Jobcenter in Buchen - Projekt "Leila 50 Plus" hilft Arbeitslosen eine Anstellung zu finden / Vier "Leila"-Bewerber sprechen über ihre Erfahrungen

Hoffnungslosen eine Perspektive geben

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Gabriel Schwab
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Bei den einen hat es bereits geklappt, die anderen sind noch auf der Suche nach einem Job. Das Bild zeigt (von links) Hans-Jürgen Radecker und Judit Menz (beide vom Jobcenter in Buchen), Felizitas Berhausen, Hubert Jender und Michael Kruse.

© Gabriel Schwab

Buchen. Arbeitslosen Menschen einen Job zu vermitteln ist unter "normalen" Bedingungen oft ein Problem. Umso schwerer ist es, wenn die betroffenen Personen bereits ein gewisses Alter erreicht haben. "Das fängt ja schon an, wenn man die Stellenanzeigen durchstöbert. Man muss Arbeitserfahrung mitbringen, eine spezielle Ausbildung oder sogar Weiterbildung gemacht haben und ein gewisses Alter darf man obendrein auch nicht überschreiten", sagt der Arbeitssuchende Michael Kruse.

Einzigartige Kompetenzen

Das Projekt "Leila 50 plus" setzt sich eben für solche Menschen ein und versucht denen eine Perspektive zu geben, die eigentlich perspektivlos sind. "Jeder Mensch bringt seine einzigartigen Kompetenzen mit", weiß Jobcenter-Mitarbeiterin Judit Menz. "Wenn Menschen aber schon eine Weile arbeitslos sind, sind sie oft entmutigt und ihr Selbstwertgefühl ist angekratzt."

Deswegen gelte es, dieses wieder aufzubauen. Dabei setze sie auf drei Säulen: Weiterbildung, Gesundheitsförderung und Wohlfühlaspekte. Weitergebildet werden die Menschen in vielen Bereichen. Unter anderem in Computerkursen. Auch eine gesunde Ernährung sei sehr wichtig. Regelmäßig veranstalte man Aktionen wie Ausdauerläufe, für welche die Teilnehmer ein Zertifikat erhalten. Unter den Aspekt "Wohlfühlen" fallen viele Dinge. Vor allem aber gemeinsame Ausflüge - beispielsweise zu Betrieben in der Region.

Psychosozialer Aspekt

"Solche Veranstaltungen sind wichtig und in der Regel echt klasse. Vor allem, weil man mal aus der sozialen Isolation herausgeholt wird", meint Michael Kruse. Denn um einen eigenen Ausflug zu machen, fehle oft das nötige Kleingeld. Der psychosoziale Effekt, so Menz, spiele eine große Rolle.

Das kann auch Felizitas Berhausen bestätigen, die seit einigen Monaten einer neuen Arbeit nachgeht und endlich wieder vollkommen zufrieden ist: "Ich bin sehr dankbar, dass ich wieder eine Beschäftigung habe. Und auch dafür, dass ich zwei gesunde Füße habe, um sie täglich aus dem Bett zu schwingen und zum Arbeitsplatz zu bewegen", freut sich die 61-Jährige, die bei ihrem Job in der Katholischen Sozialstation in Mosbach täglich mit Menschen zu tun hat, "die dazu physisch nicht mehr in der Lage sind".

Weniger Glück bei der Arbeitssuche hat bislang Hubert Jender. Der ausgebildete Mechaniker und langjährige Taxifahrer ist derzeit arbeitslos. "In meinem Beruf hat sich einfach viel geändert. Ich bin mir zwar sicher, dass ich das Meiste noch kann, aber ich bin schon zu lang draußen, als dass mich noch jemand einstellen würde." Den Kopf in den Sand stecke er deswegen jedoch nicht. Der langjährige Taxifahrer will wieder ins Geschäft einsteigen: "Mein Traum wäre es, als Chauffeur eines hochkarätigen Unternehmers zu arbeiten, der auch mal jemand für kultivierte Gespräche sucht. Aber natürlich bin ich kein Träumer."

Doch es würde ihm schon reichen, einen Arbeitgeber zu finden, der ihm in der Anfangszeit mit etwas Nachsicht, Geduld und Toleranz entgegenkommt. "Das ist überhaupt ein großes Problem", so Menz. "Die Erwartungen und das Arbeitspensum sind heute sehr hoch." Darum müsse man bereits vor den Bewerbungsgesprächen als "Vorbote" fungieren, eine geeignete Produktionsstätte finden und mit den Arbeitgebern sprechen.

