„Freiheyt, 500 Jahre Bauernkrieg und Erstürmung der Burg“

Ganz Oberlauda legte sich mächtig ins Zeug

Alle Vereine der Ortschaft und die Kinder gestalteten ein abwechslungsreiches Programm. Interessanter Festvortrag über die damaligen Vorgänge im Taubertal.

Von 
Reinhard Haas
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Die Zerstörung der Burg aus Kindersicht spielten die Mädchen und Jungen der Grundschule bei der Veranstaltung „Freiheyt, 500 Jahre Bauernkrieg und Erstürmung der Burg Oberlauda“ vor. © Reinhard Haas

Oberlauda. Festlichkeiten wiederholen sich gerne im jährlichen Rhythmus oder zumindest in unregelmäßigen Abständen. Was jedoch Oberlauda unter dem Motto „Freiheyt, 500 Jahre Bauernkrieg und Erstürmung der Burg Oberlauda“ auf die Beine gestellt hatte, war eine Nummer für sich. Alle Vereine haben unter Federführung des Heimat- und Kulturvereins (HKV) mit Werner Kilb an der Spitze in jahrelanger Vorbereitungszeit ein Programm zusammengestellt, das alle Besucher begeisterte.

Begonnen war am Sonntagvormittag mit einem Gottesdienst im Festzelt, der von der Musikkapelle Oberlauda/Messelhausen (Leitung Maximilian Mohr) musikalisch umrahmt wurde. Pfarrer Ralph Walterspacher betonte in seiner Festpredigt, dass ein Miteinander-Reden oft schlimme Auseinandersetzung oder gar Kriege erspare. Vor 500 Jahren habe jedoch eine ganz andere Situation geherrscht: „Freiheit“ sei eine große Forderung gewesen und damit ein Rütteln am gegebenen Herrschaftssystem. Statt zu Dialog sei es zu Blutvergießen und Tod gekommen mit dem regionalen Höhepunkt der Burgzerstörung in Oberlauda und der Schlacht in Königshofen. Der Freiheitsgedanke sei jedoch geblieben und erlaube deshalb auch einen Rückblick nach 500 Jahren. Die Forderung nach Freiheit habe sich letztendlich doch durchgesetzt.

Ideale von damals heute wichtiger denn je

Nach einem Frühschoppenkonzert von den Musikkapellen ging Ortsvorsteher Fabian Bayer noch einmal auf den Grund dieser Veranstaltung ein. Der Ruf der Bauern nach Freiheit sei auch heute noch gültig. Sein Dank galt allen beteiligten Vereinen und zahlreichen Helfenden. Bürgermeister Lauda-Königshofens Dr. Lukas Braun versicherte in seinen Grußworten, dass er gerne mit Oberlauda dieses Fest feiere. Der Bauernkrieg als Flächenbrand sei ein Aufstand des „kleinen Mannes“ gegen die „gottgewollte Ordnung“, die herrschenden sozialen Ungerechtigkeiten seien ein fruchtbarer Nährboden gewesen. Leider seien in den vorhandenen Schilderungen die Rollen der Frauen oft zu kurz gekommen, obwohl viele aktiv am Aufstand beteiligt waren. Die Freiheit sei wertvoll, der Preis sehr hoch und heute selbstverständlich. Die Ideale von damals seien heute wichtiger denn je und werden bei diesem Fest in Oberlauda aus der Geschichte heraus noch einmal lebendig.

Für Mitorganisator Werner Kilb war die Gesamtveranstaltung als Rückblick sehr wichtig, möglich gemacht durch die Zusammenarbeit aller Vereine. Das Ergebnis, eine Ausstellung in und neben der Halle empfahl er allen Besuchern. Die Veranstaltung solle ein Tag der Kommunikation sein.

Die Freiwillige Feuerwehr Oberlauda präsentierte auf einer Wiese eine landwirtschaftliche Ausstellung unter der Überschrift „Früher und heute“. © Reinhard Haas

Parallel zum Festbetrieb mit Mittagessen sorgte der Kindergarten mit seiner Spielstraße auf dem Sport-/Spielplatz für die Unterhaltung der jüngsten Gäste. Auf einer Wiese präsentierte die Freiwillige Feuerwehr eine landwirtschaftliche Ausstellung „Früher und heute“. Von der Hacke bis zum Mehrscharpflug, vom alten Lanz-Buldog bis zum 320-PS-Schlepper und von der Sense bis zum Mähdrescher war alles vertreten. Das Interesse an den Exponaten war sehr groß. In der Halle konnte man sich über das Leben vor 500 Jahren informieren. Im Mittelpunkt standen dabei natürlich die Ereignisse in Oberlauda. Ein Familienquiz regte dazu an, die ausgestellten Schilder und Exponate genauer zu betrachten.

