Jugendarbeit - Streetworker Tino Weise kümmert sich um die Teenager der Stadt / Freitags um 15 Uhr ist Jugendtreff im Mehrgenerationenhaus

Ansprechpartner, der auch mal mitspielt

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Tino Weise vor dem Mehrgenerationenhaus in Lauda. Hier ist jeden Freitagnachmittag ein abwechslungsreiches Programm für die jungen Leute geboten.

© Caritasverband im Tauberkreis

Lauda-Königshofen. Welche Stadt leistet sich schon einen eigenen Streetworker? Noch dazu eine Kleinstadt? Lauda-Königshofen tut das. Der Caritasverband im Tauberkreis kooperiert hier mit der Stadt Lauda-Königshofen seit über drei Jahren. Mit einer halben Stelle ist dort der Erzieher Tino Weise für die Stadt in Sachen Jugend unterwegs.

In Lauda-Königshofen gibt es kein eigenes Jugendzentrum wie in anderen Städten. Spielplätze, Schulhöfe und Hinterhöfe wurden so zu Treffpunkten für Jugendliche. Das war aus Sicht von Anwohnenden und der Stadt teilweise nicht passend. Auch gab es niemanden, der als Ansprechpartner für sie da war oder nach den Jugendlichen schaute, wenn sie sich trafen. Sie waren sich selbst überlassen und hatten keinen Anlaufpunkt, wie es andernorts der Fall ist. Das ist jetzt anders.

Wie sieht Weises typische Arbeitswoche aus? "Morgens bin ich meist an der Schule in Lauda oder Unterschüpf, weil ich dort für den Caritasverband zwei Schüler begleite, nachmittags kann ich mich dann, meinen Jugendlichen in Lauda-Königshofen widmen. Diese Zeiteinteilung ist sehr praktisch.", sagt der 38-jährige Familienvater aus Tauberbischofsheim.

Von Bolzplatz zu Spielplatz

Von seinem Büro im Caritas-Haus in der Luisenstraße 2 in Lauda aus steuert er seine Aktivitäten. Die finden oft in Zusammenarbeit mit dem Mehrgenerationenhaus statt. So bietet er zum Beispiel regelmäßig freitags ab 15 Uhr einen offenen Jugendtreff an. Es finden dort die unterschiedlichsten Aktivitäten statt. "Wir haben uns Hamburger oder Kürbissuppe selbst zubereitet, Spieleabende veranstaltet oder Halloween-Spinnen gebastelt", führt er aus. Welche Aktionen im Jugendtreff stattfinden, wird mit den Jugendlichen abgestimmt und stets zum Monatsanfang in der Presse unter der Rubrik "Mehrgenerationenhaus" veröffentlicht.

Den jungen Leuten steht freitags dann das gesamte Mehrgenerationenhaus offen. Sie haben die Möglichkeit, Kicker, Gesellschaftsspiele oder Konsole zu spielen. Weiterhin gibt es unterschiedlichste Materialien, um sich künstlerisch auszuprobieren, sowie eine vollständig eingerichtete Küche, in der gemeinsam gekocht und gebacken werden kann.

Tino Weise macht auch regelmäßig seine Runde zu aktuellen Treffpunkten - von Spielplatz zu Bolzplatz. Gern spielt er dann schon mal eine Runde Fußball mit den Jungs. Wenn er kommt, wird er mit Namen begrüßt. Auch wie die Jugendlichen heißen, weiß er größtenteils.

Seine Rolle dabei ist nicht so ganz einfach, muss er doch einerseits das Vertrauen der jungen Menschen gewinnen und soll mit ihnen "auf Augenhöhe" reden. Andererseits musste er beispielsweise auch erklären, dass Treffpunkte an den Schulen nicht mehr genutzt werden sollen, da die Flächen nach Unterrichtsende kein öffentliches Gelände mehr sind.

Viel Lebenserfahrung

Der Erzieher bringt viel Lebenserfahrung für seine Tätigkeit mit. Dass er mit Menschen arbeiten wollte, war ihm eigentlich schon in der Schule klar, damals stand aber noch Sport für ihn an erster Stelle: er besuchte das Sportgymnasium Oberhof und war Nachwuchstalent in der Disziplin Nordische Kombination (Skispringen und Langlauf). Darin wurde er 1991 sogar Deutscher Meister. Weil er aber zu viel für Wettkämpfe und Trainingslager unterwegs war und oft Unterricht versäumte, wurde es erst mal nichts mit dem Abitur. Er selbst hat hingeworfen, das hat ihn geprägt - sein Lebensfazit aber lautet: "Ich habe selbst erfahren, dass man trotz einer abgebrochenen Schullaufbahn alle Möglichkeiten hat, seine beruflichen Ziele zu erreichen."

