Erste Maßnahmen

Wie Firmen und Behörden Energie sparen

Unternehmen und Kommunen bereiten sich aktuell nicht nur auf die drohende Energiekrise vor, sie sind meist schon mitten drin, die geplanten Sparmaßnahmen umzusetzen. Die FN haben sich erkundigt, wie die Situation aussieht.

Von 
Martin Bernhard und Michael Fürst
Lesedauer: 
Runter mit der Temperatur: Die Energiekrise zwingt auch Firmen und Behörden zum Sparen. © dpa/Marcus Brandt

Buchen. Büros werden zusammengelegt, die Temperatur in Werks- und Produktionshallen reduziert. Das sind zwei Maßnahmen, die Kommunen und Unternehmen anwenden, um im Herbst und Winter Energiekosten zu sparen.

Frieren sollen die Mitarbeiter nicht, aber einen dickeren Pulli muss der eine oder andere wohl schon anziehen, um „frostfrei“ arbeiten zu können – oder zur Sicherheit eben ein Westchen mitnehmen, um es überzuziehen, falls es am Arbeitsplatz doch zu frisch wird.

Mehr zum Thema

Maßnahmen

Wie Firmen und Behörden Energie sparen

Veröffentlicht
Von
mb
Mehr erfahren
Energiekrise

Lichterglanz mit Sparkurs: Städte in der Region planen Weihnachtsmärkte

Veröffentlicht
Von
Kai Plösser
Mehr erfahren

Die Kommunen haben ihre Maßnahmen bereits getroffen: „Keine Beheizung von Eingangshallen, Fluren, Treppenhäusern und Ähnlichem in Verwaltungsgebäuden, wo immer dies technisch möglich ist. Zudem: Absenkung der Lufttemperatur in Büroräumen auf maximal 19 Grad Celsius. Heizlüfter werden nicht geduldet“, berichtet Pressesprecher Jan Egenberger aus dem Landratsamt. Um ganz aktuell den Energiebedarf weiter zu senken, setzt das Landratsamt die Verordnung der Bundesregierung zur Sicherung der Energieversorgung um. Dies bedeutet konkret: Durchlauferhitzer und dezentrale Warmwasserversorger werden abgestellt, wo immer dies technisch möglich ist. Die Liegenschaften des Kreises werden nicht mehr von außen beleuchtet. Eine Beleuchtung aus Sicherheitsgründen und der Fluchtwege sind davon ausgenommen.

Tipps zum Sparen für Mitarbeiter

Die Möglichkeit, Mitarbeiter vermehrt im Home-Office zu schicken, um letztlich die Energie-Mehrkosten „ins Private“ abzuwälzen, nutzt das Landratsamt nicht. Jan Egenberger sagt: „Die ohnehin bestehenden Home-Office-Regelungen laufen auch im kommenden Winter natürlich weiter, allerdings wird das Home-Office aktuell nicht bewusst als Energiesparmaßnahmen eingesetzt.“ Er erwähnt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts derzeit Tipps zur Energieeinsparung im Arbeitsalltag erhalten. „In den Kommunen gibt es ausreichend Expertenwissen sowie Kenntnisse über technische Anlagen, um weitere Energiesparpotenziale vor Ort zu identifizieren, zumal auch hier die Verordnung der Bundesregierung gilt“, teilt der Pressesprecher mit.

Bei der Firma „Scheuermann + Heilig“ in Hainstadt spielen die gestiegenen Energiekosten aufgrund der eingesetzten Maschinen und Anlagen eine bedeutende Rolle. Wie Geschäftsführer Steffen Scheuermann sagt, habe sein Unternehmen im vergangenen Jahr rund 5,7 Kilowattstunden an Strom und 6,7 Millionen Kilowattstunden an Gas verbraucht.

Bereits seit Jahren beschäftige man sich mit dem Thema Energiesparen. So war das Hainstadter Unternehmen im Jahr 2012 eines der ersten deutschlandweit, welches ein zertifiziertes Energiemanagement eingeführt habe. Im Laufe der Jahre setzte es zahlreiche Energieeffizienzprojekte erfolgreich um, zum Beispiel die Installation von Blockheizkraftwerken (BHKW) zur Heizungsunterstützung und Stromerzeugung, Wärmenutzung zur Prozesskälteerzeugung, optimales Lastmanagement in der Stromversorgung, aber auch schrittweise den Umstieg auf tageslichtabhängige LED-Beleuchtung. Bei Engpässen bei der Gasversorgung könnte man die Heizungsanlage mit Heizöl betreiben.

