„Die Liebe zur Natur wurde mir in die Wiege gelegt“, so Anny Schleicher. In Verbindung mit einem beeindruckenden Gedächtnis führte dies dazu, dass die gebürtige Laudaerin im hohen Alter ein Buch herausbrachte – als 87-Jährige.
Lauda. „Erinnerungen an meine Kindheit und Jugendzeit“: Unter diesem Titel beinhaltet der Band insgesamt 124 lesenswerte Seiten, aufgegliedert in 40 Kapitel und illustriert mit 66 Schwarz-Weiß-Bildern. „Das Buch habe ich für meine drei Kinder Rita, Ruth und Klaus, drei Enkel sowie fünf Urenkel geschrieben, da sie sich bis dahin nicht vorstellten, wie die vorherige Generation –auch wegen des Zweiten Weltkrieges – gearbeitet und gelebt hat“, schildert die Autorin ihre Beweggründe.
Im Ort aufgewachsen
Geboren am 8. Januar 1935 in Lauda, wuchs Anny unter ihrem Mädchennamen Wörrlein in einer Großfamilie mitten im Ortskern auf, bewirtschafteten doch die Eltern zwischen dem Wahrzeichen Oberes Tor und dem Marktplatz („Bloo“) einen Bauernhof. Im Einklang mit zahlreichen Nutztieren wie Kühe, Schweine, Hühner, Enten und Gänse sowie nicht zuletzt dem Schäflein „Lorle“ gilt der Blick zurück einer anfänglich „unbeschwerten Kindheit“, kurz darauf überschattet vom „unseligen Kriegsgeschehen“.
„Wir Kinder sind ohne Schokolade, ohne Telefon, Radio, Fernseher, Computer und Auto aufgewachsen – trotzdem haben wir nicht hinter dem Mond gelebt“, beschreibt die Bauerntochter ausführlich neben den Spielen und Streichen vor allem die ersten Lebensjahre, nicht zu vergessen auch die prägenden Erlebnisse und Erfahrungen sowie vielfältigen Bräuche.
Übergehend in die Jugendzeit, in der ihr Berufswunsch („mal weg von der Scholle“) aufgrund der Verwundung und schweren Erkrankung ihres Vaters unerfüllt blieb, hält sie in den Aufzeichnungen gezielt etliche Besonderheiten rund um die einstige Eisenbahner- und heutige Weinstadt fest.
So lenkt die gelernte Zitherspielerin das Augenmerk beispielsweise auf die sonntäglichen Spaziergänge entlang der „Flaniermeile von Lauda“, dem sogenannten „Strößle“ zwischen Tauberbrücke und Dreieck. Diente hier die damals noch ziemlich autofreie Strecke vorwiegend als Treffpunkt und Informationsaustausch, so betrachtete man das romantische Käppele am Schmachtenberg dagegen eher als vertraute Rückzugsstätte.
Ein idyllischer Ort, den die Autorin nach wie vor stets gerne aufsucht, zumal sie immer noch mehr oder weniger intensive Ausflüge in die Gemarkung unternimmt, „um zu sehen, wie alles wächst und reift“, so der Zusatz.
„In über 50 Jahren habe ich die umfangreiche Mechanisierung von der Sense bis zum Mähdrescher und von der Hacke bis zum Vollernter erlebt“, ergänzt Anny Schleicher, seit 2016 Witwe.
Mit ihrem Mann Ottmar, mit dem sie kurz vor dessen Tod noch das Fest der diamantenen Hochzeit feierte, hatte sie nach der Geburt der drei Kinder bereits Ende der 1950er Jahre in Richtung Distelhausen einen der ersten Aussiedlerhöfe im damaligen Landkreis Tauberbischofsheim errichtet.
Geschafft und mitgeholfen
Hier und im Umfeld habe sie „geschafft, gewirkt und mitgeholfen, solange es meine Kräfte zuließen“, fügt die trotz gewisser Einschränkungen noch einigermaßen mobile mittlerweile 87-Jährige an. Den Betrieb habe längst der Sohn Klaus übernommen, der ihn auch entsprechend bewirtschafte – „allerdings unter ganz anderen Voraussetzungen als zu unserer sicherlich nicht immer leichten, aber dennoch allemal schönen Zeit“
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