Große Jugendkammer des Landgerichts

Hardheim/Walldürn: Drogendeal läuft aus dem Ruder

Die Große Jugendkammer des Landgerichts Mosbach hat am Donnerstag zwei 20-jährige Männer aus Walldürn wegen Drogendelikten sowie wegen versuchter räuberischer Erpressung zu Jugendstrafen von mehr als zwei Jahren verurteilt.

Von 
Martin Bernhard
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Die Große Jugendkammer Mosbach verurteilte zwei junge Männer am Donnerstag wegen Drogendelikten und räuberischer Erpressung zu Jugendstrafen von mehr als zwei Jahren. © Martin Bernhard

Hardheim/Walldürn/Mosbach. Als am Ende der rund vierstündigen Verhandlung die Plädoyers vorgetragen waren, zeigten sich die beiden Angeklagten einsichtig. „Ich bereue, was ich getan habe“, sagt der 20-jährige Gabriel S, der zur Tatzeit 19 Jahre alt war. „Ich habe im Gefängnis viel nachgedacht. Ich werde alle Auflagen einhalten. “ Ähnlich äußerte sich der mitangeklagte 20-jährige Valentin S. Er stellte in Aussicht, nach einer Therapie möglichst bald eine Ausbildung absolvieren zu wollen. Der Staatsanwalt hatte für Gabriel S. eine Jugendstrafe von drei Jahren und für Valentin S. eine Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren gefordert. Die Anwälte hatten bewährungsfähige Jugendstrafen beantragt.

Das Gericht blieb mit zwei Jahren und zehn Monaten für Valentin S. und zwei Jahren und acht Monaten für Gabriel S. unter dem Strafmaß der Staatsanwaltschaft. Das lag daran, dass beide Angeklagten nicht vorbestraft waren. Außerdem war Valentin S. voll geständig, Gabriel S. in Teilen.

Gute Prognose für Therapie

Beiden wurde von Katrin Thor, Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, eine gute Prognose für eine Drogentherapie gegeben. Außerdem hätten sich die Männer einsichtig gezeigt. Thor und Dr. Matthias Michel, medizinischer Sachverständiger, bescheinigten den beiden eine Reifeverzögerung. Deshalb wandte das Gericht Jugendstrafrecht an.

Die beiden Anwälte trugen zu Beginn des Prozesses den Sachverhalt aus Sicht ihrer Mandanten vor. Anke Stiefel-Bechtold, Verteidigerin von Gabriel S., bestätigte, dass ihr Mandant Valentin S. schon seit langem kenne. Er habe jedoch nicht mit diesem gemeinsam Drogen verkauft, sondern diesen nur ab und zu mit dem Auto gefahren. Außerdem hätten sie bei der gleichen Quelle Drogen eingekauft und sich gelegentlich gegenseitig ausgeholfen. Nur ein Mal habe ihr Mandant ein Geschäft mit dem gemeinsamen Kunden K. abgewickelt und diesem 30 Gramm Marihuana verkauft. Das Geld dafür sei K. ihm schuldig geblieben.

Am 3. März hätten Valentin S. 500 Euro und Gabriel S. 270 Euro bei K. eintreiben wollen. Gabriel S. habe das Auto nicht verlassen. Er habe beobachtet, dass Valentin S. nach K. mit der Faust geschlagen habe, ohne diesen zu treffen. Das Kokain, das später die Polizei bei einer Hausdurchsuchung in Gabriel S. Zimmer gefunden habe, habe er für den Eigenbedarf angeschafft und nicht zum Verkaufen. „Mein Mandant hat nie mit Kokain gehandelt“, betonte die Anwältin.

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Maren Greß
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„Mein Mandant räumt die ihm zur Last gelegten Taten ein“, teilte Rüdiger Betz, Verteidiger von Valentin S., mit. Er betonte, dass sein Mandant das von ihm mitgeführte Klappmesser nicht habe einsetzen wollen. Dass er bei einem weiteren Treffen beim Pfadfinderheim in Buchen seinen Kunden K. geschlagen habe, um von ihm Geld zu erpressen, treffe ebenfalls zu.