Denn nicht alle kämen den Arbeitssuchenden mit dem geeigneten Feingefühl entgegen und steckten die Menschen schnell in eine Schublade, weiß Menz. "Ich war vor kurzem in einem Altenheim und fragte, ob ich dort ein wenig helfen kann, die Patienten zu beschäftigen. Das hätte ich mir vielleicht sogar als Praktikum anrechnen lassen können. Aber das wollte man dort nicht", so Jender.

Mehr Glück in dieser Hinsicht hatte Heinz Zoller. Er machte mehrfach Praktika in sozialen Einrichtungen. Heute hat er eine Anstellung im Pflegezentrum St. Josef in Waldhausen. "Herr Zoller ist ein Aushängeschild unserer Arbeit. Er war sehr lange schwer krank und arbeitslos. Als er das erste Mal bei mir war, sah er aus wie ein Häuflein Elend. Er war schwach und orientierungslos. Heute hat er sein Leben aufgeräumt, Fuß gefasst und sich zu einem pflichtbewussten und wertgeschätzten Arbeitnehmer gemausert", erzählt Menz.

Doch das sei bei weitem nicht der einzige Erfolg, den das Projekt "Leila 50 plus" zu verzeichnen habe. Allein in diesem Jahr habe man in Mosbach und Buchen knapp 100 Jobs vermitteln können, so Uwe Juszczak vom Jobcenter.

Über einen besonders kuriosen Fall berichtet sein Kollege Hans-Jürgen Radecker. Dieser verschaffte einem Mann Arbeit, der weder einen Schulabschluss noch eine Ausbildung vorweisen konnte. Was er jedoch gehabt habe, war ein Drogenproblem, ein ungepflegtes Erscheinungsbild und keinen Glauben mehr an sich und seine Fähigkeiten.

Erst durch langwierige Gespräche mit einem potenziellen Arbeitgeberhabe er diesen überzeugen können, den Mann einzustellen.

Vor einer Weile sei er, der Arbeitsvermittler, dem einstigen Arbeitslosen beim Einkaufen begegnet. "Er hat ein ganz anderes Auftreten gezeigt und hat sich bei mir für unseren Einsatz bedankt. Das war ein schöner Moment für mich, der nie stattgefunden hätte, wenn man ihn trotz aller Aussichtslosigkeit aufgegeben hätte", so Radecker.

Veranstaltung in der Stadthalle

Aufgeben will auch Hubert Jender nicht. Am 22. Oktober veranstaltet das Jobcenter Neckar-Odenwald ein Rockkonzert in der Stadthalle Buchen. Dort treffen viele Arbeitgeber und "Leila 50 Plus"-Bewerber aus der Region aufeinander.

Für Jender die perfekte Chance einen Job zu finden. "Da muss ich mir ein konkretes Konzept erstellen, wie ich am besten vorgehe, um einige ,Connections' herzustellen. Wie ich mich und meine Stärken gut verkaufe, das habe ich bei ,Leila' ja gelernt."

Das Projekt "Leila 50 Plus"

  • "Leila 50 Plus" ist ein Projekt des Jobcenters, das sich um die Vermittlung von Arbeitslosen im Alter von über 50 Jahren dreht.
  • Die Standorte Buchen und Mosbach kümmern sich um 400 Arbeitslose. 100 davon konnte man allein in diesem Jahr bereits einen Arbeitsplatz verschaffen.
  • Auch nach der Jobvermittlung kümmert man sich noch um die "Leila"-Bewerber.
  • Beispielsweise in puncto "Mobilität", welche für viele eine Riesenhürde darstellt.
  • Ebenso werden psychosoziale Aspekte stark berücksichtigt - beispielsweise das soziale Umfeld der Arbeitssuchenden und ihre Motivation.
  • Auch untereinander helfen sich die Arbeitslosen, wo es geht. Michael Kruse ist zum Beispiel der ausgewiesene Computerfachmann, der des Öfteren mal von seinen "Leila"-Mitbewerbern, aber auch Mitarbeitern zu Rate gezogen wird.
  • Obwohl die Arbeitssuchenden oft eine solide Ausbildung und deutliche Stärken haben, ist es ihnen aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters nicht möglich, eine Arbeit zu finden.
  • Spezielle Seminare und Weiterbildungen helfen, die eigenen Kompetenzen besser zu präsentierten. gs

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