Bundeswehr

Nato-Mission: Das erwartet die Hardheimer Soldaten in Litauen

Unterkunft, Dienst, Freizeit, Verpflegung – auf was sich die Angehörigen des Hardheimer Panzerbataillons 363 während ihrer Nato-Mission einstellen müssen.

Von 
Michael Fürst
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Bereit zum Abmarsch: Oberstleutnant Andreas Kirchner rückt mit Teilen des Panzerbataillons 363 aus der Hardheimer Carl-Schurz-Kaserne ab, um mit den Soldaten im Rahmen der Nato-Mission für etwa ein halbes Jahr in Litauen stationiert zu sein. © Fürst

Hardheim. Als die Fränkischen Nachrichten Oberstleutnant Andreas Kirchner im Februar zu einem ausführlichen Gespräch in seinem Dienstzimmer der Carl-Schurz-Kaserne trafen, waren die Inhalte des Interviews eher großpolitischer Art. Der Kommandeur des Panzerbataillons 363 in Hardheim sprach damals über den vor Ort stationierten Panzer „Leopard 2“, über den Stellenwert der Bundeswehr, über die Wehrpflicht und über die Ausbildung seiner Einheit für die Nato-Mission in Litauen.

Diese steht nun unmittelbar bevor, erste Soldaten werden in den kommenden Tagen in das baltische Land verlegen, bis Mitte August werden alle Abkommandierten in der Kaserne in dem Städtchen Rukla (knapp 2500 Einwohner) die Kaserne bezogen haben. Bis Februar 2024 ist der Einsatz anberaumt. Der Auftrag ist es, die Nato-Ostflanke hin zur Russischen Föderation und nach Belarus zu schützen. Es wird also ernst.

Doch was erwartet die Hardheimer Soldaten dort in Litauen? Die Gesprächsinhalte waren bei diesem zweiten Gespräch im Juli deutlich pragmatischer, weil sie einen Eindruck darüber vermitteln sollen, was die Soldaten des Panzerbataillons 363 bei ihrem Einsatz erwartet.

Wie genau läuft die Verlegung der Soldaten aus der Carl-Schurz-Kaserne nach Litauen?

Insgesamt sind etwa 300 Soldaten des Panzerbataillons 363 an dieser Nato-Mission „enhanced Forward Presence“ (eFP) beteiligt. „Die Verlegung der Hardheimer Soldaten beginnt in den nächsten Tagen und ist in sechs Wellen gestaffelt“, erklärt Andreas Kirchner, der vor Ort der Kommandeur des gesamten Einsatzes, also auch über weitere internationale Truppenteile, sein wird. Er selbst wird am 4. August nach Litauen fliegen. Am 9. August erfolgt die Kommandoübergabe; am 11. August wird dann der letzte Soldat aus dem Standort Hardheim nach Litauen verlegt sein.

Wann und wie wird das Material, hier vor allem die 16 Leopard-Panzer, verlegt?

„Sämtliches Gerät wird über Land nach Litauen transportiert“, erklärt Oberstleutnant Kirchner. Es wird alles, auch die Panzer, per Zug verlegt. „Das ist das Billigste und auch das Umweltschonendste“, fügt er an. Die Panzer werden in Tauberbischofsheim auf den Zug verladen und kommen dann über eine weitere Zwischenstation in die Nähe von Rukla.

Wo und wie sind die Soldaten untergebracht?

In Rukla steht eine litauische Kaserne, in der die Hardheimer Soldaten zusammen mit litauischen Streitkräften untergebracht sind. Dort gibt es, ähnlich wie in Hardheim, Gebäude, in denen die Soldaten schlafen und „wohnen“; es gibt zwei Truppenküchengebäude, einen Appellplatz und einen Sanitätsbereich, in dem alles bis zu einer Operation durchgeführt werden könnte. „Die gesamt Battlegroup, bestehend aus Soldaten von sechs Nationen (neben Deutschland sind das Niederlande, Belgien, Norwegen, Tschechische Republik und Luxemburg), ist dort untergebracht“, erläutert Andreas Kirchner. Insgesamt sind das etwa 1500 Soldaten.

Wie sieht ein normaler Tagesablauf für die Hardheimer Soldaten aus?

„Der ist sehr vergleichbar mit dem Tagesablauf in Deutschland“, so Kommandeur Kirchner. Der Stab wird viele Besprechungen abhalten und dabei Projekte und Übungen koordinieren. Die Kompanien und Züge werden einen klassischen Dienstplan haben, in dem für die Woche alles geregelt ist. Hier wird in allen Variationen geübt, auch Gefechtsschießen. „Im Herbst ist der Ausbildungshöhepunkt mit der ,Iron-Wolf-Übung’ angesetzt. Dort erhalten wir unsere Zertifizierung durch die Nato.“

Welche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung gibt es?

