In die Stadtkirche war der Blitz eingeschlagen

Die Creglinger wissen endlich wieder, was ihnen die Stunde geschlagen hat

Wochenlang waren Kirchturmuhr, Glocken und Orgel außer Betrieb, jetzt ist wieder Normalität eingekehrt

Von 
Arno Boas
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Creglingen. Es ist Mittwoch, der 1. August, kurz vor 16 Uhr. Ein Unwetter mit Blitz und Donner zieht über Creglingen hinweg. Das Schlimmste scheint schon überstanden, als es einen „Riesenschlag“ tut. Der Knall ist in ganz Creglingen zu hören, wie Pfarrerin Fraukelind Braun im Rückblick im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten erzählt. Der Blitz ist mit einem lauten Knall in die evangelische Stadtkirche eingeschlagen. Allerdings nicht in die Spitze, sondern in den Zeiger der Kirchturmuhr. Damit hat die Naturgewalt quasi den Blitzableiter umgangen – mit verheerenden Folgen. Die Elektrik geht kaputt und damit sind Uhr, Glocken, Orgel schlagartig außer Betrieb. Und auch im benachbarten evangelischen Gemeindehaus und dem Kindergarten „Haus der Kinder“ richtet der Blitz große Schäden an.

Wochenlang schlug den Creglingern ihre Uhr nicht mehr, war kein Glockenklang mehr von der evangelischen Kirche zu vernehmen. „Die Menschen riefen natürlich an und wollten wissen, warum“, berichtet die Pfarrerin, die „noch nie einen solch lauten Knall“ gehört hat. Der Blitz hatte sich einen der höchsten Punkte im Städtchen ausgesucht. Es handelte sich nicht um einen „normalen“ Blitz, sondern um einen kugelförmigen. Das hat Egon Berg von der gegenüberliegenden Tauberseite aus mit eigenen Augen beobachtet. „Ich stand gerade auf dem Balkon, als der Blitz in den Kirchturm einschlug“, berichtet der Creglinger. Es sei eine richtige Detonation gewesen, man habe förmlich den Luftdruck gespürt. „Das war eine unfassbare Wucht, so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt Egon Berg.

„Wir hatten noch großes Glück, dass es keinen Brand gegeben hat“, ist Fraukelind Braun froh. Und auch Menschen sind nicht zu Schaden gekommen, wenngleich der Schreck groß war, der den Menschen in der Nähe des Einschlags in die Glieder fuhr. Ein ortsansässiger Elektriker überprüfte den Kirchturm auf einen womöglich unentdeckten Schwelbrand. Aber die Gemeinde hatte Glück im Unglück.

Die Welle ging von der Kirche über das Gemeindehaus bis zum evangelischen Kindergarten. Im Gemeindehaus ging die Heizung kaputt, im Kindergarten die Computer und die Router. Kirchenpflegerin Brigitte Zink hatte in der folgenden Zeit auf unterschiedlichen Ebenen alle Hände voll zu tun, es mussten verschiedene Handwerker wie Heizungsbauer oder IT-Experten organisiert werden, unter anderem auch eine Spezialfirma für die Glocken. Und das mitten in der Urlaubszeit. Manche Ersatzteile mussten erst beschafft werden, so dass sich die Beseitigung der Schäden über mehrere Wochen hinzog, zumal auch noch ein Hagelschaden aus dem Juli zu regulieren war.

Die Gottesdienste ohne Licht, Orgel und Mikrofon waren „komisch“, wie die Pfarrerin gesteht. Und „sehr schmerzlich“ sei es gewesen, dass bei Beerdigungen das Totenglöcklein nicht eingesetzt werden konnte. Auf der anderen Seite sei es beeindruckend, wie den Leuten die Kirchturmuhr und die Glocken gefehlt hätten. Zahlreiche Anrufer hätten sich erkundigt und gefragt, wann ihnen denn endlich wieder die Stunde schlage. Viele Menschen hätten auch den Glockenschlag vermisst, so Fraukelind Braun.

Mesnerin Veronika Böhm hat die Rückmeldung bekommen, dass viele Menschen den Blick auf die Kirchturmuhr dem auf die Armbanduhr oder das Handy vorzögen. „Sie haben es bedauert, die Zeit nicht auf dem Kirchturm angezeigt zu bekommen“, so die Mesnerin. Inzwischen funktionieren wieder alle vier Uhren, die Orgel, das Licht, die Computer und natürlich die Glocken. Eine Firma aus Rothenburg ob der Tauber hat das zentrale Steuerungsgerät für Glocken und Turmuhr ausgetauscht und neu eingestellt. Besonders froh war ein Hochzeitspaar, das am 14. September getraut wurde – zwei Tage vorher waren Glocken und Orgel wieder in Betrieb gegangen. Die Hochzeitsglocken konnten läuten . . . Der ganze Blitzschaden war zwar ein Versicherungsfall – besser gesagt: gleich vier Versicherungsfälle – aber „der Eigenanteil ist nicht ganz billig“, wie die Pfarrerin sagt. Jetzt aber beginnt frühs um 6 Uhr wieder das Geläut. Dann schlagen die Glocken um 11 und 12 Uhr, und um 19 Uhr folgt das Abendläuten – im Winter bereits um 18 Uhr. Ab 22 Uhr begibt sich die Kirchturmuhr zur Nachtruhe – um frühs um 6 Uhr den Creglingerinnen und Creglingern unüberhörbar zu verkünden: Raus aus den Betten, frisch ans Tageswerk. . .

Redaktion Redakteur bei den FN

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