Röttbach. Das Interesse an der Gründungsversammlung der Bürgerinitiative (BI) für einen geeigneten Umspannwerk-Standort war riesig. Rund 400 Interessierte aus der Region kamen am Montagabend dazu in die Turnhalle Röttbach. Die Initiatoren der BI betonten, man sei nicht generell gegen das Umspannwerk. Der Standort bei Röttbach sei wegen seiner großen negativen Auswirkungen auf Menschen, Natur und Landschaft aber komplett ungeeignet.
Kreuzwertheims Bürgermeister Klaus Thoma über den Sachstand und die Vorstellung des Projekts durch das Unternehmen Tennet im Gemeinderat. Mit Blick auf die Bürger meinte er: „Sie sind alle für sichere Stromversorgung, aber an einem geeigneteren Standort.“ Thoma berichtete von Gesprächen zwischen Gemeinde und BI-Initiatoren. Auch Landkreis und Regierung von Unterfranken beziehe man in die Thematik ein.
Bürgermeister spricht sich für Prüfkatalog aus
Der Bürgermeister selbst positionierte sich klar gegen den Standort bei Röttbach. Er schlug einen Prüfkatalog für alle möglichen Standorte vor. Dabei sollten möglichst große Abstände zu sensiblen Bereichen wie Wohnbebauung, geringe Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt sowie geringe Eingriffe in Natur und Landschaft entscheidend und erst danach technische Anbindung und Kostenvergleich ausschlaggebend sein. Nachdenklich mache ihn, dass der Grunderwerb für das Umspannwerk laut Tennet bereits im zweiten Quartal 2026 abgeschlossen sein soll. Er betonte, als Bürgermeister habe er zwar eine Neutralitätspflicht. Aber für ihn gelte auch eine Schutzpflicht für die Bürger, wenn es um deren Gesundheit, Lebensqualität und die Umwelt gehe. Um sich als Bürgermeister klar positionieren und dauerhaft wirksam handeln zu können, benötige er den Grundsatzbeschluss des Gemeinderats.
Die BI-Initiatoren machten deutlich, dass sie vom Gemeinderat eine klare Ablehnung des Standorts bei Röttbach erwarten. Thoma betonte, die rechtlichen Möglichkeiten der Gemeinde bei der Standortfestlegung seien sehr begrenzt. „Sämtliche Maßnahmen zielen darauf ab, den Faktor Zeit zu nutzen.“ Verzögerung kosteten Tennet Zeit und Geld und machten die Umsetzung des geplanten Standortes unattraktiv. BI-Initiator Ludwig Michel betonte: „Tennet muss ordentlich Gegenwind spüren.“ Man setze auf ein gemeinsames Handeln für „unsere Heimat, Dörfer und eine lebenswerte Zukunft“. Das Umspannwerk würde auch die Menschen der umliegenden Ortschaften betreffen. Thoma rief die Einwohner der gesamten Region auf, sich an der BI zu beteiligen.
BI-Mitinitiator Jürgen Drescher betonte, er wolle, dass auch seine Enkel weiter gut in Röttbach und Umgebung leben können. Es fehlten Studien zur Langzeitwirkung von solch einer Anlage auf Kinder. Sie wäre aber nur wenige 100 Meter von Einrichtungen entfernt, die viele Kinder nutzen. Neben dem Umspannwerk könnten auf dem Gelände auch Batteriespeicher und Konverter errichtet werden. Drescher betonte die große Wärmeabgabe der Speichersysteme sowie die große Lärmbelastung durch die Anlagen. Zudem verwies er auf die riesigen Zuleitungen in Dorfnähe. Solche Umspannwerke seien gefährdete Infrastruktur für Angriffe. Damit seien auch die Dörfer gefährdet, ergänzte er.
Otto Topole, Diplom-Physiker und Baubiologe IBM, betonte, elektrische Felder der Anlage ließen sich gut abschirmen, nicht aber die magnetischen Felder, die bei den stärken Strömen entstehen. Hier helfe Abstand. Die grundsätzliche Problematik bei den gesetzlichen Grenzwerten sei, dass diese als Auswirkung nur die Erwärmung von menschlichen Gewebe berücksichtigen. Es gebe viele Studien, die auch weitere negative Auswirkungen von Feldern bestimmter Frequenzen auf den Körper aufzeigen. Die gesetzlichen Grenzwerte seien aus Sicht der Biologie und Medizin viel zu hoch angesetzt. Die Feldsituation durch elektrische Anlagen sei kauf-, miet- und wohnentscheidend. Ernst Werner vom Kernhof zeigte den hohen Wert der Kulturlandschaft für die Tierwelt, wie etwa Greifvögel auf. Diese würde durch die Anlage zerstört.
Transparenz für alle ist zentrales Ziel
Michel stellte die Ziele der BI vor. Zentral sei, für alle Transparenz zu schaffen. Informationen sollen verständlich verfügbar sein. Es gelte: „Mitreden, statt zuschauen.“ Jede Stimme zähle und jede Meinung und Aktion helfe weiter. Man müsse gemeinsam und mit starker Stimme gegenüber Netzbetreibern auftreten. Dazu setzte man unter anderem auf öffentlichen Druck und das Sammeln von Unterstützerunterschriften. Perspektivisch prüfe man die Gründung eines Vereins. Der BI-Vertreter appellierte an die Grundstückseigentümer, ihre Flächen im Gebiet nicht an Tennet zu verkaufen: „Das Projekt ist ein Raubbau an diesem schönen Gebiet.“ Mit Blick auf den Zeitplan von Tennet machte er deutlich, dass Menschen vor Ort müssen. Bislang hätten über 350 Personen Interesse an einer Mitwirkung in der BI erklärt. Es gebe auch schon Zusagen für einen Führungskreis. Wer sich engagieren möchte, könne sich bei ihm unter Telefon 0151/16564041, melden oder unter www.roettbach-umspannwerk.de informieren.
Einwohner von Röttbach und der Umgebung äußerten ihre Meinung zum geplanten Umspannwerk. Eine Frau betonte, ihre Tochter reite auf dem Kernhof, der direkt vom Umspannwerk betroffen wäre. Sie kenne die negativen Auswirkungen von Hochspannungsleitungen auf Pferde. Weiter kam die Frage auf, wie lange eine möglicherweise nötige Enteignung der Grundstückseigentümer das Verfahren in die Länge ziehen würde. Nach Aussage Michels, wäre eine Enteignung schwierig, wenn sich alle Besitzer geschlossen gegen einen Verkauf aussprächen. Eine Frau berichtete von einem Kindheitserlebnis vor 80 Jahren, als sie das Brummen der Hochspannungsleitung gehört und das Vibrieren des Bodens gespürt habe. Man müsse auch an die Bodenlebewesen denken, die durch die Vibration zerstört werden. Ein Röttbacher sprach sich gegen den geplanten Standort bei der Ortschaft aus, meinte aber auch: „Wir sollten nicht immer so viel Angst machen.“ Ein Gast aus Baden-Württemberg empfahl, die Bürgerinitiative zu gründen und sich mit anderen Initiativen zu vernetzen. Angesichts seiner Erfahrung mit Tennet meinte er, die Unternehmen kämen nur scheibchenweise Monat für Monat mit der Wahrheit heraus. Weiter verwies er auf die riesigen Zuwegungen für solche Projekte, für die auch sehr große Mengen Schotter angeliefert werden müssen.
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