Der gastronomischen Landkarte im Main-Tauber Kreis wird ein weiterer weißer Fleck hinzugefügt: Das traditionsreiche Gasthaus „Zum goldenen Kreuz“ in Bernsfelden schließt seine Pforten.
Bernsfelden. Helga und Wolfgang Mark waren und sind Wirtsleute aus Leidenschaft. Knapp vier Jahrzehnte, seit 1980, haben sie das Lokal in dem Igersheimer Ortsteil erfolgreich geführt – im Übrigen bereits in dritter Generation. Da es jetzt aber keinen Nachfolger mehr gibt, „haben wir uns beide dazu entschlossen, das Gasthaus zu schließen“, sagen sie. Letztmals ist am Sonntag, 25. Februar, geöffnet. Das dazugehörige Gästehaus mit 20 Betten soll weiter betrieben werden.
Der Name „Goldenes Kreuz“ komme daher, dass das Anwesen früher ein Gerichtsgebäude des Deutschen Ritterordens gewesen sei, klärt Wolfgang Mark auf. Seit genau 200 Jahren diene es jedoch bereits als Lokal, seit 113 Jahren in Besitz der Familie Mark. „Die Großeltern Valentin und Margarethe haben das Gebäude 1905 erworben und ein Gasthaus eröffnet. Nach 42 Jahren haben es 1947 Alfons und Carla Mark übernommen und bis 1980 geführt, ehe meine Frau und ich hinter der Theke und in der Küche standen“, blickt der gelernte Metzgermeister zurück. Jetzt sei aber die Zeit gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen, „was von vielen bedauert wird“. Doch schließlich wolle man auch noch ein bisschen das Leben und vor allen Dingen die bald zwei Enkelkinder genießen.
„Kutteln und saure Nieren waren in all den Jahren ein echter Renner“, schmunzelt das Ehepaar, doch auch der Zwiebelrostbraten sei „äußerst beliebt“ gewesen. Nicht zu vergessen all die anderen Gerichte, darunter verschiedene Schnitzel-Variationen, in der „gut bürgerlichen Küche“, die bei Gästen aus nah und fern großen Anklang gefunden habe. „Wir haben das wirklich sehr gerne getan“, betonen Helga und Wolfgang Mark, auch wenn für viele Außenstehende kaum nachvollziehbar sei, wie viel Engagement und Arbeit dahinterstecke, solch ein Lokal mit Erfolg zu betreiben.
Mit ein Grund sei, dass „wir beide so gut harmonieren und uns nicht in die Quere kommen“, lachen die zwei im Gespräch mit der Redaktion: Helgas Reich ist die Küche, ihr Mann Wolfgang zeichnet für all das verantwortlich, was sich außerhalb davon abspielt. „Zudem haben wir uns immer auf unsere Familie und unsere Verwandten verlassen können, die uns stets unterstützt haben.“ Und all das sei auch deshalb so reibungslos zu bewältigen, „weil wir ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn haben“.
Großes Stück Tradition
Mit der endgültigen Schließung des Gasthauses geht zweifellos ein großes Stück Tradition verloren. Denn neben der Tatsache, dass die Gäste im „goldenen Kreuz“ in kulinarischer Hinsicht bestens versorgt wurden, verliert Bernsfelden einen wichtigen Kommunikationstreffpunkt. Zu den Höhepunkten in all den Jahren gehörten unter anderem die legendären Kappenabende an Fasching, die regelmäßigen Stammtische sowie bis vor wenigen Jahren die beliebten Hoffeste, die die Gäste in Scharen anlockten.
„Leider wird dem Gastgewerbe, wie vielen anderen Berufszweigen auch, heutzutage nicht mehr jene Anerkennung entgegengebracht, die man verdient hat“, lässt Wolfgang Mark mit etwas Wehmut wissen. Es werde manches schlecht geredet, was zur Folge habe, dass nur noch wenige Zeitgenossen bereit seien, hier Fuß zu fassen. Er sei überzeugt, dass über kurz oder lang vor allem im ländlichen Raum noch mehr Lokale deswegen schließen müssen. Aber: „Wenn sich jemand dafür interessiert, unser Gasthaus in Bernsfelden fortzuführen, kann er sich gerne an uns wenden.“
Erst einmal Urlaub
Wehmut ist die eine Seite der Medaille, Vorfreude die andere – nämlich auf mehr Lebensqualität. „Jetzt können wir Dinge tun, auf die wir lange verzichten mussten“, hebt das Ehepaar hervor: Reisen, Blumen, Gymnastik, Schafkopfen. Und jetzt geht es zunächst einmal in den Urlaub, „was in der ganzen Zeit doch zu kurz gekommen ist“. Er freue sich darauf, sonntags auch wieder mal auf den Sportplatz gehen zu können, ohne sich einem Druck ausgesetzt zu sein, wieder hinter der Theke stehen zu müssen. Auch auf die Gefahr hin, dass „ich am Anfang vielleicht mit fragenden Blicken konfrontiert werde: du hier?“, lacht Wolfgang Mark.
Auch wenn es viele bedauern mögen: Helga und Wolfgang Mark haben mit ihrem Schritt Konsequenz an den Tag gelegt. Und das sollte allerseits respektiert werden.
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