Klaus Welz leistete im Jahr 1984 bei der Bundeswehr in Tauberbischofsheim seinen Grundwehrdienst ab. Als Soldat wurde er als Helfer nach der Fronleichnamsflut in Königheim eingesetzt. Durch die Berichterstattung über den 40. Jahrestag meldete er sich bei den FN und ging auf Spurensuche.
Königheim/Gaildorf. Die Ereignisse im Juni nach dem verheerenden Hochwasser in Königheim haben Klaus Welz zeitlebens nicht losgelassen. „Es war das Schlimmste, was ich in meinem Leben gesehen habe“, erinnert sich der mittlerweile 61-Jährige aus Ottendorf, einem Teilort von Gaildorf. Ein Bild hat sich in seinem Gedächtnis besonders eingebrannt: „Als wir ins Ort kamen, stand ein Landwirt auf einer der vielen, damals stark beschädigten Brücken und heulte wie ein Schlosshund, weil all sein Vieh in den Fluten umgekommen und sein Anwesen durch die braune Brühe stark in Mitleidenschaft gezogen war.“
Doch wie wurde der gelernte Bäcker eigentlich zum Helfer in Königheim? „Ich war damals während meines Wehrdienst in Tauberbischofsheim stationiert, und da der Katastrophenfall ausgerufen wurde, wurden wir zum Aufräumen und Schäden beseitigen nach Königheim abkommandiert“, so Welz. Statt marschieren oder Waffen reinigen stand Hilfe leisten auf dem Dienstplan.
Aufräumen statt marschieren
Ganz überraschend kam das für Klaus Welz nicht: „Als ich am Donnerstag zum langen Wochenende nach Hause gefahren bin, war der Himmel rappenschwarz und ich dachte mir, wo das runterkommt, wird’s übel.“ Und er sollte recht behalten. Abends kam seine Mutter zu ihm in die Küche und meinte: „Du solltest dir mal die Nachrichten anschauen, bei Tauberbischofsheim hat es eine große Überschwemmung gegeben.“ Und so machte sich der damals 21-Jährige mit einem etwas mulmigen Gefühl am Montag auf den Weg in die Kaserne auf.
Und tatsächlich erhielten er und seine Kameraden den Marschbefehl, die Aufräumarbeiten in Königheim zu unterstützen. Seine Kollegen und er wurden als Einsatzkommando abkommandiert. Mit einem 40-Tonnen-Lkw, der mit einem Kran ausgestattet war, machten sie sich auf den Weg in die Brehmbachtalgemeinde und sahen ein Bild der Verwüstung. „Wir wurden vor allem zur Säuberung des Brehmbachs eingesetzt“, erläutert Welz im Gespräch mit den FN. „Das war keine einfache und schöne Arbeit. Denn es galt nicht nur Äste und anderes Treibgut aus dem mittlerweile wieder friedlich dahin fließenden Gewässer zu entfernen. Vor allem mussten sie etliche tote Schweine und Ferkel aus dem Wasser bergen. „Viele waren aufgequollen und verströmten einen üblen Geruch.“ Weiter wurden die Soldaten zum Aufräumen von Kellern oder auch mal zum Mauern einer kleinen Wand eingesetzt.
Besonders positiv sei damals auch die Zusammenarbeit mit den Königheimern gewesen, betont Klaus Welz. Vor allem an eine Person habe er immer wieder denken müssen: „Wir waren mit allen per Du, aber nur von einem wussten wir den vollen Namen, und das war Alfred Werrlein.“ Beim ersten gemeinsamen Einsatz habe er nur lapidar gesagt: „Hallo, ich bin der Alfred.“
Das fand Klaus Welz schlichtweg gut. Immer wieder habe er sich gefragt, was aus ihm geworden sei. Er habe einige Male bei den Einsätzen mit ihm zusammengearbeitet und dabei erfahren, dass auch dessen Wohnung von der braunen Brühe heimgesucht worden war und er damals überlegt habe, wegzuziehen, anderswo ein Haus zu bauen.
Bei seinen jetzigen Nachforschungen zum 40. Jahrestag musste er jedoch feststellen, dass Alfred Werrlein bereits seit einigen Jahren verstorben ist. Deshalb war es ihm ein wichtiges Anliegen, an dessen Grab eine Schale mit Blumen niederzulegen.
Die FN organisierten zudem ein Treffen mit Alfred Werrleins Sohn Uwe, der natürlich daran interessiert war, welche Verbindung sein Vater zu Klaus Welz hatte und wie sie sich kennengelernt hatten. Uwe Werrlein war damals 15 Jahre alt. An Klaus Welz konnte er sich nicht erinnern. „Wir wohnten 1984 in der Kapellenstraße und auch bei uns stand die Brühe in der Wohnung. Unsere Nachbarin hat es damals etwas schlimmer getroffen. Ihre Scheune wurde stark beschädigt“, erinnert sich Uwe Werrlein. „Man hat damals halt geholfen, wo Not am Mann war, das war selbstverständlich.“
Ein Bier mit Folgen
Eine kleine Anekdote zum Schmunzeln hat Klaus Welz abschließend noch im Köcher: „Als wir am Montag nach einer Woche Hilfsdienst am Montag zum morgendlichen Appell antraten, wurde uns verboten wieder zum Einsatz nach Königheim zu fahren, wir erhielten sozusagen Stubenarrest.“ Was war passiert? Die Soldaten hatten für ihren vorbildlichen Einsatz ein Bier spendiert bekommen und auch getrunken. Sie freuten sich über die nette Geste. Sie dachten sich nichts dabei. Alkohol während des Dienstes ist aber bei der Bundeswehr strengstens verboten und die Aufräumarbeiten waren Dienstzeit.
Irgendwer hatte dies gemeldet, woraufhin es eine kleine Bestrafung geben sollte. Doch dazu kam es nicht. „Die Leute vor Ort haben natürlich auf uns gewartet und den damaligen Landrat informiert.“
Georg Denzer wollte dies nicht einfach so hinnehmen und hat interveniert. Er habe klar gemacht, dass die Aufräumarbeiten ohne die Soldaten und ihr schweres Gerät nicht weitergehen würden.
Sein Eingreifen hatte schließlich Erfolg. Klaus Welz und seine Kameraden durften weiter Hilfe leisten.
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