung zur Stufe 4 durchzuführen. Dabei geht es darum, schädlich Auswirkungen, einschließlich Belästigungen, durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern.
- Laut Umweltbundesamt empfiehlt die WHO, dass die Lärmbelastung durch Straßenverkehr ganztags einen Mittelungspegel von 53 Dezibel (dB(A)) und nachts von 45 dB(A) nicht überschreiten sollte, um negative gesundheitliche Folgen zu vermeiden.
- Seit mehreren Jahren beschäftigt sich der Gemeinderat mit diesem Thema. Für Lauda-Königshofen wurden die Lärmkarten sowie daraus resultierende Aktions- und Maßnahmenpläne, mit denen Lärmprobleme und -auswirkungen geregelt und gemindert werden können, von der Bernard-Gruppe erstellt. Im Oktober 2024 wurde der Abschlussbericht vorgestellt.
- Untersucht wurde die Beeinträchtigung durch Straßenverkehrslärm auf den Straßen im Stadtgebiet, die einen durchschnittlichen Tageswert von 8.200 Kfz/24 Stunden aufweisen: Das ist die B 290 im gesamten Stadtgebiet sowie die L 511 im Bereich zwischen B 290 und Oberlaudaer Straße.
- Für die B 290 zwischen Gerlachsheim und Unterbalbach wird von einem durchschnittlichen Verkehrsaufkommen von 13.525 bis zu 14.510 Kfz/24 Stunden ausgegangen.
- Mehrere Lärmschwerpunkte wurden an der B 290 ermittelt: die Ortsdurchfahrten in Königshofen und Unterbalbach sowie die Umgehung von Gerlachsheim.
- Das vorgeschlagene Maßnahmenkonzept : Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h auf der B 290 in Königshofen, was kurzfristig möglich ist, sowie in der Ortsdurchfahrt Unterbalbach. An den Ortsein- und -ausgängen wird eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 km/h vorgeschlagen. Zur Lärmminderung würde auch eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h bei Gerlachsheim beitragen. Der Einbau von lärmminderndem Asphalt sollte bei anstehenden Straßensanierungen berücksichtigt werden. In Unterbalbach und in Königshofen südlich der B 292 ist er vorhanden, weist aber aufgrund seines Alters von zehn Jahren eine geringe Wirkung auf.
- Weiter werden Geschwindigkeitsüberwachungen vorgeschlagen und zusätzlich die Gestaltung der Ortseingänge in das Konzept aufgenommen, da dies zur Verringerung der Geschwindigkeit beiträgt.
- Zudem können Schallschutzmaßnahmen , etwa bei Fenstern, in Betracht, heißt es im Schlussbericht weiter.
- Der Schlussbericht zur Lärmaktionsplanung ist auf der Internetseite der Stadt Lauda-Königshofen unter dem Bereich „Leben und Wohnen“, „Bau und Infrastruktur“, nachzulesen.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/lauda-koenigshofen_artikel,-lauda-koenigshofen-koenigshofen-anwohner-und-buergermeister-wollen-zuegig-tempo-30-innerorts-_arid,2287712.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/lauda-koenigshofen.html
[2] https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim.html