Ortsdurchfahrt, Erfapark, Edeka, Einschränkungen bei der Wasserentnahme, defizitäres Krankenhaus. Es gibt genügend Themen, die in Hardheim gerade bewegen. Mit welchem möchten sie beginnen, Herr Grimm?
Stefan Grimm: Gehen wir die Themen einfach in dieser Reihenfolge an.
Ortsdurchfahrt: Das Regierungspräsidium hat eine Sanierung für 2027 vorgesehen. Kann die Gemeinde Hardheim bis dahin ihre Arbeiten am Kanal- und Wassernetz abgeschlossen haben?
Grimm: Auf jeden Fall, denn wir haben da vorgearbeitet. Wir sind dabei, die Kanäle im gesamten Gemeindegebiet zu befahren. Die Bilder der B 27 sind bereits gemacht und werden gerade ausgewertet. Wenn wir die Ergebnisse haben, wissen wir, wo wir etwas tun müssen. Da die Straße zum Teil im Vollausbau, sprich bis hinein in den Untergrund, gemacht werden soll, wäre es sträflich, wenn wir nicht alles in Ordnung brächten, was darunter liegt. Für die Wasserleitungen gilt das Gleiche: Marode Abschnitte müssen und werden gemacht werden. All das wird eine lange Straßensperrung nach sich ziehen. Trotzdem müssen die Arbeiten mit Augenmaß verrichtet werden, weil wir die Gebühren für die Bürger auch nicht ins Exorbitante steigen lassen wollen.
Die Arbeiten ziehen eine Menge Kosten für die Gemeinde nach sich. Ist Hardheim überhaupt finanziell so gesattelt, um sich die Reparaturen leisten zu können?
Grimm: Natürlich wünschen wir uns keine größeren Sanierungsmaßnahmen. Wenn die allerdings anstünden, müssten wir sie erledigen. Aber klar ist, dass wir auch andere Projekte, wie zum Beispiel das neue Feuerwehrhaus, vorantreiben und angehen wollen. Diese sollen durch eventuelle Kanalarbeiten auch nicht leiden. Ob wir das alles wie gedacht parallel hinbekommen, hängt von den finanziellen Größenordnungen und der konjunkturellen Entwicklung ab. Wir haben noch Liquiditätsreserven, aber wir müssen ganz genau darüber nachdenken, wo wir die jetzt einsetzen. Mit Blick auf die zu sanierende Infrastruktur in den kommenden Jahren betone ich auch an dieser Stelle noch einmal die Wichtigkeit der Windräder, die wir im „Honert“ planen. Davon erhoffen wir uns zusätzliche Einnahmen.
Dann schieben wir dieses Thema dazwischen: Wie ist der aktuelle Stand der geplanten Windräder im „Honert“?
Grimm: Im „Honert“ laufen gerade Untersuchungen wegen des Schwarzstorchs, der dort lebt. Nach der 30-tägigen Beobachtung wird geschaut, inwieweit Windräder den Lebensraum dieses Storchs beeinflussen könnten. Die Irritationen mit der Stadt Külsheim zwecks der Abstände sind geklärt.
Zurück zur Ortsdurchfahrt: Kann es sein, dass aufgrund der Kanalsanierungen andere Projekte in ihrer Priorität nach hinten rücken müssen?
Grimm: Wir wollen das nicht. Mitentscheidend hierbei ist, wie sich die Konjunktur entwickelt. Bei künftigen Projekten haben wir eine klare Vorschau, was wann angegangen werden soll. Aber es kommen immer wieder Dinge dazu, die man nicht absehen kann, zum Beispiel die Sanierungen der Gymnasien in Tauberbischofsheim und Buchen. Beide Kommunen können nun Geld von uns einfordern, weil Schüler von Hardheim dorthin gehen.
Von welcher Summe sprechen wir da?
Grimm: Da gibt es noch keinen festgezurrten Betrag. Klar ist: Es geht nicht mehr, große Summen für etwas auszugeben, das einfach nur schön wäre, es zu haben. Wir müssen zunächst die ganz wichtigen Projekte priorisieren.
Zum Abschluss der Thematik Ortsdurchfahrt: Was hielten Sie eigentlich von der „Schild-Aktion“ des Oliver Pöschko?
Grimm: Da bin ich etwas zwiegespalten. Einerseits war es gut, dass dadurch den zuständigen Stellen noch einmal die Brisanz der Sanierung vor Augen geführt wurde, andererseits war die Aktion sehr interessant. Ich muss aber noch einmal betonen, dass das Ordnungsamt Bedenken hatte, den Bus an dieser Stelle länger stehen zu lassen. Wir hätten bald einschreiten müssen. Sein privates Problem ist erst einmal gelöst, aber das der anderen Bürger nicht. Wir im Rathaus müssen immer an alle denken.
Zum Erfapark: In der Gemeinderatssitzung sagten Sie, dass Sie über die Kündigungen der Mieter durch „Schoofs“ nicht informiert waren. Wie ist der aktuelle Stand ein paar Tage später?