Die beiden Angeklagten waren am 26. April auf dem Hardheimer Schlossplatz festgenommen worden. Denn gegen ihren Kunden, den Dealer K., wurde inzwischen wegen des Verkaufs von Rauschgiftmitteln an Minderjährige ermittelt. Um einer Untersuchungshaft zu entgehen, nannte K. seine Lieferanten, darunter die beiden Angeklagten. Er verabredete sich mit den jungen Männern zur angeblichen Geldübergabe auf dem Hardheimer Schlossplatz. Dort erwartete diese statt K. die Polizei.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung ging es im Wesentlichen darum, ob und in welchem Umfang Gabriel S. mit Drogen gehandelt habe. Nach Aussage einer Polizistin habe man bei einer Hausdurchsuchung unter anderem rund neun Gramm Kokain, Bargeld unter einer Matratze, Verpackungsmaterial für Kokain, eine Art Auflistung möglicher Drogengeschäfte sowie Haschisch und Marihuana gefunden. Eine Protokollführerin am Amtsgericht erinnerte sich „ganz sicher“ daran, dass Gabriel S. zugegeben habe, auch mit Kokain gehandelt zu haben. Später weigerte Gabriel S. sich, das Protokoll zu unterschreiben.

Dr. Matthias Michel bescheinigte beiden Angeklagten keinen „ausgeprägten Kontrollverlust“ wegen ihrer Drogensucht. Gabriel S. befinde sich allerdings auf dem Weg dorthin, Valentin S. sei wegen seines häufigeren Cannabis-Konsums auf diesem Weg schon weiter fortgeschritten. „Ich gehe bei ihm von einer Cannabis-Abhängigkeit aus“, sagte Michel. Beide Angeklagten seien schuldfähig.

Staatsanwalt Sebastian Ibing sah es bei Gabriel S. als erwiesen an, dass dieser mit Kokain gehandelt habe, um sich Geld zu verschaffen. Denn dieser verfüge über kein Einkommen. Außerdem ging Ibing davon aus, dass Gabriel S. als Fahrer von Valentin S. über die Hintergründe der Treffen informiert war. Dass er bei den Treffen „ein Messer in der Hose“ gehabt habe, deute auf Gewaltbereitschaft hin. Der Staatsanwalt forderte eine Jugendstrafe von drei Jahren.

Erheblicher Erziehungsbedarf

Bei Valentin S. sah Ibing einen „erheblichen Erziehungsbedarf“, denn dieser habe Geld für Betäubungsmittel mit Gewalt eintreiben wollen. Deshalb forderte er eine Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren.

Anke Stiefel-Bechtold sah den Straftatbestand der Beihilfe zur räuberischen Erpressung bei Gabriel S. nicht als gegeben an. Außerdem gab sie zu bedenken, dass derzeit in der Gesellschaft über die Legalisierung von Cannabis diskutiert werde. Einen Handel mit Kokain könne ihrem Mandanten nicht nachgewiesen werden. Sie forderte deshalb eine Jugendstrafe auf Bewährung.

Rüdiger Betz, Anwalt von Valentin S., wies auf positive Arbeitszeugnisse und Beurteilungen seines Mandanten hin. Bei der Körperverletzung habe es sich um „kriminelle Energie im unteren Level“ gehandelt. Er forderte eine Jugendstrafe auf Bewährung mit einer Therapie als Auflage.

Richter Michael Haas sieht es als erwiesen an, dass Gabriel S. auch mit Kokain gehandelt habe. Eine entsprechende Aussage des Drogenkunden K. sei durch das Auffinden einer Kundenliste und Verpackungsmaterial für Kokain bestätigt worden. Die Angeklagten können im Rahmen einer Therapie ihre Haftzeit verkürzen. Darüber muss der Strafvollzug entscheiden. Das Urteil für Valentin S. ist rechtskräftig. Gabriel S. kann Revision beantragen.

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