Gedenken

Eiersheimer sind den mit Kampfjet 1975 abgestürzten Soldaten heute noch dankbar

Das NATO-Manöver 1975 endete in Eiersheim tragisch: Ein Phantom-Absturz forderte fünf Menschenleben.

Von 
Von Christian Orth
Lesedauer: 
Trümmerteile des oberhalb bei Eiersheim während der militärischen Großübung „Reforger“ 1975 abgestürzten Phantom-Kampfflugzeugs. © FN-Archiv

Eiersheim. Vor 50 Jahren fand vom 14. bis 23. Oktober in Nordbaden und Unterfranken die Großübung „Reforger 1975 Certain Trek“ mit 57.000 Soldaten der Bundeswehr, der US-Army, aus Kanada und Frankreich statt. Dabei lag die hiesige Region zentral im Übungsgebiet. Am 17. Oktober kam es während des Manövers zum so genannten „Schwarzen Freitag“ mit fünf Toten, als ein Phantom-Kampfflugzeug einen Überlandmast rammte und bei Eiersheim auf dem Boden zerschellte, drei Panzer bei Werbach in der Tauber versanken, ein Panzer bei Bernsfelden in den Steinbruch stürzte und bei Hardheim drei Tanklastzüge zusammenprallten.

Oberhalb der Ortschaft im Gewann „Heistenberg“ zerschellt

Bei Eiersheim stürzte die Phantom der US Air Force durch einen technischen Defekt ab. 500 Meter oberhalb des Dorfs zerschellte die Maschine im Gewann „Heistenberg“.

Das Kampfflugzeug vom siebten taktischen Jagdgeschwader war 40 Minuten zuvor auf der Air Base Bitburg in Rheinland-Pfalz gestartet. Das Geschwader, das eigentlich auf dem Flugplatz Holloman in New Mexiko stationiert war, wurde extra zur Unterstützung der „Reforger“-Übung Anfang Oktober 1975 nach Deutschland verlegt.

An Bord der Maschine befanden sich der 26 Jahre alte Pilot Captain Donnie Lee Maynard und der 25 Jahre alte Kampfbeobachter First Lieutenant John Wayne Roberts. Beide überlebten den Absturz ihrer Maschine nicht.

Der damalige Landrat des Main-Tauber-Kreises, Bruno Rühl, rief am 17. Oktober gegen 13.30 kurzzeitig den Katastrophenalarm für den Landkreis aus. Daraufhin wurde die Einsatzzentrale im Landratsamt besetzt und DRK, DLRG sowie die Feuerwehren Wertheim und Külsheim alarmiert. Nach kurzer Zeit waren die Einsatzkräfte an den verschiedenen Unglücksstellen.

Kurzzeitig herrschte ABC-Alarm an der Absturzstelle

Für kurze Zeit wurde für die Absturzelle des Flugzeugs bei Eiersheim ABC-Alarm ausgelöst. Denn es war unklar, ob die Maschine nukleares Material an Bord hatte. Zum Glück bestätigte sich diese Befürchtung nicht. Es befanden sich keine Giftstoffe in der Maschine.

An der Tauber bei Werbach gab es zu dieser Zeit einen Wettlauf gegen die Zeit. Von einem US-Panzer (Typ M113) ragten nur noch die Antennen aus dem Wasser. Als Übungslage war die Brücke bei Werbach als „gesprengt“ gekennzeichnet und durfte somit nicht von den Militärfahrzeugen befahren worden. Deshalb fuhr die Besatzung des Panzers neben der Brücke in die Tauber. Unglücklicherweise wurde der Fluss unterschätzt: Er war tiefer, als die Soldaten angenommen hatten.

Es waren grausame Bilder, die die vielen Augenzeugen an der Tauber mit ansehen mussten, als nur noch Luftblasen aus dem Fahrzeug aufstiegen. Zwei Soldaten der US-Armee ertranken in ihrem Panzer.

Aus der Tauber zwischen Werbach und Hochhausen wurde einer der versunkenen Panzer geborgen. © FN-Archiv

Neben den vier bei Eiersheim und Werbach gestorbenen Soldaten wurde ein weiterer Angehöriger der US-Armee bei Bernsfelden getötet, als er mit seinem M60-Kampfpanzer in einen Steinbruch stürzte.

Um 14.15 Uhr wurde der Katastrophenalarm wieder aufgehoben, weil man trotz der vielen einzelnen Unfälle deren Ausmaß jetzt überschauen konnte.