Grimm: Ich habe mit Herrn Younis gesprochen. Er und der vorläufige Insolvenzverwalter sehen in der kommenden Heizperiode ein Problem. Es sei kein Geld für Wartung und Heizung da. Rechtlich ist das meiner Meinung nach kein driftiger Kündigungsgrund. Aber es zeigt, dass es für die Mieter immer ungemütlicher wird – egal was die Rechtslage sagt.
Wie geht es mit der Gesamtthematik, also dem Projekt „Erfapark 2.0“ weiter?
Grimm: Ich führe viele Gespräche mit der finanzierenden Bank und dem einen oder anderen Investor. Alle haben Bedenken bezüglich der Bausubstanz des Bestandsgebäudes. Und es geht um Brandschutz. Es ist unter den gegebenen Voraussetzungen offensichtlich schwierig, eine wirtschaftlich sinnvolle Nachnutzung zu finden.
Haben Sie eine Erklärung dafür, warum dort über zehn Millionen Euro bereits investiert worden sind und man jetzt feststellt, die Bausubstanz sei zu schlecht?
Grimm: Nein. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, müsste man über diese Kehrtwende schmunzeln. Unser Bauamtsleiter Daniel Emmenecker hatte einige Begehungen wegen des Brandschutzes, unter anderem mit dem Kreisbandmeister und der Baurechtsbehörde. Die Einhaltung der Brandschutzauflagen hätte durchaus große Hürden mit sich gebracht – aber machbar. Umso unverständlicher ist es für mich, dass das nun der Hemmschuh sein soll.
Konkret gefragt: Ist das Projekt „Erfapark 2.0“ nun endgültig gescheitert?
Grimm: So sagen es bisher alle Investoren, die seit der Insolvenz von „Schoofs“ Interesse gezeigt haben. Das Areal sei spannend, heißt es von dort, Potenzial in Hardheim sei vorhanden – aber nicht im bestehenden Gebäude. Wenn nun aber ein Investor sagen würde: Halt, stopp, das geht im Bestandsgebäude auch, dann gäbe es wieder Hoffnung. Aber die aktuellen Interessenten sehen das nicht so.
Von wie vielen Investoren sprechen Sie konkret?
Grimm: Es sind zwei potenzielle Investoren mit zwei unterschiedlichen Konzepten.
Kommen diese Interessenten aus der Umgebung?
Grimm: Nein, die sind von weiter weg.
Heißt das: Der Erfapark wird eher „platt gemacht“ und dann ganz neu gedacht?
Grimm: Das ist die Meinung der Investoren. Für uns Hardheimer ist das allerdings eine sehr gewöhnungsbedürftige Vorstellung. Auf den Erfapark waren alle stolz. Wenn man aber ganz neutral draufschaut, stellt man fest, dass es nach der anfänglichen Blütezeit stetig bergab ging. Vielleicht ist das Gebäude wirklich nicht mehr zeitgemäß, weil Architektur, energetische Sanierung und Wirtschaftlichkeit nicht mehr einhergehen.
Wie verhält sich „Rossmann“? Die Drogeriekette wollte im Erfapark eine Filiale eröffnen?
Grimm: Das Interesse für eine Filiale am Standort Hardheim ist weiter vorhanden. Da geht es nicht nur um den Erfapark.
Wie sehen überhaupt Ihre Mitgestaltungsmöglichkeiten als Kommune am Erfapark aus?
Grimm: Ich kann Herrn Younis nicht reinreden, an wen er welche Flächen verkauft, aber jeder Interessent weiß, dass die Flächen laut Bebauungsplan nur für bestimmte Zwecke entwickelt wurden. So ist beispielsweise beim „Eirich-Areal“ ein Discounter mit einer Größe von 1.200 Quadratmetern, beim Erfpark-Areal ein Vollsortimenter mit deutlich größerer Verkaufsfläche vorgesehen. Solche Fakten kann man nicht einfach vom Tisch wischen und etwas ganz anderes machen.
Elegant haben sie zum nächsten Thema übergeleitet: „Eirich-Areal“. Wenn Edeka dort wirklich bauen will: Muss dann die Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium das Einzelhandelskonzept völlig neu denken?
Grimm: Genau. Das ist kein Selbstläufer. Im Moment ist ein Discounter mit 1.200 Quadratmetern Verkaufsfläche auf dem „Eirich-Areal“ genehmigt.
Und das, obwohl der Aldi immer noch an seinem alten Standort ist? Der Edeka käme doch „on top“.
Grimm: Wenn dort ein Vollsortimenter zwischen 1600 und 1800 Quadratmetern gebaut werden sollte, wäre das ohne Weiteres nicht genehmigungsfähig. Das Ganze stünde dann in Wechselwirkung mit den Erfapark-Verkaufsflächen. Würden die dort nicht mehr gebraucht, könnte man einiges umswitchen. Doch das hängt von der weiteren Entwicklung von „Schoofs“ ab.
Fühlen Sie sich da als Bürgermeister nicht irgendwie als Pingpong-Ball, weil sie nicht aktiv in diese Entwicklung eingreifen können?
