Neckar-Odenwald-Kreis. Volker Noe steht als Ehrenamtsbeauftragter den Vereinen in der Region mit Rat und Tat zur Seite. Im Interview mit den Fränkischen Nachrichten spricht der 58-Jährige über die Entwicklungen der vergangenen Jahre und darüber, was er sich von der großen Politik für die kleine Vereinswelt wünscht.
Herr Noe, als Ehrenamtsbeauftragter des Neckar-Odenwald-Kreises erhalten Sie viele Einblicke in die Vereinswelt. Was ist Ihnen in den vergangenen Jahren aufgefallen?
Volker Noe: Die Vereinsvorstände werden weiblicher und jünger.
Wie macht sich das bei Ihnen bemerkbar?
Noe: Die Vereine kontaktieren mich häufig, wenn sie Fragen zu Satzungsänderungen haben. Der Trend geht inzwischen hin zum Vorstandsteam, dafür ist eine Änderung der Satzung notwendig. Da bekomme ich dann mit, dass immer mehr junge Leute und auch Frauen in diese Ämter gewählt werden.
Wie hat sich die Zahl der Vereine in den vergangenen Jahren entwickelt?
Noe: Die Corona-Pandemie hat – entgegen meiner Erwartungen – keinen Knacks verursacht. Die Zahl ist weiterhin stabil. Vereinsauflösungen und -neugründungen halten sich die Waage.
Aus welcher „Branche“ kommen die Vereine, die sich neu gründen?
Noe: Das ist unterschiedlich. Natürlich sind viele Fördervereine, gerade für Kindergärten dabei, aber auch Dorf- beziehungsweise Bürgervereine liegen im Trend. Diese werden oft zur Vorbereitung für ein großes Jubiläum gegründet. So war es zum Beispiel im vergangenen Jahr, als in Altheim das 1250-Jahr-Fest gefeiert wurde. Hainstadt feiert dieses Jubiläum in diesem Jahr. Auch dort wurde vor zwei Jahren ein Bürgerverein gegründet.
Neben Neugründungen haben Sie auch Auflösungen genannt. Welche Lösungsansätze gibt es für Vereine, die um ihre Existenz kämpfen?
Noe: Wenn es schon so weit ist, dass die Vereine über längere Zeit um ihre Existenz kämpfen, gibt es eigentlich keine Lösung mehr. Den Verantwortlichen schlage ich dann vor, einen Knopf an die Sache zu machen. Denn auch wenn der gemeinnützige Verein nicht mehr wirklich aktiv ist und nur noch auf dem Papier existiert, ist es mit Arbeit verbunden. Alle drei Jahre muss man beispielsweise eine Gemeinnützigkeitserklärung abgeben.
Zur Person: Volker Noe
- Volker Noe ist gelernter Vermessungstechniker .
- 2012 wechselte der 58-Jährige in das neu geschaffene Ehrenamtszentrum des Neckar-Odenwald-Kreises.
- Noe ist selbst Vereinsmensch durch und durch . In seinem Heimatort Heidersbach ist er in diversen Vereinen aktiv, unter anderem im Musikverein und bei der Fastnachtsgesellschaft „Hederschboch Dick Do“. Dort ist er seit vielen Jahren Präsident.
- Kontakt zu ihm und zu seinem Team des Ehrenamtszentrums kann man per Mail (ehrenamtszentrum@neckar-odenwald-kreis.de) aufnehmen. mg
Eine Alternative zur Auflösung ist ein Zusammenschluss. Gerade bei Gesangs- oder Musikvereinen ist das beliebt. Hat das in den vergangenen Jahren zugenommen?
Noe: Nein, das passiert eher selten. Die Vereine, für die das eine Option ist, haben sich häufig schon zusammengeschlossen.
Macht es die Politik den Vereinen immer schwerer?
Noe: Sie macht es ihnen auf jeden Fall nicht einfacher. In Sachen Bürokratieabbau, der ja immer wieder versprochen wird, hat sich zum Beispiel noch nichts getan.
Was würden Sie sich von der Politik wünschen, was den Vereinen wirklich helfen würde?
Noe: Wirklich helfen würde die Erhöhung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale sowie ein richtig großer Freibetrag für die Umsatzsteuer. Das ist nämlich die Hauptarbeit eines Vereinskassiers. Ein Fortschritt wäre auch, wenn man die Unterlagen für das Vereinsregister nicht per Post, sondern digital wegschicken könnte.
Sie haben das Thema Digitalisierung gerade schon angesprochen. Wie erhält die Digitalisierung bei den Vereinen immer mehr Einzug?
Noe: Viele Vereine nutzen inzwischen die Sozialen Medien, um auf sich aufmerksam zu machen. Da kommt es aber immer darauf an, wer dafür verantwortlich ist und wie er das umsetzt. Ein weiteres Thema ist gerade die E-Rechnung. Damit muss man sich in Zukunft auch beschäftigen.
Was sind die häufigsten Themen, die bei Ihnen aufschlagen?
Noe: Ich habe in diesem Jahr bisher schon rund 90 Anfragen von Vereinen bekommen. Etwa die Hälfte davon sind Themen rund um Satzung und Vereinsregister. Das Thema Datenschutz ist dagegen rückläufig.
Gibt es Projekte und Initiativen von Vereinen, die als Vorbild für andere dienen können?
Noe: Es ist immer schwierig, einen Verein herauszuheben. Ich finde es aber toll, dass sich in den vergangenen Monaten so viele Bürger- und Dorfvereine gegründet haben oder gründen wollen. Das stärkt das bürgerschaftliche Engagement, gerade in den kleinen Orten.
Haben Sie Tipps für Vereine, wie sie ihre Angebote so attraktiv gestalten können, dass auch die jüngere Generation angesprochen wird?
Noe: Das steht und fällt mit den Verantwortlichen in der Jugendarbeit und ob und wie der Internet- und Social-Media-Auftritt des Vereins gepflegt wird. Darüber erreicht man heutzutage die jungen Menschen. Ein Patentrezept dafür gibt es aber nicht.
Wo sehen Sie die Vereinswelt in zehn Jahren?
Noe: Nach der Corona-Pandemie war ich sehr pessimistisch, aber inzwischen bin ich wieder richtig optimistisch. Es ist schön zu sehen, dass wieder mehr junge Menschen bereit sind, ein Vorstandsamt und damit Verantwortung zu übernehmen. Von daher bin ich guter Dinge, dass unsere Vereinswelt auch in zehn Jahren immer noch so bunt und rege wie momentan sein wird.
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