„Obere Mühle” in Külsheim - Landesentwicklungsministerium Nicole Razavi macht sich in Külsheim ein Bild von einem ganz besonderen Projekt – und ist begeistert

In Külsheim: „Wohnen im Denkmal hat Konjunktur”

Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, weilte am Freitag mit Regierungspräsident Wolfgang Reimer in Külsheim wegen der „Oberen Mühle“. Adrian Groß und Miriam Lüer sanieren dieses Kulturdenkmal derzeit.

Von 
Hans-Peter Wagner
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Im Dachstuhl der „Obere Mühle“ (von links) die Bauherren Adrian Groß und Miriam Lüer, Regierungspräsident Wolfgang Reimer, Nicole Razavi (baden-württembergische Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen), Zimmermeister Thomas Adelmann (zuständig für diese Arbeiten vor Ort). © Hans-Peter Wagner

Külsheim. Die Ministerin war in dieser Woche auf einer viertägigen Denkmalreise in allen Landesteilen unterwegs. Külsheims Bürgermeister Thomas Schreglmann erläuterte, das Objekt habe einen langen Dornröschenschlaf hinter sich. Mit Miriam Lüer und Adrian Groß seien nun Leute gefunden, welche die Sanierung angingen.

Die „Obere Mühle“ ist eine ehemalige Mahlmühle, eine von fünf am Amorsbach angesiedelten Mühlen und die letzte noch im Originalzustand belassene. Das erste Geschoss, welches den Großteil des Mahlwerks beherbergt, ist massiv gemauert und deutet auf einen Vorgängerbau aus dem 16. Jahrhundert hin. Darauf aufgesetzt befinden sich die beiden Obergeschosse wie auch der Dachstuhl, die als Fachwerkkonstruktion ausgebildet sind und aus dem 18. Jahrhundert stammen. Die Nutzung des Gebäudes ist mühlentypisch nach den Abläufen des Mahlvorangs gegliedert.

An mehreren Stellen kommt es zu einer Überschneidung zwischen Wohnen und ehemaligem Mühlbe-trieb. Im Sanierungskonzept ist das Nebeneinanderbestehen beider Bereiche ein wichtiger Ansatz. Durch die bisherigen Funde und Informationen des Vorbesitzers lässt sich auf vier große Umbau- und Sanierungsphasen schließen.

Im Hauptgebäude befindet sich gemeinsam mit der Mahlmühle eine 180 Quadratmeter große Wohneinheit. Mühle und Wohnen sind eng miteinander verflochten, viele Originalelemente befinden sich in einem sehr gepflegten Zustand.

Die Mühlentechnik besteht aus 35 unterschiedlichen Elementen, die zum Großteil aus den 1930er und aus den 1940er Jahren stammen und überwiegend funktionstüchtig sind. Unter den Schutz als Kulturdenkmal fallen das Haupthaus inklusive sämtlicher Mühleneinbauten, die Scheune und die Mosterei.

Die Bauherren sehen bezüglich der künftigen Nutzung vor, das gesamte Mühlenanwesen in seinem Charakter nicht zu verändern. Angestrebt werde eine Nutzung im Sinne der Erbauung, die enge Verknüpfung von Mühle und Wohnen solle beibehalten werden. Das bedeute auch, dass die Mühlentechnik an Ort und Stelle bleibe. Man will die derzeitigen Wohneinheiten wieder zusammenführen und durch Umbau- und Sanierungsmaßnahmen ein zeitgemäßes Wohnen generieren. Raumnutzung und Gestaltung sollen der Gebäudehistorie entsprechend gestaltet sein.

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Nachhaltige Baumaterialien

Besonderer Wert werde auf die Verwendung nachhaltiger Baumaterialen wie Lehm, Kalk und Holz, so Lüer und Groß, der Bezug dieser Materialen solle mit möglichst geringen Transportwegen erfolgen. Die Kombination aus Bestandsschutz, energetischer Aufwertung und klimafreundlicher Sanierung zeichne das Gesamtprojekt aus.

Die Mühle könne sich, meinen die Bauherren, im Laufe der Jahre wieder zu einem öffentlichen Anlaufpunkt entwickeln. Durch Instandsetzung der Mühlentechnik solle die Öffnung des ehemaligen Mahlbetriebs für Museums- und Vorführzwecke ermöglicht werden, die Verbindung von Schaumühle und Mühlencafé könne zu einem touristischen Wanderziel werden. Man denke auch daran, die Scheune zu einem kleinen Veranstaltungsraum umzufunktionieren oder den Stalldachstuhl zu einem Ferienappartement umzubauen. Ziel sei, sämtlichen freien Raum nutzbar zu machen, zugleich die barocke Anlage zu einem nachhaltigen und zukunftsweisenden Ensemble zu entwickeln.

Die geplante Nutzung des Anwesens, unterstreichen Groß und Lüer, entspreche vorrangig der Einhal-tung der Gebäudecharakteristik und geh dadurch mit den Grundvorstellungen des Denkmalschutzes einher. Die nun geplante Sanierung solle das Wesen der Mühle mitprägen und nicht restaurieren, sondern neugenerieren. So präsentiere sich die Mühle straßenseitig in ihrem Originalzustand und lockere sich rückseitig ihrem neuen Anspruch als offenes Haus.

Vom Landesamt für Denkmalpflege war zu hören, die Bauherren hätten offene Türen eingerannt und bereits unheimlich viel gemacht. Mühlen seien eine spezielle Denkmalgattung, eventuell werde es ein entsprechendes Netzwerk für diese Region geben können. Die Ministerin betonte, dieses Projekt sei ein mustergültiges Beispiel zu zeigen, worum es gehe bei „Denkmal sucht Freund“. Wohnraum zu schaffen sei die Frage der Zeit, „wir wollen Hilfestellung geben innerhalb einer guten Zusammenarbeit“.

Miriam Lüer und Adrian Groß machten eine profunde Führung über alle Stockwerke hinweg, mit einer Fülle spannender Einzelheiten, die in ihrer Gesamtheit einen schönen Überblick gaben hinsichtlich des zugrundeliegenden Konzeptes und dessen gewissenhafter Umsetzung. Sie seien wohl etwas blauäugig in das Projekt reingegangen, jedoch gelte, „wir bereuen es bis heute keine Minute“. Beide bekundeten, sie hätten es ohne die Landesdenkmalpflege und vielen Fachleuten um sich nicht durchführen können.

Nicole Razavi und alle anderen Besucher der „Oberen Mühle“ in Külsheim waren eine gute Stunde lang aufmerksame Hinschauer und Zuhörer. Die Ministerin äußerte zusammenfassend, „Wohnen und Denkmalschutz sind kein Widerspruch, im Gegenteil: Wohnen im Denkmal hat Konjunktur und ist gelebte Nachhaltigkeit“. Sie lobte abschließend die Begeisterung, mit der die Bauherren zu Werke gehen, und zeigte sich beeindruckt vom großen Engagement der Eigentümer hinsichtlich des Erhalts des Kulturdenkmals.

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