Vereine und Ehrenamt

Gerchsheim: Wenn die Jugendclique Dorffeste organisiert

Aus der ehemaligen Jugendclique ist der Verein „Hüttle 99“ entstanden. Jedes Jahr stellen die Mitglieder mehrere Veranstaltungen für die Dorfgemeinschaft auf die Beine.

Von 
Diana Seufert
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Gerchsheim. Wenn das „Hüttle“ ein Fest veranstaltet, dann kommen die Leute. Das „Hüttle“ heißt eigentlich „Hüttle 99“ und ist als Verein in Gerchsheim und der Region bekannt wie der sprichwörtliche „bunte Hund“. Es wird nicht lange geredet, sondern angepackt. Und davon hat die ganze Gemeinde etwas.

Die Mitglieder treffen sich regelmäßig in ihrem Vereinsheim in der Steinstraße, es wird viel erzählt und gelacht. Und derzeit wird auch viel geplant. Das Weißwurstfrühstück in der Ortsmitte steht an. Das ist zwar erst am 3. Oktober, aber bis dahin muss noch einiges organisiert werden. Vom Einkauf bis zur Musik, von der Straßensperrung bis zum Zeltaufbau: So ein Fest für die ganze Gemeinde braucht Vorlauf, Disziplin und akribische Planung.

„Vor zwei Jahren war die Resonanz auf das Fest so groß, dass wir schon nach kurzer Zeit keine Weißwürste mehr hatten“, erinnert sich Vorsitzender Benjamin Schmitt. Das muss dieses Mal besser werden, sind sich die Mitglieder bei der Sitzung einig. Keiner soll leer ausgehen.

Erhalt des Brauchtums pflegen

Seit 13 Jahren gibt es das „Hüttle 99“ offiziell als Verein. Gründungstag war der 11.11.2011. Die Zahl hat Symbolcharakter, denn Satzungsziel ist unter anderem der Erhalt des Brauchtums im Ort: Für die „Hüttles“ ist das der Fasching. Und damit sie eine Veranstaltung durchführen durften, wurde der Verein ins Leben gerufen. Junge Leute, die sich uneigennützig für ihren Ort einbringen, die überlegen, was sie tun können, statt darauf zu warten, dass andere etwas machen: In der heutigen Zeit ist das eher eine Seltenheit, für die „Hüttles“ selbstverständlich und Teil ihres eigenen Anspruchs.

Mit einer der größten Gruppen sind die "Hüttles", wie sie in Gerchsheim kurz heißen, beim Faschingumzug dabei. © Hüttle 99

Doch schon davor waren die Mitglieder aktiv und im Ort engagiert. Die gewachsene Clique gibt es viel länger. „Eine Sandkastenfreundschaft“, bezeichnet Veit Heer die Ursprünge. Als Kinder hatte sich eine kleine Gruppe bei seinen Eltern zum Spielen getroffen. Ihr Ankerpunkt war eine Gartenhütte. So kam die Gruppe zu ihrem Namen. Dann wurden die Jungs älter, gingen als Jugendliche auf Faschingsveranstaltungen.

Die Freundschaft bestand weiter – und irgendwann kam die Überlegung, etwas für die Gesellschaft und das Zusammenleben im Ort auf die Beine zu stellen. Am legendären Gerchsheimer Faschingszug und im benachbarten Altertheim beteiligt man sich seit vielen Jahren. Mit dem „Jungbrunnenfest“ fiel 2012 der Startschuss für die Fest-Aktivitäten. Ein „Food-Truck-Festival“ und Weißwurstfrühstücke wurden erfolgreich durchgeführt, die „Beach-Party“ als Faschingsveranstaltung übernommen und das Waldfest wiederbelebt. Das organisierte früher die Jugendmusikschule unter der Leitung des damaligen Vorsitzenden Klaus Heil. Seit einem Jahrzehnt findet es unter der Ägide der „Hüttles“ statt und erfreut sich bei Gerchsheimern und Auswärtigen, bei Jung und Alt großer Beliebtheit.