Statt mit Menschen hat er schließlich mit Maschinen gearbeitet. Er hat Lkw-Mechaniker gelernt und nach dem Wehrdienst auch in diesem Beruf gearbeitet. "Die praktischen und handwerklichen Dinge liegen mir", sagt er. Irgendwie wurde aber doch der alte Wunsch wieder wach, etwas mit Menschen zu tun haben zu wollen. "Am liebsten wäre ich früher Lehrer geworden", erklärt er und fährt fort: "Jungen Menschen etwas beizubringen, mitzubekommen, wie sie lernen und sich entwickeln, das interessierte mich schon immer". Weise machte im Rahmen der Ausbildung zum Erzieher an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Schweinfurt viele Praktika unter anderem in Behinderteneinrichtungen, Kindergärten, Schulen oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Er holte das Abitur nach und stellte fest, dass die Arbeit mit jungen Menschen "sein Ding" ist.

Einen großen Plan hatte er, der leider nicht verwirklicht werden konnte: Er wollte mit Jugendlichen an einem alten Bus Ford Transit schrauben, ihnen zeigen, wie ein Motor funktioniert, wie man ihn repariert - und gemeinsam den Bus so aufmöbeln, dass man ihn für Aktionen, Treffen oder sogar gemeinsame Ausflüge hätte nutzen können. So eine "Schrauberwerkstatt" wäre auch ein passender Jugendtreff, schwebte ihm vor. Doch das Vorhaben scheiterte, da kein Unterstellplatz für den Bus gefunden wurde.

Gutes Netzwerk

Mit der Stadt Lauda-Königshofen arbeitet der Erzieher in seinem Alltag zusammen. "Herr Umminger von der Stadtverwaltung und auch Frau Keck-Heinrich vom Mehrgenerationenhaus haben stets ein offenes Ohr", sagt er. Mit beiden bespricht er regelmäßig den Stand und die Weiterentwicklung der Jugendarbeit in Lauda-Königshofen. Kontakte hat Tino Weise auch zu den Schulsozialarbeiterinnen und -arbeitern der Gemeinschaftsschule und des Schulzentrums. Mit ihnen tauscht er sich aktuell aus, wie eine Vernetzung oder engere Zusammenarbeit zwischen Jugendarbeit und Schule aussehen könnte: "Idealerweise sollte ein nahtloser Übergang von Schulalltag und Freizeitgestaltung für die jungen Menschen geschaffen werden", regt der Streetworker an. Der kollegiale Austausch mit den Pädagogen vom Caritas-Verband in Tauberbischofsheim, die seit Jahren im Bereich Kinder- und Jugendhilfe im Main-Tauber-Kreis unterwegs sind, unterstützt ihn in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und ist eine Bereicherung für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Mobilen Jugendarbeit.

Festkultur pflegen

Wenn Tino Weise zur Fest- und Feierkultur in Lauda-Königshofen befragt wird, dann sagt er: "Die Fest- und Feierkultur sollte gut gepflegt werden, denn sie ist ein Aushängeschild und Markenzeichen der Stadt. Dabei ist die jahrelange Erfahrung der Stadt, was die Organisation und Durchführung großer Veranstaltungen betrifft spürbar, denn nicht überall laufen Feierlichkeiten in dieser Größenordnung mit so wenigen Vorfällen ab."

Weiter stellt Weise fest: "Für den Alkoholmissbrauch von Jugendlichen braucht es keine Festlichkeiten. Dieser findet auch ohne eine besondere Veranstaltung statt. Ihn vollständig zu unterbinden, wäre Utopie. Aber man kann versuchen, ihn zu reduzieren" Um diese Problematik, zu der auch der Drogenmissbrauch gehört, zu bearbeiten, müsste man ein Konzept erstellen, welches an erfolgreiche "Antidrogenprogramme" angelehnt ist. Aufgrund des halbtäglichen Stundenumfangs, derihm für die Jugendarbeit zur Verfügung steht, ist die Umsetzung eines solchen Projekts aber zurzeit eine Dimension zu groß.

Immer neue Herausforderungen

Fragt man ihn, was den Reiz an der Jugendarbeit in Lauda-Königshofen ausmacht, antwortet Tino Weise: "Es kommen immer wieder neue Herausforderungen und Schwerpunktthemen auf mich zu. Nun wurden die ersten Asylbewerber in Lauda untergebracht, von denen einige auch in jüngerem Alter sind. In welcher Form die Mobile Jugendarbeit hier mitwirken kann, Brücken zu bauen, wird sich in der nächsten Zeit herauskristallisieren."

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