Größtes Energieprojekt in 2021 und 2022 war die Installation einer Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 750 Kilowatt-Peak auf rund 4000 Quadratmeter Dachfläche. Ein weiterer Ausbau der PV-Anlage ist beim nächsten Sanierungsabschnitt in Planung. „Wir streben an, die Hälfte des Strombedarfs zukünftig selbst zu erzeugen“, sagt Steffen Scheuermann. Um die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern weiter voranzutreiben, prüfe man derzeit die Möglichkeit, Teile der Firma mittels Geothermie und moderner Wärmepumpentechnik zu beheizen. Nach den Worten von Scheuermann bedeutet die Umsetzung dieser Maßnahmen eine große finanzielle und organisatorische Herausforderung für das Unternehmen.

Bei den FN-Recherchen zu diesem Artikel haben wir auch festgestellt, dass nicht alle Unternehmen bereitwillig über ihre Energiesparmaßnahmen Auskunft geben. Mehrmals bittet man uns, von einer Berichterstattung über einen Betrieb abzusehen. Einmal lautet die Begründung: Bald stünden Tarifverhandlungen an, da wolle man im Vorfeld keine Unruhe bei der Belegschaft erzeugen.

Dass manch Unternehmer vorsichtig bei diesem Thema ist, könnte der allgemein schwierigen Situation auf dem Energiemarkt geschuldet sein. „Die Lage ist teilweise dramatisch“, stellt Matthias Schmitt, Pressesprecher der IHK Rhein-Neckar, fest. „Es gibt Unternehmen, die bekommen keine Anschlussverträge für Gas.“

Produktion gestoppt

Außerdem könnten Firmen die gestiegenen Kosten nicht immer vollständig an ihre Kunden weitergeben. So hätten bereits im Sommer in einer bundesweiten Umfrage 16 Prozent der Industriebetriebe angegeben, aus Kostengründen ihre Produktion gestoppt oder heruntergefahren zu haben. Deshalb sei der Gasverbrauch in der Industrie gegenüber dem Vorjahr um rund 20 Prozent zurückgegangen. „Es ist dramatisch, was an Wertschöpfung und damit an Wohlstand verlorengeht“, sagt Schmitt. Generell stellt die IHK fest, dass die Nachfrage von Unternehmen nach Beratung zum Thema „Energiesparen“ stark zugenommen habe. Viele Maßnahmen ließen sich allerdings in der Regel nicht so schnell umsetzen.

Christoph Schneider, Geschäftsführer von „OKW Gehäusesysteme“ in Buchen, macht seinen Mitarbeitern keine konkreten Vorgaben zum Energiesparen. „Wir geben keine festen Temperaturen vor“, sagt er. „Wir versuchen generell, die Anzahl der Regeln so klein wie möglich zu halten.“ Stattdessen appelliere man an die Mitarbeiter allgemein, Energie zu sparen.

Die OKW-Geschäftsführung beschäftigt sich schon seit vier Monaten mit dem Thema. Denn als Unternehmen im Bereich der Medizintechnik müsse man aktiv Risikomanagement betreiben. Das Bürogebäude beheize man mit einer Wärmepumpe. Sollte diese nicht ausreichen, wurde bisher automatisch eine Gasheizung zugeschaltet. Künftig werde man dies manuell tun, wenn es wirklich nötig sei.

Die Beleuchtung habe das Unternehmen schon auf LED–Technik umgestellt. Außerdem habe man die Zyklen der Bewegungsmelder reduziert.

Energiekosten verdreifacht

Nach Angaben von Christoph Schneider benötige „OKW Gehäusesysteme“ rund 930 000 Kilowattstunden Energie im Jahr. Davon entfielen etwa zwei Drittel auf Öl als Energieträger, jeweils ein Drittel auf Strom und Gas. Seit 2015 habe man den Energieverbrauch um 15 Prozent reduziert. In diesem Jahr würden sich die Kosten gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich verdreifachen, obwohl man nicht mehr verbraucht habe.

Redaktion

Ressortleitung Reporterchef und Leiter der Sportredaktion

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten