Grünsfeld. Seltener Besuch: Auf den Spuren ihrer Vorfahren waren David Sichel und seine Frau Mary Rosholt aus Vermont/USA unterwegs. Während ihrer Europareise machten sie auch Station in Grünsfeld.
Zunächst ging es nach Wien und Brünn (Tschechien). Dort hatte die Stadt das Ehepaar als Ehrengäste eingeladen, um an der Verlegung von Stolpersteinen zum Gedenken an einen Brünner Textilunternehmer und seine Frau teilzunehmen. Diese beiden gehören zur mütterlichen Verwandtschaft von David Sichel. Ihr architektonisch bedeutsames Wohnhaus aus den 1920er Jahren soll restauriert und zu einem Kulturzentrum umgebaut werden. Die Spurensuche fand in Grünsfeld ihre Fortsetzung, weil David Sichels Großvater väterlicherseits aus Grünsfeld stammt und dessen Vorfahren über mehrere Generationen in Grünsfeld gelebt haben. Im Archiv der Stadt fand man dann mit Unterstützung von Albin Wolfstädter einige Quellen im Standesregister der Stadtverwaltung, die Auskunft über die Vorfahren geben konnten, wie die Eintragungen von Geburten und Hochzeiten.
Organisatorisch vorbereitet und begleitet wurde das Ehepaar Sichel von Dr. Uli Hornsteiner aus München, einem Experten für jüdische Genealogie. Er hatte auch die Kontakte zu Franz Ködel in Grünsfeld genutzt, um die verschiedenen Programmpunkte der Reise zu koordinieren.
Am ersten Tag führte ein Spaziergang in seiner Begleitung zu Stationen früheren jüdischen Lebens in Grünsfeld und zu den Erinnerungsorten an die Ereignisse der Verfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus.
Hierbei gab Franz Ködel, der sich seit Jahren dafür verantwortlich sieht, diesen Teil der Stadtgeschichte nicht außer Acht zu lassen, die entsprechenden Erklärungen.
Hinzugekommen war inzwischen auch David Seldner aus Karlsruhe, dessen Ur-Großmutter ebenfalls aus Grünsfeld stammt. Seldner ist ehemaliger Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde in Karlsruhe und Leiter der dortigen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Von daher ist er auch kompetenter Ansprechpartner der Medien in Fragen jüdischen Lebens in Deutschland heute und beispielsweise auch zur Erklärung des Sinngehaltes jüdischer Feste und Feiertage.
Am zweiten Tag folgten die Gäste gerne der Einladung von Bürgermeister Joachim Markert zu einem Besuch im Rathaus. Ein Empfang mit Eintrag ins Goldene Buch der Stadt unterstrich die Bedeutung solcher Besuche von Nachfahren ehemaliger jüdischer Mitbürger in der Heimat ihrer Vorfahren.
Gerne nutzte man die Gelegenheit auch zum Apell, auch weiterhin die Bedeutung der ehemaligen jüdischen Mitbürger für die Entwicklung der Stadt Grünsfeld zu würdigen und eine angemessene Erinnerungskultur zu pflegen. Als Beispiel nannte Franz Ködel die Korrektur der Gefallenentafel in der Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges genannt. Hier fehlen seinen Angaben zufolge immer noch die Namen von zwei jüdischen Soldaten aus Grünsfeld, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind.
Beim Abschied verwies David Sichel dankbar auf all jene Grünsfelder, die solche Besuche ermöglichen und die Gäste auch auf privater Ebene willkommen heißen. feu
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/gruensfeld_artikel,-gruensfeld-besucher-aus-den-usa-auf-spurensuche-in-gruensfeld-_arid,2131922.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/gruensfeld.html