Königshofen. Das Hohe Haus in Königshofen hat in den Jahrhunderten seit seiner Erbauung schon viel erlebt: Von Bauernkrieg und Hungersnöten, von der Verleihung des Marktrechts bis zu den Kämpfen im Zweiten Weltkrieg. Nach der Außenrenovierung im vergangenen Jahr erstrahlt es wieder in neuem Glanz. Am 14. September öffnen die Besitzer erstmals im Rahmen des Tags des offenen Denkmals die Pforten. Unter dem Motto „Wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich“ könnte Interessierte im ganzen Land viele Orte entdecken, die sonst eher verschlossen sind. In Lauda-Königshofen sind neben dem Hohen Haus auch das Buchler-Haus in Gerlachsheim und das neukonzipierte Heimatmuseum Lauda zu besichtigen.
Es ist das älteste Gebäude in Königshofen: Das Hohe Haus. Der Zahn der Zeit hatte kräftig an Fachwerk und Mauern genagt, zahlreiche Balken mussten fachmännisch ausgebessert und teilweise erneuert werden. Nun zeugt ein strahlendes Weiß zwischen den rötlichen Fachwerkbalken von Frische und Glanz. Paul Schad sowie seine Schwester Helga Bieker und ihr Mann Horst haben rund 160.000 Euro investiert. Das Denkmalamt unterstützte mit einem Zuschuss von 35.000 Euro.
Zugang zu Wohnräumen nur über Leiter
Eine steile Treppe mit Holzüberdachung führt von der Oberen Mauerstraße in den ersten Stock. Die gehörte nicht zum Originalbau, wie die Biekers wissen. Denn als das Hohe Haus wohl um das Jahr 1420 errichtet worden war, hätte es noch keinen direkten und damit ebenerdigen Zugang gegeben. Vielmehr seien in den Mauern nur schmale Schießscharten gewesen. In die Wohnräume im ersten Stock sei man über eine Leiter gekommen, die bei einem Notfall eingezogen worden sei.
Die Familie besitzt einen kleinen Schatz. Das wissen Paul Schad und die Biekers. Ende 1970er Jahre, als das Gebäude einer großen Renovierung unterzogen worden war, stieß man auf das historische Fachwerk. Was unter Putz versteckt war, wurde sorgfältig freigelegt. In manchen Gefachen ist noch das Gemisch aus Lehm und Stroh zu finden, wie es im Mittelalter und auch später noch benutzt worden war. „Viele Balken sind noch Original aus dem 15. Jahrhundert“, sagt Helga Bieker über ihr Elternhaus, in dem ihr Bruder Paul noch immer wohnt.
Königshofen 1418 an Mainzer Bischof verkauft
Bis 1805 hätten dort übrigens die „Hohen Herren Vögte“ der mainzischen Bischöfe residiert, erzählen die Besitzer und verweisen auf einen Artikel aus den Fränkischen Nachrichten vom Mai 1980. Darin schreibt Autor Franz Wolf, dass der Ort Königshofen 1418 von der Witwe des Heinrich von Sickingen an den Mainzer Bischof verkauft wurde. In der Folgezeit dürfte das Hohe Haus errichtet worden sein. Wie alt das Gebäude genau ist, weiß niemand. Konkrete Jahreszahlen finden sind an den Balken nicht.
„Aber die Bauweise zeigt Ähnlichkeiten mit dem Toppler-Schlösschen unterhalb von Rothenburg ob der Tauber, das um 1388 errichtet wurde. Das Hohe Haus, dessen Grundfläche sich mit jedem Stockwerk vergrößert, zieren an einigen geschnitzten Konsolen auch Darstellungen des Mainzers Rads wie sie im Wappen der Bischöfe im 14. und 15. Jahrhundert üblich waren.
Sage vom Königshöfer Vogt
Es diente im Mittelalter also als Sitz des Vogts, was die Sage erklärt, die eingerahmt an den Grundmauern zu lesen ist. Danach war es noch vor dem Prager Fenstersturz 1618, der letztlich den Dreißigjährigen Krieg auslöste, auch in Königshofen zu einem solchen Ereignis gekommen. Der Sage nach soll der Vogt seinen Hut an einem Stock aus dem „Hohen Haus“ hinausgehängt haben. Jeder musste diesen Hut grüßen. Als ein Bauer der Aufforderung zum Gruß nicht nachkam, erschoss ihn der Vogt mit seiner Muskete. Aufgebracht über diese Tat stürmten die Königshöfer das Haus und trieben den Vogt durchs Gebäude, bis er aus dem Erker in den Tod stürzte. Der Reim aus dem Buch „Lieder und Mären aus dem Frankenland“ endet: „So färbte sein Blut noch an demselben Tag den Staub schon, in dem auch sein Opfer lag. Und eh die Sonne noch dreimal schwand, stand rings schon im Aufruhr das ganze Land.“
„Viele kennen diese Sage und wollten deswegen gerne einen Blick ins Haus werfen“, sagt Helga Bieker. Deshalb habe man sich entschlossen, an der Aktion „Tag des offenen Denkmals teilzunehmen.“ Stellwände am rückwärtigen Eingang gehen auf die Restaurierungsarbeiten des vergangenen Jahres ein.
Kleine „Heimatstube“ eingerichtet
Im ehemaligen Kellerraum der Familie Schad wurde mit Inventar des Hauses eine kleine „Heimatstube“ eingerichtet. Auf dem alten Bett liegen die Nachtkleider von Helga Biekers Großvater und dessen Frau Katharina. In einer Vitrine findet sich historisches Geschirr, daneben in einem Regal alte Küchengeräte wie eine Saftpresse oder Bügeleisen, die noch mit Kohlen gefüllt wurden. Prachtstücke sind mehrere Bücher, darunter eines über die Heiligen im Jahreslauf und ein Buch über das Leben „Jesu Christie und seiner ehrwürdigen Mutter Maria wie auch ihrer Großmutter Emerentiana“. Die erste Auflage soll 1707 erschienen sein, blättert Horst Bieker in dem dicken Schmöker, der von einer metallenen Buchschnalle gehalten wird.
Die Besucher dürfen auch einen Blick ins geheime Treppenhaus des Hohen Hauses werfen. Zugänglich sind die ausgetretenen Stufen nicht, die bis unters Dach führen. Als Kinder hatten die Schads dort gerne gespielt, erzählt Helga Bieker, weil diese Treppenstufen keine Verbindung zum anderen Treppenhaus haben. Die unteren Stufen wurden allerdings abgerissen, weil das Betreten nicht mehr sicher war.
Geöffnet ist das Hohe Haus für interessierte Blicke am Sonntag, 14. September, von 11 bis 17 Uhr. Angeboten werden Kaffee und Kuchen sowie Getränke. Weitere Infos bei Helga Bieker per Mail unter hebieker@t-online.de.
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