Nicht nur in den bayerischen Nachbargemeinden regt sich Protest gegen das geplante Industriegebiet bei Frauental. Auch die Betreiber der „Historischen Schäferei“ als direkte Nachbarn haben Widerstand angekündigt.
Frauental. Es ist ein Mega-Projekt, das laut Bürgermeister Uwe Hehn für die Stadt Creglingen von immenser Bedeutung ist. Wie berichtet, könnte in der Nähe des Creglinger Stadtteils Frauental ein Industriegebiet mit einer Größe von gut 21 Hektar entstehen. Das Ganze befindet sich noch in der Vorentwurfsphase, entsprechend hält sich Creglingens Bürgermeister Uwe Hehn mit öffentlichen Aussagen bedeckt.
Ein Projektierer sucht nach einem Nutzer der geplanten Logistikhalle, die acht Hektar groß werden soll. Und damit eine Dimension erreicht, die die künftigen unmittelbaren Nachbarn nicht akzeptieren wollen. Irmi und Erwin Keller betreiben seit 2001 das Schäferhaus und seit 2006 zusätzlich die Schafscheune – beides direkt am Hang nördlich von Frauental. An diesem idyllischen Fleckchen können Familien und Gruppen Urlaub machen und beispielsweise Hochzeiten feiern.
In direkter Nachbarschaft soll nun laut der Vorentwurfsplanung ein Industriegebiet entstehen, dessen Grenze bis auf 85 Meter an die Schäferei heranrücken könnte. Die geplante Halle (Lager und Produktion) mit rund 80 000 Quadratmeter soll voraussichtlich rund 200 Meter entfernt entstehen. Die Halle ist zirka 200 Meter breit und – weil sie in den Hang gebaut wird – bis zu 25 Meter hoch. Damit, davon sind Erwin Keller und sein Sohn Johannes im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten überzeugt, wäre der Betrieb der Historischen Schäferei in in der bisherigen Form nicht mehr möglich. Deshalb erwägen sie, gegen das Projekt zu klagen, sobald es konkrete Pläne gibt.
Unabhängig von den Auswirkungen auf ihren Betrieb sehen sie das Projekt auch wegen seiner schieren Größe als fragwürdig. „Mit einer kleineren Halle, die nicht nur für Logistikzwecke dient, könnten wir leben,“ so der 68-jährige gebürtige Frauentaler, der in Uffenheim lebt. Doch das, was auf dem Papier stehe, passe nicht nach Frauental. Mit dem befürchteten starken Verkehr Tag und Nacht und der Beleuchtung des Industriegebiets werde die bisherige idyllische Konstellation zerstört. Prognostiziert sind täglich rund 300 Lkw- und 350 Pkw-Fahrten. Diese Zahlen haben auch die fränkischen Nachbargemeinden auf den Plan gerufen. In Uffenheim etwa sieht die Kommune die Pläne als „nicht vertretbar“ an.
Die Stadt Creglingen hält dagegen, dass es im gesamten Stadtgebiet keine andere geeignete Fläche gebe und nicht jede Gemeinde das Glück habe, an einer Autobahn zu liegen. Erwin Kellers Sohn Johannes räumt ein, dass Creglingen in dieser Hinsicht geographisch benachteiligt sei. „Trotzdem sollte man nichts übers Knie brechen, das keinen Sinn macht“. Nicht jede Gemeinde brauche ihr eigenes Logistikzentrum, findet Johannes Keller. Er hat kein Verständnis dafür, dass die Stadt Creglingen das Projekt „gegen alle Bedenken der Nachbargemeinden rücksichtslos durchdrücken“ wolle.
Die Stadt Creglingen will zwar keine reine Logistikhalle, sondern unter den rund 500 angestrebten Arbeitsplätzen auch qualifizierte Jobs. Doch wo sollen die herkommen, so fragen sich die Schäferei-Betreiber angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt. Die Logistikzentralen bei Langensteinach/Wallmersbach fänden bereits heute kaum Mitarbeiter aus der Gegend. Beschäftigte und Leiharbeiter würden busweise von ihren entfernten Unterkünften zum Arbeitsplatz gefahren, so Erwin Keller. Dass man keine „reine Logistikhalle“ wolle, ist für Erwin Keller der Versuch, das Projekt „schönzureden“. Auf der Immobilienseite www.immobilienscout24.de/expose/136117727# sei von einem Logistikpark die Rede mit 24/7-Betrieb.
Um die Abwanderung, unter der Creglingen seit vielen Jahren leide, zu verhindern, müsse man Creglingen attraktiver machen. Er glaube nicht, dass man mit diesem Projekt die Attraktivität Frauentals beziehungsweise Creglingens erhöhen könne, so Erwin Keller.
Auch den Flächenverbrauch kritisieren die Kellers. Rund acht Hektar für die Halle und noch mal vier bis fünf Hektar Asphaltierung: Da könne man nicht von einer günstigen, flächenschonenden Erschließung sprechen, so Johannes Keller.
Irmi Keller, die die Schäferei federführend betreibt, hat schon eine Anfrage von einem Paar, das 2024 in Frauental seine Hochzeit feiern will. Angesichts der Aussicht auf eine Großbaustelle in direkter Nachbarschaft überlege man, das Fest zu stornieren, berichtet Erwin Keller im FN-Gespräch. Für ihn steht fest: „Wir werden gegen das Vorhaben klagen. Wir hoffen jedoch, dass es nicht so weit kommt und sich der Gemeinderat gegen dieses Vorhaben entscheidet“.
Von der Ruine zum Kleinod
Der Unternehmer Erwin Keller ist in Frauental geboren und lebt seit langem in Uffenheim. Die Verbindung zum Heimatort ist aber eng geblieben. Mit dem Schäferhaus und der Schäferscheune hoch oberhalb nördlich von Frauental haben sich seine Frau Irmi und er ein zweites Standbein geschaffen.
Das idyllische Ensemble ist ein echtes Kleinod und erfreut sich bei Feriengästen großer Beliebtheit. Auch Familien nutzen die Location gern für Feste wie Geburtstage oder Hochzeiten.
Vorfahren waren Schäfer
Kellers Vorfahren waren Schäfer, aber sie waren nicht die Besitzer der Schäferei. Das Schäferhaus war in den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts stark einsturzgefährdet, es gab dort kein Wasser, keinen Strom und kein Abwasser. Erwin Keller erwarb das Gebäude und begann mit der Renovierung, um später einmal darin zu wohnen. Doch die berufliche Entwicklung mit der Gründung der Firma Gillig und Keller und der Umzug nach Uffenheim kam diesem Vorhaben in die Quere.
Selbst angeschlossen
Um die Jahrtausendwende reifte dann der Plan, das über viele Jahre im Rohbau befindliche Gebäude zu einem Ferienhaus auszubauen. Den Anschluss ans öffentliche Abwassernetz nahm Erwin Keller in Eigenregie vor. 2001 erfolgte die Einweihung des Ferienhauses, einige Jahr später kam dann noch die Schafscheune dazu.
Hätte er die Historische Schäferei nicht saniert, dann, so ist Erwin Keller überzeugt, würde nun das geplante Industriegebiet bis an die Hangkante heranrücken. Denn das Baurecht verlangt von der Kommune, das Gewerbe- beziehungsweise Industriegebiet an eine vorhandene Bebauung anzubinden.
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