Rockabend in der Mehrzweckhalle

Miroslav Nemec verzückt Creglingen

Mit seiner Band „Asphyxia“ begeistert der Schauspieler und Musiker rund 450 Besucher. Bereits zum zweiten Mal im Taubertal

Von 
Arno Boas
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Creglingen. Kriegt man den Tatort-Kommissar aus dem Kopf? Lebt die Band Asphyxia vom Batic-Bonus? Fragen, die unweigerlich durchs Gehirn kreisen als langjähriger Tatort-Fan – zumal, wenn man glaubt, das Münchener Ermittler-Duo Batic und Leitmayr in- und auswendig zu kennen? Doch weit gefehlt. Miroslav Nemec und seine Band Asphyxia rocken die Creglinger Mehrzweckhalle am Samstag mit einer Intensität, die das vorgefertigte Bild schnell verschwimmen lässt. Da sind sechs veritable Musiker am Werk und schenken den rund 450 Besucherinnen und Besuchern die volle Ladung Rock ein, gewürzt mit einigen Anleihen aus dem Balkan.

Würde Miroslav Nemec die Promi-Karte ziehen und seine Bandkollegin und -kollegen zu Statisten degradieren? In keiner Weise. Nemec nimmt sich nicht wichtiger als seine Nebenleute. Und das ist gut so, denn hier stehen lauter Vollblutmusiker auf der Bühne, die loslegen wie die Feuerwehr und die ihren Zuhörern kaum eine Atempause gönnen. Nemec und Co. turnen dabei zwar nicht auf der Bühne herum wie Mick Jagger, aber sie verstehen ihr Handwerk, egal ob als Schlagzeuger, Bassist, oder – wie Nemec – als Gitarrist, Sänger oder Keyboarder.

Vor 55 Jahren haben Miroslav Nemec und einige der aktuellen Bandmitglieder die Gruppe Asphyxia gegründet, dann allerdings eine lange Pause eingelegt, und erst um die Jahrtausendwende ging es wieder gemeinsam auf Tour, inzwischen mit neuen Gesichtern. Das Sextett harmoniert prächtig, und auch wenn die meisten Künstler schon jenseits der 60 sind: Auf der Bühne zählt nicht das Alter, sondern die Performance. Und da müssen sich Nemec und seine Band nicht verstecken. Mit viel Herzblut spielen sie, wie Nemec es im FN-Interview ausgedrückt hat, die „Lieder ihrer Zeit“, vor allem Rocksongs aus den 70-ern, aber auch Lieder aus Kroatien und Bosnien.

Natürlich ist Nemec der Star, aber er lässt seinen Kollegen Raum zur Entfaltung. Dass die Chemie stimmt, spürt man schnell. Die Musiker sind auch privat befreundet und bringen ihre Familien mit zu den Konzerten. Die Mehrzweckhalle ist am Samstag nicht durchgängig bestuhlt, sondern mit Stehtischen aufgelockert, und es gibt Platz zum Tanzen. Dazu schummriges Licht, und so kommen Erinnerungen hoch an frühere Tanzabende in der „Halle“. Ja, es wird auch am Samstag getanzt und manchmal sogar mitgesungen, etwa bei Rio Reisers Klassiker „Junimond“. Auf der Bühne geht über zwei Stunden die Post ab, Hendrix-Nummern stehen ebenso auf der Playlist wie Hits von Wolfgang Ambros oder Klaus Lage. Auch Herbert Grönemeyer ist dabei. Mit ihm ist Miroslav Nemec seit seiner Zeit in Köln befreundet – da darf eine humorvolle Hommage auf den Ruhrpott-Barden mit der kultigen Stimme nicht fehlen.

Auch wenn der Bandname Asphyxia übersetzt „Erstickungstod“ heißt: Davon sind die sechs Künstler weit entfernt. Nicht einmal Atemnot stellt sich ein, obwohl der Beat auf der Bühne schweißtreibend ist und eine Menge Kondition erfordert. Der demnächst 70-jährige Miro Nemec ist fit wie ein Turnschuh und dazu ein begnadeter Entertainer, der immer mal wieder Anekdoten aus der langen Bandgeschichte und aus seiner Jugend in Kroatien einstreut. Apropos Anekdote: Eine ist noch ganz frisch und stammt aus dem letzten Jahr. Da war Nemec mit seiner Autobiografie zu einer Lesung im Romschloss – da hat es ihm so gut gefallen, dass er schon im nächsten Jahr wiedergekommen ist, diesmal eben mit Band. Damals war er noch lange mit Büchereileiterin Ulrike Kästner und Bürgermeister Uwe Hehn zusammengesessen.

Im lockeren Plausch habe man damals auch über einen weiteren Auftritt in Creglingen gesprochen. „Da haben wir natürlich auch was getrunken – außer Uwe. Der hat nichts getrunken und sich das gemerkt, worüber wir gesprochen hatten“, meint Nemec augenzwinkernd. Und so kam es nun also zum zweiten Nemec-Auftritt.

Stürmischer Beifall

„Du hast Creglingen ein zweites Mal verzückt“, sagt Bürgermeister Uwe Hehn am Ende des Konzerts in der Stadthalle. Und fügt, ebenfalls augenzwinkernd, hinzu: „Du darfst gerne wiederkommen“. Dass das Publikum das ebenso sieht, zeigt der stürmische Beifall. Ohne mehrere Zugaben lassen die Fans die Band nicht von der Bühne. Und wer danach ein Selfie mit Miroslav Nemec machen oder ein Autogramm haben möchte, der wird nicht abgewiesen. Der Star ist Mensch geblieben.

Ob und in welcher Rolle er wirklich ein drittes Mal nach Creglingen kommt? Im FN-Interview hat Nemec gesagt, dass er neue Herausforderungen mag und sich vielleicht auf ein Rap-Projekt einlässt. Ein rappender Tatort-Kommissar in Creglingen, das wäre doch mal was. Oder, noch besser: Einer seiner nächsten Kriminalfälle könnte ja in Creglingen gedreht werden. Man wird nach einem so belebenden Abend ja noch träumen dürfen …

Redaktion Redakteur bei den FN

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