Külsheim. Die jüdische Geschichte der Stadt war Thema eines Rundgangs mit Alfred Bauch am Sonntag in Külsheim. Die Führung kann im Zusammenhang mit der momentanen Anne-Frank-Ausstellung im Alten Rathaus gesehen werden.
Nach dem Treffpunkt auf dem Schlossplatz ging es zur ersten Station an der katholischen Kirche, wo eine Gedenktafel an die Verstorbenen und Vermissten der beiden Weltkriege erinnert. Auch jüdische Mitbürger sind auf dieser aufgeführt.
Es gebe Juden in Külsheim seit 1298, sagte Bauch. Das mittelalterliche Vorurteil „die Juden sind schuld“ ziehe sich bis in die Neuzeit. Der Redner nannte das Beispiel des Pogroms von Arnold Ritter von Uissigheim. Danach sei die Gemeinde damals zum Wallfahrtsort geworden, bis ein neuzeitlicher Bischof diese Wallfahrten beendete. Die Gruppe machte dann Halt auf der so genannten Kirchentreppe. Dort sind einige der in Külsheim verlegten Stolpersteine zu finden, die an das Schicksal der in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgten Menschen erinnern. Vor Ort gab es Hinweise auf die Familie Scheuer, die Öle und Fette vertrieben hatte und nach Auschwitz deportiert worden war.
Am „Brunnenputzer“, dem einstigen Gasthaus „Maier Naumann“ im Zentrum der früheren jüdischen Gemeinde in Külsheim, verwies Bauch auf die Bedeutung der „Mesusa“, der Schriftkapsel am Türpfosten. Eine 1920 dort erfolgte Einritzung ist immer noch zu sehen.
Wie Bauch erzählte, habe das Leben von Juden und Nicht-Juden in Külsheim sich lange in geordneten Verhältnissen und in gegenseitiger Abhängigkeit abgespielt. Doch es habe im Land lange keine Gleichberechtigung für Juden gegeben.
Bau erzählte unterwegs von Begegnungen mit Leuten jüdischen Glaubens. Ein Mann, der 50 Jahre in New York gelebt hatte, habe dennoch weiter reines „Külsemerisch“ gesprochen. Viele Juden hätten heute ein besonderes Verhältnis zu Deutschland. Einer habe ihm geschrieben, er wolle „riechen, was der Großvater gerochen hat“.
Die Gruppe ging weiter zur vormaligen „Judenschulgasse“, dem jetzigen unteren Teil der Bergstraße. Die „Judenschul“ war die Synagoge. In dem zweistöckigen Gebäude hatten die Männer ihren festen Platz, die Frauen standen oben in der Galerie. 1852 waren von zirka 2000 Einwohnern in Külsheim 224 Juden.
Die nächste Station war das jüdische Bad, das der rituellen Reinigung der Frauen und Männer gedient hatte. Untertauchen im Wasser gehörte dazu, in Külsheim hatte und hat das Wasser fünf bis sechs Grad Celsius. Bauch zitierte die überlieferte Anmerkung des späteren Besitzers des Gebäudes: „Des jüdische Glump hab’ ich alles zamme ghabe, bedeutet zusammengehauen“. Weiter berichtete er über Aspekte jüdischen Lebens.
Der Rundgang führte zum Haus „Rösser“ in der Hauptstraße, wo Bauch über das Laubhüttenfest sprach. Man ging einige Schritte zu der steinernen Tafel, die am Alten Rathaus an den Krieg 1870/71 erinnert. Juden konnten/durften erstmals als Soldaten mitkämpfen, sie demonstrierten, „wir gehören zu Deutschland“.
Die abschließende Station des Rundgangs war der umzäunte jüdische Friedhof. Bauch machte klar, es habe genaue Vorschriften gegeben, wer wie zu beerdigen sei. Dass der jüdische Friedhof, auch Verbandsfriedhof, weit draußen außerhalb der Stadtmauer liege, könne als einstige kleine Schikane gesehen werden.
Das älteste Grab auf dem Friedhof datiert aus dem Jahre 1646. Der Külsheimer jüdische Friedhof wird heute von der Gemeinde gepflegt. Finanziert wird das vom Oberrat der Israeliten mit Sitz in Karlsruhe.
Bauch zeigte an Beispielen, woran gut zu erkennen sei, wer einst begraben wurde. Er las eine der Beschriftungen vor: „Seine Seele möge verbunden sein mit dem Bunde der Lebenden.“ Man dürfe auf dem jüdischen Friedhof nichts verändern, ergänzte Bauch. Es folgte reichlich Applaus. hpw
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