Fast 600 Besucher gab es beim Info-Abend der Stadt Creglingen zum geplanten Industriegebiet. Die wichtigste Frage blieb unbeantwortet: Welche Firma soll sich einmal auf dem rund 22 Hektar großen Areal bei Frauental ansiedeln?
Creglingen. Schon im Vorfeld war klar: Namen von potenziellen Firmen werden beim Info-Abend der Stadt Creglingen und des Projektentwicklers Lang&Cie Industrial noch nicht genannt. Stattdessen gab es viele Fragen, vor allem von den Gegnern des Projekts, die sich in der Interessensgemeinschaft (IG) „Für unsere Region – gegen den Logistikstandort Frauental“ zusammengeschlossen haben. Nach fast drei Stunden Informationsfluss und Diskussion stand fest: Die IG hält an der scharfen Kritik an dem ihrer Ansicht nach „unsinnigen Projekt“ fest, Creglingens Bürgermeister Uwe Hehn wiederum verteidigte es vehement als „Chance für Creglingen und die Region“.
Wie mehrfach berichtet, will die Stadt Creglingen in absehbarer Zeit bei Frauental ein 22 Hektar großes Gewerbegebiet ausweisen. Auf dem Gelände soll eine zirka acht Hektar große Halle entstehen. Als Partner hat sich die Kommune den Projektentwickler Lang&Cie. Industrial aus Frankfurt/Main mit ins Boot genommen. Deren Vertreter, die Vorstände Wolfgang Speer und Peter Kunz sowie Bürgermeister Uwe Hehn stellten das Projekt ausführlich vor.
Die Firma Lang&Cie. sondiere den Markt, wie Peter Kunz sagte. Das Ganze befinde sich noch in einer „frühen Phase“, deshalb müssten die Aussagen „vage“ bleiben, warb er um Verständnis. „Viele Sachen funktionieren an dem Standort nicht, so ist er etwa für einen Großlogistiker nicht interessant, da zu weit von der Autobahn entfernt“. Deshalb sei auch die Zahl von 300 Lkw am Tag zu hoch gegriffen, wie Peter Kunz meinte. Ergebnislos sind seinen Angaben zufolge die Gespräche mit einem e-commercler und einer Firma aus der Pharmabranche verlaufen. Letztere habe abgesagt, weil sie in der Region kein Cluster für Pharma-Mitarbeiter gesehen habe. Interessierte Firmen würden vor allem zwei Themen intensiv analysieren: Gebe es an dem Standort genügend Mitarbeiter und sei die Verkehrsanbindung gut?
Momentan stehe man in Kontakt mit einer Firma, die nur produzieren wolle und eine Hallengröße von rund 25 000 Quadratmeter brauche. Namen könne er nicht nennen, was in der Phase des Verfahrens normal sei. „Wenn wir keine adäquate Firma finden, werden wir es nicht machen“, betonte Peter Kunz. „Wir glauben aber an den Standort“, hob Kunz hervor. Und letztlich entscheide der Gemeinderat, welcher Nutzer nach Frauental komme.
Bürgermeister Uwe Hehn verteidigte die Wahl des Standorts Frauental. Nur dort sei für die Stadt die Ausweisung eines Industriegebiets möglich. Er sieht darin den Versuch, den Bevölkerungsrückgang zu stoppen. Nur durch wohnortnahe Arbeitsplätze und Baugebiete sei es möglich, Menschen in der Gemeinde zu halten, so sein Credo. Für die Raumschaft verträgliche und qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen, das nutze allen, auch den Nachbargemeinden. „Wir sehen das als Chance und glauben, die angesprochenen Probleme lösen zu können“. Er wolle die Zukunftsfähigkeit der Stadt sichern, bekräftigte Uwe Hehn, der den Gemeinderat auf diesem Weg hinter sich sieht. Und ja, so Hehn, es werde Veränderungen geben, wenn das Gremium das Industriegebiet beschließe. Aber man entscheide im Sinne der gesamten Stadt. Der Verwaltungschef: „Creglingen lebt nicht von einzelnen Personen“. Wenn es Konkretes zu berichten gibt, will die Stadt erneut eine öffentliche Bürgerversammlung abhalten. Denn, so Uwe Hehn: „Miteinander reden ist immer besser als übereinander“.
Schwieriger Spagat
Die Dimension klingt – je nach Standpunkt – beeindruckend oder aber furchteinflößend: Ein Industriegebiet mit 22 Hektar, eine Halle von acht Hektar, womöglich bis zu 500 neue Arbeitsplätze mitten in der Pampa – das sind die Zahlen, die seit Wochen durch die Diskussionen geistern und zur Gründung einer Bürgerinitiative geführt haben.
Alles halb so schlimm. So zumindest klingt es, wenn die Befürworter über das Projekt sprechen. Viel weniger Verkehr als befürchtet, Hochwassergefahr gebannt dank Regenrückhaltebecken, Ausgleichsmaßnahmen für den Flächenverbrauch. Eine Firma, die vor allem produziert statt „stumpfe Großlogistik“ (O-Ton Peter Kunz) nach Frauental zu bringen.
Alles viel schlimmer. So zumindest klingt es bei den Gegnern. Letztendlich stochern aber alle noch im Nebel, denn bislang gibt es nur Absichtserklärungen. Erst, wenn sich tatsächlich eine Firma ansiedeln will, kommen die Fakten auf den Tisch. Gerade, was die Verkehrsbelastung angeht, ist die Verunsicherung groß. Von 50 bis 1000 Lkw-Bewegungen am Tag war schon alles zu hören – aber das ist momentan reine Spekulation.
Dass sich Befürworter und Kritiker bei der Info-Veranstaltung in ihren Positionen annähern würden, war nicht zu erwarten. Aber man hat sich immerhin ausgetauscht. Stadt und Projektentwickler haben den Menschen zugehört, für manche Sorge Verständnis gezeigt. Die Kritiker dürfte das allerdings nicht beruhigen. Denn vom eigentlichen Plan ist Bürgermeister Uwe Hehn nicht abgerückt. Man darf davon ausgehen, dass auch jede andere Gemeinde eine solche Chance ergreifen würde. Wenn es denn zur Ansiedlung einer Firma kommt, müssen die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt so gering wie möglich gehalten werden. Ein sehr schwieriger Spagat.
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