Es wird versucht, den Samstag frei zu halten. Hier soll es den Soldaten ermöglicht werden, das Land zu erkunden und Leute kennenzulernen. Es werden gezielt Ausflüge ins Land angeboten. „Das ist eine Besonderheit und auch deshalb nicht mit einem Afghanistan-Einsatz vergleichbar“, sagt Kirchner. Doch auch intern bestehen Möglichkeiten des Zeitvertreibs. Es gibt beispielsweise ein Fitnessstudio und ein Freizeitbüro.

Deutsch oder Litauisch – wie wird gekocht, wie ist die Verpflegung?

Beides. Es gibt deutsche Feldküchensoldaten – die werden aber mehr bei den Übungen benötigt. Dazu gibt es eine Küche, die von der litauischen Armee betrieben wird. Dort gibt es dann auch landestypisches Essen.

Wie halten die Soldaten den Kontakt in die Heimat zu ihren Familien?

„Es gibt alle Möglichkeiten, die man auch aus Deutschland kennt. Aber es gibt Einschränkungen, die etwas mit militärischer Sicherheit zu tun haben“, erklärt Oberstleutnant Andreas Kirchner. Es sei zum Beispiel ein offenes Geheimnis, dass das zivile litauische Telefonnetz von russischen Aufklärungskräften überwacht werde. Deshalb seien, so Kirchner, alle Soldaten bereits belehrt, dass sie sehr sensibel mit persönlichen und militärischen Daten umgehen sollen. WhatsApp ist für die dienstliche Kommunikation gänzlich verboten, weil es zu wenig Datenschutz gewährleistet, kann aber privat „mit Vorsicht“ genutzt werden.

Gibt es auch in der Carl-Schurz-Kaserne Aktionen für Familienangehörige der sich im Einsatz befindenden Soldaten?

Ja. Es gab bereits einen Familientag. In Hardheim werde eine Familienbetreuungsstelle mit vier Mann betrieben, so Kirchner. Von ihnen werden auch kleinere Ausflüge für Angehörige organisiert, die Termine dafür stehen schon fest.

Wie lief denn die Auswahl der etwa 300 Soldaten ab?

„Es war das primäre Kriterium, dass die richtig ausgebildeten Soldaten auch auf die richtigen Dienstposten kommen“, sagt Kirchner. Im Vorfeld wurde geschaut, welche Elemente in der Nato-Battlegroup benötigt werden und dann dementsprechend zu diesem Bedarf Kompanien aufgebaut. Dazu musste man schauen: Was passiert auf der Dienststelle, auf der ein abkommandierter Soldat bisher saß? Als weitere Variable kam hinzu, dass Soldaten in besonderen Härtefällen (meist im privaten Umfeld), dann doch nicht in den Einsatz gehen können. „Es gab diese Fälle“, sagt Kirchner auf FN-Nachfrage. „Ersatz-Soldaten“ gibt es indes nicht. Sollte ein Kamerad in Litauen ausfallen, würde konkret aufgrund der Anforderungen nach einer Nachfolge gesucht.

Wie sieht die Arbeit von Battlegroup-Kommandeur Oberstleutnant Andreas Kirchner aus?

„Ich habe auch aufgrund des engen Kontakts mit Vorgängern ein klares Bild von meinen Aufgaben dort“, sagt Kirchner. Sein erster Auftrag ist die Führung der Battlegroup vor Ort. Dazu übernimmt er Repräsentationsaufgaben zum litauischen Militär und zur litauischen Bevölkerung. Kirchner hat Geschichte studiert. Sie ist weiter sein Hobby, weshalb er sich pro-aktiv auch noch einmal mit der Geschichte des Landes beschäftigt hat. „Das ist für mich selbstverständlich. Denn nur wenn man die Geschichte dieser Region versteht, fällt es einem leichter, die Ereignisse der Gegenwart einzuordnen“, erklärt er.

Wie ist die Gefühlslage beim Kommandeur und in der Truppe?

„Die Anspannung bei mir und den Soldaten steigt. Es ist aber auch bei vielen nun so langsam eine gewisse Vorfreude zu spüren – auch weil wir gut vorbereitet sind.“

Wo hängt das Hardheim-Schild, das ihm beim Verabschiedungsappell am 28. Juni von Bürgermeister Stefan Grimm und das des Neckar-Odenwald-Kreises, das Kirchner von Landrat Dr. Achim Brötel überreicht worden sind?

„Die Schilder werden so hängen, dass sie immer gesehen werden. Wo genau, das werden wir noch festlegen“, sagt Kirchner.

Ressortleitung Reporterchef und Leiter der Sportredaktion

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