Im ganzen Kreis musste man sehr große Manöverschäden verzeichnen. So wurden die Straßen in den Weindörfern Beckstein und Marbach durch den an den Rad- und Kettenfahrzeugen haftenden Schlamm in Mitleidenschaft gezogen. Obwohl die Straßenmeisterei und Truppen der US-Armee zur Reinigung unterwegs waren, wurden die Straßen gleich wieder durch Kolonnenbewegungen verunreinigt.

In Unterschüpf überrollten US Kampfpanzer eine Fichtenschonung, amerikanische Panzer zogen tiefe Furchen in den neu angelegten Fußballplatz des VFB Reicholzheim. Der Schaden am Sportplatz war enorm und somit waren viele Arbeitsstunden der freiwilligen Helfer umsonst.

In Wertheim befanden sich für einige Tage kanadische Streitkräfte in der Stadt. Wo Soldaten im Manövergebiet auftauchten, waren viele Neugierige und vor allem Kinder ihre Begleiter. Besonders die Verpflegungsrationen der US-Soldaten waren beliebt. In Kartons gab es dort Dosen mit so mancher Leckerei wie Erdnussbutter, Schokolade, Getränkepulver oder Kaugummis.

In großen Feldlagern wurde der übenden Truppe alle mögliche Unterstützung geboten. Ein solches befand sich neben der Festhalle in Königshofen. Dieses wurde von einer US-Einheit betrieben. Es bot den Soldaten die Möglichkeit zum Duschen, Schlafen und auch zur medizinischen Versorgung. Reparaturen an Fahrzeugen und der Ausrüstung erfolgten ebenfalls im Feldlager.

Abgestürztes Flugzeug gehörte zur amerikanischen Armee

Auf Eiersheimer Gemarkung steht im Gewann „Heistenberg“ seit 1995 ein Gedenkstein für die beiden getöteten Soldaten des Herbstmanövers 1975. Damals war eine Gedenktafel angebracht worden, auf der fälschlicherweise von einem abgestürzten kanadischen Kampfjet geschrieben wurde. Basis für diese Annahme war die Tatsache, dass zuerst kanadische Soldaten an der Unglücksstelle waren und diese dann auch weiträumig absperrten.

Der Hobby-Militärforscher Christian Orth, Vertreter der Air Force Ramstein und der IG-Heimatforschung Rheinland-Pfalz konnten jedoch ermitteln, dass es sich um eine amerikanische Maschine vom Typ Phantom gehandelt hatte.

Der Heimatverein Eiersheim nutzt nun die neuen Erkenntnisse, um zum 50. Jahrestag des Unglücks eine neue Tafel am Gedenkstein anzubringen. Darauf wird Folgendes zu lesen sein: Gegen das Vergessen – 17. Oktober 1975 – Absturz eines amerikanischen Phantom-Kampfflugzeugs beim NATO-Großmanöver – Zwei Piloten verloren hier ihr Leben – Capt. Donnie Lee Maynard 26 Jahre – 1st. Lt John Wayne Roberts 25 Jahre – Heimatverein Eiersheim

Die Bürgerinnen und Bürgers sind bis heute sehr dankbar dafür, dass die Maschine damals nicht in das Dorf geflogen und dort abgestürzt ist. Dieser Umstand ist dem jungen Piloten Maynard zu verdanken, der trotz des Defekts am Flugzeug und der Möglichkeit, sich selbst mit dem Schleudersitz aus der Maschine zu retten, im Flugzeit blieb und dieses über die Ortschaft lenkte.

Im Rahmen der Recherchen konnte Maynards Frau in den USA ausfindig gemacht werden. Zur Gedenkveranstaltung am 17. Oktober um 15 Uhr im Gewann „Heistenberg“ oberhalb von Eiersheim wird sie, ihr Sohn und dessen Kinder aus Amerika anreisen. Somit versammelt sich erstmals Maynards Familie an der Gedenkstätte.

Bei der Feier zur Erinnerung an die beiden während des Nato-Großmanövers „Reforger“ 1975 verunglückten Soldaten sind Ansprachen von Diakon Wolfgang Krug und Külsheims Bürgermeister Thomas Schreglmann vorgesehen. Für die musikalische Umrahmung sorgen der Männergesangverein und Musikverein Eiersheim. Im Anschluss trifft man sich im Gemeindezentrum zu Gesprächen bei Kaffee, Kuchen und Herzhaftem. Alle Interessierten können teilnehmen.

Der Gedenkgottesdienst am Sonntag, 19. Oktober, in der Pfarrkirche Eiersheim beginnt um 9 Uhr. Dieser wird vom örtlichen Kirchenchor musikalisch mitgestaltet.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten