Hardheim. Seit 120 Jahren gibt es das Rote Kreuz in Hardheim als Verein und Organisation einer weltweiten Idee. 1903 von 29 Männern unter der Leitung von Dr. med. Franz Rapp gegründet, wirkte der Verein während der beiden Weltkriege und der weltweiten Wirtschaftskrise in den 1920er Jahren weiter. Seine Tätigkeit wurde nur von 1945 bis 1950 auf Weisung der amerikanischen Besatzungsbehörden unterbrochen. Damit gehört das DRK Hardheim zu den wenigen Rotkreuz-Vereinen im Landkreis mit einem durchgängigen Bestehen.
Bereits zehn Jahre nach der Gründung hatte die freiwillige Sanitätskolonne 59 aktive Mitglieder, die durch die gute Ausbildung unter Dr. Rapp und den Kolonnenführern Johannes Kinz und Josef Jung sich einen guten Ruf verschaffte. Große Übungen fanden landesweite Beachtung und führte hohe Repräsentanten als Übungsgäste nach Hardheim.
Einen weiteren Aufschwung erlebte die Sanitätskolonne in den 1930er Jahren, galt das DRK zwar als eine an die bestehende politische Lage „angepasste“ Vereinigung, war aber für die braunen Machthaber unverzichtbar für ein weltweites Ansehen in der Rotkreuz-Familie.
Während des Zweiten Weltkriegs waren aktive Helferinnen und Helfer tätig in der Ausbildung der Bevölkerung des Erftalraumes in der Ersten Hilfe und im Luftschutz. Aber auch auf dem Bahnhof in Eubigheim wirkten diese bei der Betreuung und Versorgung von Transporten evakuierter Familien aus den Großstädten und von durchreisenden Soldaten.
Dabei galt es Getränke und warme Verpflegung auszugeben und für Kinder und Säuglinge entsprechende Nahrung und die Möglichkeit der Körperpflege zu schaffen. Aber auch in Polen, in Russland und in der Tschechoslowakei waren DRK-Helferinnen aus Hardheim in Lazaretten, Soldaten- und Kinderheimen im Einsatz.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die humanitäre Arbeit des Vereins einen rasanten Aufstieg. 1958 erfolgte die erste Blutspende in der Erftalgemeinde, der mittlerweile weitere 121 Aktionen gefolgt sind und über 27 000 freiwillige Spender haben in Hardheim „ihr Blut gelassen“. Seit 1971 führt der rührige Ortsverein Altpapier und Altkleidersammlungen durch. Während die Kleidersammlungen immer noch bestehen, wurde der Wertstoff Altpapier wegen der Einführung der „Blauen Tonne“ in 2008 ganz auf den Wertstoffhof auf dem Vereinsgelände verlagert, aber auch um die Abgaben von Altholz und Altmetall erweitert.
Aber auch die typische Rotkreuz-Arbeit wurde erfolgreich und durchgehend erfüllt. So nahmen die aktiven Helferinnen und Helfer stets an örtlichen und überörtlichen Ausbildungsveranstaltungen teil, ließen sich zu Fachleuten in der Verpflegung, Unterbringung, sozialen Betreuung und Wasseraufbereitung ausbilden. Daher auch der Ruf der Rotkeuzler aus Hardheim zu Einsätzen nach Erdbeben in Montenegro, in Italien und in Armenien oder zur Flüchtlingshilfe in Südostasien.
Leistungsabzeichen erworben
Beim Erwerb von Leistungsabzeichen stellten die Hardheimer Sanitäter und Sanitäterinnen ihr Können unter Beweis. Alleine 30 Goldene und 96 Silberne Leistungsabzeichen des DRK-Landesverbandes für Bereitschaften, 23 Leistungsabzeichen in Silber und 58 in Bronze des Bayerischen Roten Kreuzes wurden errungen sowie zehn Mal die Sieger auf Kreisebene gestellt und sieben Mal am Landesfinale teilgenommen.
In 1985 wurde Hardheim sogar Vizelandessieger der Bereitschaften. Das Jugendrotkreuz stellte fünf Mal den Kreissieger, wurde in 2011 sogar Landessieger und nahm am Bundesentscheid teil.
In der näheren Heimat erfolgten Einsätze nach dem Hochwasser in Königheim in 1994, bei der Unterbringung und Versorgung von DDR-Übersiedlern in 1989 und der Flüchtlingshilfe in 2015. Und über 15 Jahre organisierte der DRK-Ortsverein neunzehn Hilfsgütertransporte und brachte 60 Tonnen Bekleidung, 37 Tonnen Hygieneartikel und Waschmittel, 1,5 Tonnen Infusionen, 57 Tonnen Lebensmittel, 7,6 Tonnen Medikamente, vier Tonnen Milchpulver, vier Röntgengeräte, 38 Tonnen (das sind 48 Millionen) Multivitaminkapseln und vieles mehr in die durch die Havarie des Kernkraftwerkes von Tschernobyl betroffene Region von Gomel in Weißrussland.
Bei elf Aktionen kamen 534 Kinder aus Weißrussland und in zehn Ferienlagern 391 Kinder aus (dem seinerzeit geteilten) Berlin zur Erholung in die Region. Organisiert und betreut durch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Ortsvereins.
Großes Spektrum
Abgerundet wird das Spektrum des Hardheimer Roten Kreuzes durch das DRK-Gesundheitsprogramm. So wurde in 1975 bereits eine der ersten Seniorengymnastikgruppen im Kreis gegründet, der weitere Gruppen in Erfeld und Schweinberg folgten. In 1986 kam die Wassergymnastikgruppe dazu, die allerdings wegen der Schließung des Hardheimer Hallenbades ihre Übungsstunden nach Höpfingen und Külsheim verlegen musste. Jüngstes „Kind“ ist der offene Kontakttreff für alleinstehende und alte Menschen, die sich zwei Mal monatlich im Vereinsheim bei Kaffee und Kuchen treffen.
Eigenes Vereinsheim
Ganz „nebenbei“ schufen sich die aktiven Mitglieder des Roten Kreuzes in 2001 ein eigenes Vereinsheim an der Querspange, erweiterte dies durch den Wertstoffhof in 2005 und eine weitere Fahrzeughalle in 2017.
Dass die Rotkreuzler auch zu feiern verstehen, zeigte sich bei denFesten zum 70, 80 und 90- jährigen Bestehen des Vereins mit Festzelt und Festumzug. Unvergessen dürften noch die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen am neuen Vereinsheim in Erinnerung sein, als eine Gruppe junger Weißrussen von der Artistenschule Kostjukowka an drei Tagen ihr Können im stets voll besetzten Festzelt zeigten.
Bedingt durch die Einschränkungen der Covid-19-Krise mussten manche Feierlichkeiten und Jubiläen ausfallen, erinnert Vorsitzender Tim Stolzenberger.
„Wir hätten in dieser Zeit gerne das 20-jährige Bestehen unseres Vereinsheims, 50 Jahre Altkleidersammlungen, 15 Jahre Wertstoffhof, 45 Jahre Altengymnastik und 50 Jahre Freundschaft mit dem DRK-Ortsverein Sasbach in Südbaden gefeiert“.
Mit einem „Hoffest“ am Sonntag, 4. Juni will man nun das 120-jährige Bestehen des DRK Hardheim feiern. Das Fest beginnt auf dem Vereinsgelände um 10 Uhr mit dem Frühschoppen; ab 11.30 Uhr gibt es Mittagessen aus der Feldküche und vom Grill, Kaffee und Kuchen. Für die Kinder sind eine Spielstraße und eine Hüpfburg aufgebaut.
Abgerundet wird das Fest mit einem Gesundheits- und Präventionsprogramm und es werden Angebote des DRK-Kreisverbandes wie Fahrdienst, Ausbildung, Hausnotruf, Essen auf Rädern und weitere Hilfen vorgestellt.
Das DRK-Hardheim kann sich mit seinen 120 Jahren durchaus in den Kreis der „alten Vereine“ in Hardheim gesellen, stellt sich aber dennoch heute noch frisch und munter dar. Allerdings fehlt, wie vielen anderen Vereinen auch, „frisches Blut“ in Form von Neumitgliedern. Die Arbeit an sich ist vielseitig, interessant und vor allem „lebenswichtig“. Es sind die stillen Helden, die bei Alarm sofort zum Einsatz eilen, aber es sind auch die rührigen Hände, ohne die die segensreiche Arbeit im Sinne des Rotkreuz-Gründers Henry Dunant nicht geleistet werden könnte. Vieles hat sich geändert; geblieben aber ist der uneigennützige Samariterdienst für den Nächsten. hs
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/hardheim_artikel,-hardheim-dienst-am-und-fuer-die-menschen-_arid,2089717.html