Creglingen

Den Landwirten wieder eine Perspektive geben

Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag, Hermann Färber, besuchte die BAG. Intensiver Meinungsaustausch

Von 
Markhard Brunecker
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Zwei Stunden lang konnten sich BAG-Vorstände den Frust von der Seele reden und den beiden Bundestagsabgeordneten aus Berlin, Nina Warken und Hermann Färber (links), ihre Sorgen und Nöte mit auf den Weg geben. © Markhard Brunecker

Creglingen. Mit einem Besuch bei der Bezugs- und Absatzgenossenschaft (BAG) Raiffeisen eG in Creglingen setzte der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Färber, der vzugleich Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag ist, seine Sommertour fort. Begleitet wird er dabei von seiner Parteikollegin Nina Warken. Sein Thema: „Erntesituation wegen Trockenheit und Situation der Landwirtschaft im Allgemeinen sowie einiger spezieller Bereiche im Besonderen“.

Die Folgen der Dürre sind unübersehbar: Böden und Bachläufe sind ausgetrocknet, es gibt Ernteeinbußen auf breiter Front. Diese Auswirkungen der Trockenheit haben die Region fest im Griff. Doch die Landwirte haben auch viele weitere existenzielle Probleme. Wie ernst ist die Situation im Taubertal und was kann dagegen unternommen werden? All dies war Gesprächsthema im Sitzungssaal der Creglinger BAG, wo an der Runde neben den zwei Bundespolitikern auch der Vorsitzende des Bauernverbands Main-Tauber-Kreis, Reinhard Friedrich, und Kreisgeschäftsführer Stefan Fröber teilnahmen.

BAG-Vorstandsvorsitzender Thomas Küstner bemängelte gleich zu Beginn die geringe Wertschätzung der Landwirtschaft. Die ganzen Auflagen, die man bekomme, seien fachlich oft nicht mehr nachvollziehbar und werden als schikanös empfunden. Die Landwirte sind daher frustriert. Es wäre ein deutliches Zeichen der Politik notwendig, indem sie die Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung als Staatsziel mit im Grundgesetz aufnehmen würde. Ein weiterer großer Dorn im Auge ist Küstner die Ferkelkastration. Das habe mit Tierschutz nichts mehr zu tun und sehe nur auf dem Papier gut aus. Auch die Alterssicherung bei den Landwirten lasse viele Wünsche offen. Was man hier am Ende des Arbeitslebens als Altersbezüge bekommt, habe mit Absicherung nichts zu tun. Oft seien diese nach Jahrzehnten harter Arbeit nur 200 Euro höher als die Grundsicherung.

Auch die weiteren Gäste wollten ihren Frust wie etwa beim Thema Flächenstilllegung einmal abladen. Vorstandsmitglied Fabian Fuchs sieht hinter der Düngung mit Bezug auf die Welternährung ein großes Fragezeichen. BAG-Geschäftsführer Wilfried Kleinschrodt meinte: „Man versteht nicht mehr, was da abläuft, Schweinehaltung macht man komplett kaputt“. Landwirtschaftliche Familien hätten keine Zukunft mehr. Für Fabian Fuchs steht fest, dass Haltungsstufe drei vom Verbraucher gar nicht gekauft werde, nur Stufe eins, und daher könne der Landwirt die dafür notwendigen hohen Investitionen nicht wieder verdienen. Dies seien alles fromme Wünsche.

Kleinschrodt ergänzte: Entscheidend sei der Markt, und der Konsument entscheide sich an der Theke meist für das billigere Produkt.

All die vorgetragenen Anliegen würde er sofort zu 100 Prozent unterschreiben, war die erste Reaktion des Vorsitzenden des Bundestagsauschusses für Ernährung und Landwirtschaft. Er, Färber, könne all das aus eigener Anschauung bestätigen. da er selbst einen großen landwirtschaftlichen Hof mit Sauen- (300 Stück) und Legehennen-Haltung plus 90 Hektar Acker, teils auch gepachtet, habe, der von seiner Familie bewirtschaftet wird. Allein mit der Kritik sei aber keine Lösung gefunden. Das größte Ziel müsse es sein, Perspektiven für die nächste Generation zu schaffen. Die Jugend müsse merken, dass Landwirtschaft der schönste Beruf auf der Welt sei und es eine wirtschaftliche Perspektive gebe, um als Selbstständiger die Familie zu ernähren.

Die Landwirtschaft werde in der Öffentlichkeit leider oft an den Pranger gestellt. „Wir müssen selbstkritischer miteinander umgehen, und es darf nicht jeder nur seinen Teilbereich sehen“, so Färber.

Creglingens Bürgermeister Uwe Hehn stören die zahlreichen FFH- Gebiete, wollten doch einige der 82 Vollerwerbslandwirte in Creglingen zu Gunsten des Tierwohls im Außenbereich bauen, dürfen aber wegen der FFH-Einschränkungen nicht. Für Färber entscheidet hier das Amt mit und nicht nur das Gesetzbuch. „Einschränkungen wie Düngeverordnung, FFH-Gebiete, Pflanzenschutzmittelreduktion sind alle fürchterlich ärgerlich, haben aber meist ihre Berechtigung und müssen trotzdem immer wieder hinterfragt werden“, erklärte Färber. Artenschutz müsse alle interessieren.

Zu dem Thema, Lebensmittel zu produzieren, ist vor 20 Jahren in der Landwirtschaft auch das Thema Energie dazugekommen und in jüngster Vergangenheit der Klima- und Artenschutz plus Tierwohl. Im Wasserschutz war Baden-Württemberg nach seinen Worten schon immer vorbildlich.

Tierhaltung war bisher immer ausgerichtet nach Qualität, Leistung und Preiswettbewerbsfähigkeit, vor allem beim Export. Tierwohl stand nicht an erster Stelle.

Heute stehen Haltungsformen und die vier Tierwohlpunkte „mehr Platz“, „Beschäftigungsmaterial“, „nicht kurative Eingriffe“ und „Außenklimareize“ ganz oben. Auch die Verwertung der Tiere müsse sich ändern, man könne nicht nur das „Filet“ essen.

Nach 120 diskussionsreichen Minuten zogen sowohl Hermann Färber als auch Nina Warken eine positive Bilanz. Beide sagten zu, die Grundlagen zu verbessern, um wieder eine höhere Selbstversorgungsrate zu kommen und Perspektiven zu geben. Über die Landwirtschaft müsse in der Gesellschaft wieder positiv gesprochen werden. Färber forderte auch mehr Dialog und bat die Landwirte, sich in der Politik mehr zu engagieren und gar Mandate zu übernehmen, damit es nicht heißt „Die da oben wissen doch gar nicht, was sie tun.“

Auch Vorstandsvorsitzender Thomas Küstner war mit der informativen Diskussionsrunde sehr zufrieden, ist sich aber im Klaren, dass es wie bei der Schweine-Kastration nicht sofort eine Änderung geben wird.

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