Europäischer Austausch im Taubertal

Internationale Leader-Delegation beeindruckt von EU-Förderprojekten

Expertinnen und -Experten machten sich vor Ort ein Bild, wie EU-Programme den ländlichen Raum in Igersheim und Markelsheim nachhaltig stärken.

Von 
Bernd Hellstern
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An die 60 Leader-Expertinnen und Experten waren in Igersheim und Markelsheim, um sich vor Ort zu informieren und die von LEADER unterstützten Projekte persönlich in Augenschein zu nehmen. © Bernd Hellstern

Igersheim. Dieser Tage weilte eine internationale Delegation von Leader-Expertinnen und -Experten aus Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien, der Schweiz, Luxemburg und der Region im Main-Tauber-Kreis. Vorgestellt wurden dabei erfolgreiche Projekte aus den beiden Förderprogrammen „Leader und Regionalbudget für Kleinprojekte“ in der Gemeinde Igersheim und im Stadtteil Markelsheim der Großen Kreisstadt Bad Mergentheim. Als Veranstalter fungierte die Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume, vertreten durch Isabella Mahler, Stefan Kämper und Dirk Thieles.

Die Wichtigkeit des Themas unterstrich die Anwesenheit von hochrangigen Regierungsvertretern und -vertreterinnen wie beispielsweise Helga Kopf vom Baden-Württembergischen Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Anton Feil vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus, Frank Bartelt vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat sowie Francoise Bonert vom Luxemburgischen Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Weinbau.

Leader-Programm zur Stärkung des ländlichen Raums

Das Leader-Förderprogramm ist eine Initiative der Europäischen Union mit dem Ziel, den ländlichen Raum zu stärken und weiterzuentwickeln. Es bietet nicht nur finanzielle Unterstützung für innovative Projekte, sondern auch zur Förderung der regionalen Wirtschaft und zur nachhaltigen Gestaltung der Umwelt. Seit März 2015 setzt der Leader-Verein „Regionalentwicklung Hohenlohe-Tauber“ (Leitung Thomas Schultes) erfolgreich das europäische Programm um. Das Leader-Regionalmanagement Hohenlohe-Tauber mit Sitz in Mulfingen-Buchenbach koordiniert und steuert dabei den gesamten Prozess im Aktionsgebiet. Der Betrieb des Regionalmanagements wird finanziert aus Mitteln der Europäischen Union im Rahmen des ELER (Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) und mit Mitteln der drei Landkreise Hohenlohe, Schwäbisch Hall und Main-Tauber sowie der Kommunen im Aktionsgebiet.

Der DerrHof in Igersheim-Honsbronn

Erste Station der Delegation war der „DerrHof“ in Igersheim-Honsbronn, wo mit der von Ruth Langer und Jascha Derr gegründeten und betriebenen Bauernhofbrauerei landwirtschaftliche Tradition neu belebt wird. Der DerrHof ist seit dem 18. Jahrhundert in Familienbesitz und erinnert im Weiler Holzbronn als einer von zwei Höfen an das landwirtschaftliche Erbe der Region. Heute gibt es auf dem DerrHof eine Bauernhofbrauerei, deren Motto „vom Feld in die Flasche“ lautet. Die für das Bier möglichst lokal und ökologisch angebauten Rohstoffe werden auf dem Hof handwerklich verarbeitet. Inhalte des Leader-Projekts waren unter anderem die Umnutzung des alten Kuhstalls mit allen dafür benötigten baulichen Maßnahmen wie Innenausbau der Brauerei-Ausstattung (gemäß den baulichen und hygienischen Anforderungen der Lebensmittelhygieneverordnung) mit Brauanlage, Gärbehältern, Lagertanks und vielem mehr.

Der Bürgerweinberg in Igersheim

Nach einer kurzen Fahrt erreichte man den Igersheimer Bürgerweinberg im Gewann Unterer Leitenweg oberhalb des Neuseser Baches. Der Verein „IgersWein“ ist ein generationenübergreifendes Gemeinschaftsprojekt mit dem Ziel, den Weinbau in der Gemeinde nachhaltig zu entwickeln. Der im Jahre 2017 entstandene Weinberg verbindet dabei Tradition, Gemeinschaftssinn und Regionalentwicklung auf geradezu ideale Weise. Mit rund 2.000 Rebstöcken der Weißweinsorten Muscaris und Sauvitage, den Rotweinsorten Regent und Cabernet Cantor, werden seit 2019 mit ökologischem Weinbau gute Erträge erzielt. Der Wein findet Abnehmer bei den Mitgliedern des Vereins, der Gemeinde Igersheim und bei Kunden im Bürgerlädle. Ermöglicht wurde der Bürgerweinberg letztendlich durch einen Zuschuss aus dem Förderprogramm der Europäischen Union, das in den deutschen Regionen von der „Deutschen Vernetzungsstelle Ländliche Räume“ umgesetzt wird. Zuschüsse gingen in die Anlegung des Weinbergs, den Bau einer Schutzhütte mit Terrasse – überwiegend aus Holz – sowie in den massiven Lagerraum mit Komposttoilette, welcher gleichzeitig als Fundament für die Hütte dient (beides Regionalbudget). Der Weinanbau in Igersheim wurde übrigens erstmals im Jahre 1315 urkundlich erwähnt. Ab dem Jahre 1880 zählte Igersheim zu den zehn Gemeinden im Taubertal, die Tauberwein anbauten. Bedingt durch Pilzbefall und strenge Nachtfröste wurde der Weinbau im Jahre 1912 offiziell aufgegeben. Mehrere Versuche in den 30er Jahren, in Igersheim wieder Wein anzubauen, scheiterten.

Die Taubermühle Kuhn in Markelsheim

Schließlich machte die internationale Leader-Reisegruppe Station bei der Taubermühle Kuhn in Markelsheim, wo Andreas und Karl Kuhn in einer Führung den Betrieb vorstellten. Das Unternehmen, das sich seit 1852 im Besitz der Familie Kuhn befindet, konzentriert sich vornehmlich darauf, Getreide aus der Region zu mahlen und selbst zu vermarkten – auch im angeschlossenen Mühlenladen. Außerdem bietet die Taubermühle Kuhn Back- und Ernährungsseminare an. Leadergefördert wurden dort unter anderem eine verbesserte Präsentation und Vermarktung regionaler Getreideerzeugnisse, wie die Anschaffung eines Info-Monitors/Bildschirms für Produktpräsentationen. Das Förderprogramm beinhaltete auch die Erneuerung einer Verkaufs- und Kassentheke, die Anschaffung je eines Backofens elektrisch und mit Holzfeuerung plus Zubehör sowie ein Backofen für die geplanten Schulungsveranstaltungen.

Am Ende eines langen, aber auch sehr informativen Tages war sich die ca. 60 Personen umfassende internationale LEADER-Delegation einig: „Die in der Region des mittleren Taubertals vom Leader-Regionalbudget bezuschussten Projekte, den ländlichen Raum zu stärken und weiterzuentwickeln, sind in Igersheim und Markelsheim auf einen im wahrsten Sinne fruchtbaren Boden gefallen.“

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