Wie hat sie ausgesehen, die Burg in Oberlauda? Angesichts fehlender Unterlagen waren bei den in der Ausstellung präsentierten Bildern der Phantasie keine Grenzen gesetzt. © Reinhard Haas

Auf das Thema „Freiheit“ fokussierte sich auch der Chor „Young Voices“ bei seinen Vorträgen fokussiert, einmal beim Lied bei gleichlautendem Titel von Marius Müller-Westernhagen, bei den Volksliedern „Die Gedanken sind frei“, „Bürgerlied“ und „Adiemus“ (Junkers). Als Zugabe erklang „Über sieben Brücken musst du gehen“, bekannt durch Karat und Maffay.

Zustand der Burg Oberlauda ließ zu wünschen übrig

Die Grundschule beteiligte sich am Gesamtprogramm mit einem Theaterstück aus der Feder von Tobias Blessing, einstudiert von Anja Müller. Die Kinder spielten vor, wie es vor 500 Jahren auf der Burg hätte sein können – aus ihrer Sicht und mit bekanntem Hintergrund, aber ohne Tote oder Verletzte. Ein Falke beendete den Kampf um die Burg. Diese wurde auch nicht zerstört, sondern – da verlassen – von den Oberlaudaern Stein für Stein abgebaut. Und da war schließlich auch was Wahres dabei.

Die Vorgänge im Taubertal und in Oberlauda waren Thema des Fachvortrags von Frithjof Spänkuch. Ihm zufolge brodelte es schon über 50 Jahre vorher im Taubertal, wie es die Geschichte des Pfeiferhannes aus Niklashausen zeigte. Von Rothenburg ob der Tauber breiteten sich die Aufstände tauberaufwärts aus. Die Städte öffneten ihre Tore. Deshalb wurden auch überwiegend nur Klöster und Herrschaftshäuser geplündert. In Lauda war die Stimmung gespalten, doch die Forderungen nach mehr Eigenbestimmung wurden immer stärker. Linhard Beys, ein von Heidelberg eingesetzter Priester auf würzburgischem Gebiet, unterstützte die Bauern – mit am Ende bekannt fatalem Ergebnis. Der Amtmann von Riedern zog sich auf die Burg Oberlauda zurück, deren Zustand aber sehr zu wünschen übrig ließ. Zur Verteidigung standen ihm keine 20 Mann zur Verfügung, die sich innerhalb der Anlage immer mehr zurückzogen, zum Schluss bis in den Keller des Bergfrieds. Dort überlebten sie den Brand, ergaben sich einen Tag später und wurden an immer wechselnden Orten eingesperrt.

Burgen hatten somit eigentlich ihre strategische Bedeutung verloren. Kriege wurden künftig in offenen Feldschlachten entschieden. Die Bauern profitierten von dem Aufstand nicht. Im Gegenteil. Der Druck „von oben“ wurde erhöht. Spänkuch ging in diesem Zusammenhang auf die Situationen im Lehens-, Abhängigkeits- und Steuerwesen des 16. Jahrhunderts ein. Selbst das Gerichtswesen wurde von vor Ort in die Residenzstädte verlagert. Das war bitter für die Bauern. Selbst Ortswechsel wurden erschwert oder sogar unterdrückt. Die Repressalien entwickelten sich für die Bevölkerung zur Katastrophe, an der sie noch jahrzehntelang zu knabbern hatte. Für Oberlauda bleibt im Rückblick nach 500 Jahren vor allem eine Tatsache: Die Burg ist unwiederbringlich zerstört!

Mit diesem Fachvortrag und vielen Gesprächen und Informationen zu den Ereignissen vor einem halben Jahrtausend endete die Festveranstaltung in Oberlauda, die in dieser Form auf jeden Fall einzigartig war und wohl auch bleiben wird.

Freier Autor Freier Mitarbeiter seit etwa 40 Jahren, hauptsächlich für den örtlichen Bereich des Lauda-Königshöfer Stadtteils Oberlauda. Weiterhin als Berichtverfasser für die "Schule für Musik und Tanz im Mittleren Taubertal" (Musikschule Lauda mit den Mitgliedsgemeinden Lauda-Königshofen, Boxberg-Wölchingen und Grünsfeld). Im Bereich des Badischen Chorverbands bin ich für den Sängerbund Badisch-Franken (ca 80 Vereine, Altkreis Tauberbischofsheim, Randgebiete Hohenlohekreis, Neckar-Odenwaldkreis und Kreis Heilbronn) als Pressereferent tätig. Beiträge von mir wurden auch schon in den Verbandsorganen des BFV (Im Spiel) und DFB veröffentlicht und als Ergebnis davon erhielt der Fußballverein Oberlauda vom DFB/Sepp-Herberger-Stiftung im vergangenen Jahr den 3. Preis in der Rubrik "Fußball Digital".

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