Für die "Großen" gibt es beim Waldfest ein Tauziehen. © Huettle
Die jüngeren Besucher genießen eine Runde auf dem Rücken der Pferde. © Diana Seufert

Für die Vereinsmitglieder bedeutet das zweitägige Fest rund um die Schutzhütte im Wald einen enormen organisatorischen Kraftakt für Auf- und Abbau. Alles muss mühsam hingebracht werden, ob Teller, Gläser oder Besteck, Kühlschränke, Grills oder Zelte – und natürlich alle Genehmigungen für die Veranstaltung im Wald. Wassertanks und Stromaggregat sorgen für die nötige Infrastruktur. Bis zu 80 Helfer sind eine ganze Woche lang im Einsatz. Damit die Besucher zum Fest außerhalb des Orts gelangen, wurde mit Unterstützung der Feuerwehr ein Fahrdienst eingerichtet. Stetig erweitert wurde auch das Rahmenprogramm, zu dem neben Tauziehen und Ponyreiten auch ein Spendenlauf gehört. Mehr als 100 Teilnehmer haben sich beim letzten Mal auf die idyllische Rundstrecke durch den Wald gemacht.

„Der Überschuss, den wir erwirtschaften, kommt immer einem guten Zweck zu“, sagt Tino Kraus. Vom Kindergarten über die Bücherei bis zur Station Regenbogen wird gespendet.

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Warum betreiben die Hüttle-Mitglieder diesen Aufwand? Nicht nur zwei eigene Veranstaltungen werden jährlich durchgeführt, sondern auch bei Aktivitäten anderer Vereine oder dem Gerchsheimer Weihnachtsmarkt sind sie mit dabei. „Weil wir Spaß am Organisieren haben und etwas für die Gemeinschaft tun wollen“, sagt Schriftführer Steffen Henneberger. Stefan Brennfleck ergänzt: „Wir lieben die Herausforderung.“ Die haben sie mit ihrem Veranstaltungsprogramm auf alle Fälle. So ein Pensum geht nur, weil man sich sehr gut versteht und die Familien mitziehen.

Für die Freundesclique gibt es noch einen anderen Beweggrund für ihr „Hobby“: „Wir durften als Kinder bei tollen Festen der Vereine mit dabei sein und haben ehrenamtliches Engagement kennengelernt. Das hat geprägt und das sollen auch unsere Kinder noch erleben. Deshalb stellen wir die Feste auf die Beine“, betont Veit Heer und alle stimmen zu.

Das Jungbrunnenfest war die erste Veranstaltung des Vereins 2012 in Gerchsheim. © Hüttle 99

Mithelfen ist für alle selbstverständlich. Selbst die Kleinsten wollen ihren Teil zum Gelingen beitragen und tragen das blaue T-Shirt des Vereins mit viel Stolz. „Wir sind ins Organisieren und Helfen hineingewachsen“, sagt Brennflecks 17-jährige Tochter Mia, die für Instagram zuständig ist. Und weil die Kinder und Jugendlichen im Verein gleichberechtigt bei Entscheidungen einbezogen werden, fällt so manches Faschings-Thema nach deren Vorstellungen aus.

Nachwuchsprobleme hat der Verein also keine, wie auch Brennflecks Nachbarin Fiona Heer bestätigt. „Der Verein ist authentisch, die Veranstaltungen sind klasse. Es macht einfach Spaß.“

Der Verein „Hüttle 99“

  • Der Verein wurde am 11. November 2011 ins Leben gerufen. Zweck ist die kulturelle Bereicherung des örtlichen Lebens, insbesondere des traditionellen Brauchtums der Fastnacht.
  • Entstanden ist der Verein aus einer Jugendclique , die sich für das Dorfleben in Gerchsheim engagieren.
  • Seit 2012 organisieren die Mitglieder jährlich ein Fest, zudem wird eine Faschingsveranstaltung durchgeführt. Dafür sind mehr als 80 Mitglieder sowie viele freiwillige Helfer im Einsatz.
  • Ehrenamtliches Engagement für den Heimatort ist ein großer Teil des Selbstverständnisses der Mitglieder.
  • Das nächste Fest wird am 3. Oktober ein Weißwurstfrühstück in der Ortsmitte von Gerchsheim sein.
  • Das Miteinander pflegt man nicht nur bei den monatlichen Treffen, sondern auch bei Ausflügen und anderen Vereinsaktivitäten.

Von den Gerchsheimern kommt für die ehemalige Clique viel Zustimmung. „Unser größtes Lob ist, wenn die Leute sagen, es war ein schönes Fest“, meint Veit Heer. So könne man dem Ort und den Mitbürgern etwas von der Begeisterung zurückgeben, die man selbst in früheren Jahren erlebt hat.

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

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