Grimm (lacht): Ich würde mich lieber als Medizinball betrachten. Ohne uns sind nur die oben aufskizzierten Varianten möglich. Wenn man etwas Neues entwickeln möchte, braucht man die Gemeinde, den Gemeinderat und den GVV. Wir sind mit Edeka in Kontakt und loten aus, was gehen könnte. Ich kann keinem vorschreiben, was er mit seinem Eigentum machen muss. Nur würden wir es beispielsweise nicht akzeptieren, wenn da jemand Lagerhallen bauen wollte.
Und was passiert mit dem aktuellen Rewe-Markt?
Grimm: Dort wird man sich überlegen, wie man sich positioniert und welche Strategie man fährt. Einer der Lebensmittelmärkte muss den nächsten Schachzug machen.
Womit wir zu den Einschränkungen der Wasserentnahme kommen. Wie waren die Reaktionen der Bevölkerung darauf und wie aktiv kontrolliert die Gemeinde?
Grimm: Wir haben die rote „Achtung-Kelle“ hochgehalten. Es gibt keinen Grund zur Panik, aber wir müssen auf unser Wasser achtgeben, weil wir einen Tiefstand unserer Brunnen erreicht haben, den wir sonst erst im Herbst haben. Der Hinweis ist eine Sensibilisierung. Das Ordnungsamt wird nicht auf dem Friedhof präsent sein und kontrollieren, wer wie viele Gießkannen Wasser verbraucht.
Wie haben die Sportvereine reagiert?
Grimm: Die haben sich gemeldet und wir haben einen Termin vereinbart, um Lösungen auszuloten. Es gibt auch Ansätze: Die Bewässerung des Sportplatzes in Erfeld wird von einer sehr ergiebigen Quelle gespeist. Die hat mit unserem Trinkwasser nichts zu tun. Auch in Schweinberg gibt es eine Quelle. Es müssen aktuell auch nicht alle Sportplätze im Gemeindegebiet satt grün sein. Außerdem kommt es darauf an, wann wie bewässert wird.
Wir haben nun viele Themen besprochen, die nicht immer angenehm sind und die sie als Bürgermeister moderieren müssen. Wie gehen Sie persönlich mit der aktuellen Situation um?
Grimm: Ich habe selbst von den Vertretern der Sportvereine ein gewisses Verständnis für die Wassermaßnahme registriert. Vereinsvertreter sind mit die wichtigsten Player in der Gemeinde. Die Kommentare in den Sozialen Medien lese ich zwar auch, aber mehr zur Unterhaltung, weil da inhaltlich oft die Substanz fehlt. Uns allen im Rathaus würde die eine oder andere Baustelle weniger sicher guttun. Es kommt gerade sehr viel zusammen. Das heißt aber auch: Es tut sich viel - auch Positives, wie der Brückenschoppen, der von den Hardheimern sehr gut angenommen wird. Er zeigt: „Hey, gemeinsam können wir etwas erreichen!“ Auch der „Tag der Berufe“ war eine gute Aktion, um die Zukunft Hardheims zu sichern. Betriebe finden Mitarbeiter, die jungen Leute einen guten Job und ziehen nicht weg. Dies ist eine Aktion, die andere Gemeinden gerne hätten.
Sie sind nun fast drei Jahre im Amt. In welchem Bereich wären Sie denn gerne schon weitergekommen, als Sie gerade sind?
Grimm: Vieles läuft sehr, sehr träge. Aber wir können gewisse Dinge nur bedingt beeinflussen, und wir können nicht alles gleichzeitig vorantreiben. Das liegt auch an der Personalkapazität im Rathaus. Wir müssen hier ja auch unser Tagesgeschäft erledigen.
Welchen Punkt hätten Sie lieber heute als morgen abgearbeitet?
Grimm: Wenn man wüsste, wie es rund um den Erfapark weitergeht, würde das der Hardheimer Seele sehr, sehr guttun. Da wären einige Sorgen weg.
Gibt es denn in Sachen „Glashaus“ etwas Neues?
Grimm: Ja, Herr Kampmann kommt demnächst nach Hardheim und wir werden uns treffen.
Wir haben bei all den Hardheimer Problemen nun noch das Krankenhaus. Was hat dieser immense Verlust von einer knappen Million Euro für die Zukunft zu bedeuten?
Grimm: Dass hoffentlich jeder jetzt verstanden hat, dass es so nicht weitergehen kann. Die Krankenhäuser sind finanziell unterversorgt. Wir können nicht ewig von unseren Rücklagen zehren. Wir haben mit dem MVZ gezeigt, welchen Weg wir gehen wollen. Nur Sparmaßnahmen werden unsere Defizite nicht spürbar vermindern. Wir brauchen zusätzliche Ärzte.
Gibt es schon Ärzte, die das MVZ-Konzept in Hardheim interessiert?
Grimm: Wir haben mit zwei, drei erfahrenen Ärzten vielversprechende Gespräche geführt. Das stimmt mich optimistisch, da jüngere Ärzte bei uns gar nicht ins kalte Wasser springen müssen, sondern noch ein paar Jahre von dieser Erfahrung profitieren können. Das Wasser ist sprichwörtlich mollig warm und die kommunale Genossenschaft auch kein Kapitalhai.
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