Buchen. Das Handy weglegen, Nachrichten ausblenden, Kerze an, Tee einschenken oder etwas Stärkeres. Und dann die „Sofa Songs“ von Café del Mundo auflegen. Die pure Wohltat. Jan Pascal und Alexander Kilian haben den November genutzt und eine schöne Sammlung für Abende eingespielt, wie wir sie jetzt wieder öfter haben: daheim auf dem Sofa.
Zwölf persönliche und ganz unterschiedliche Lieblingssongs haben die beiden Buchener Gitarristen für die senfgelbe Couch arrangiert. Zart startet die CD mit einem hingetupften Arrangement von „Claire de Lune (Claude Debussy), überraschend anders geht es weiter mit einer Interpretation von „A sky full of stars“ (Coldplay). Die ganze Virtuosität der beiden Buchener wird bei Astor Piazzollas „Fuga y misterio“ hörbar.
„Musik, die samtig berührt“
„Musik, die uns samtig berührt“, schreiben die beiden Gitarristen im Booklet zur CD. „Sie schafft einen Raum gegen die Unwirklichkeit, sie hüllt uns in Geborgenheit“. Das ist nicht gelogen.
Nicht nur die Interpretation von Johann Sebastian Bachs „Schafe können sicher weiden“ ist zum Dahinschmelzen. Auch was Pascal und Kilian aus „Forrest Gump“ (Alan Silvestri) machen, ist begeisternd. Fast zu viel Zartheit, ist das doch Kitsch? Kann sein. Und wenn schon. In Zeiten wie diesen darf es auch einmal einfach nur schön und zum Träumen sein. Für das starke CD-Cover haben Jan Pascal und Alexander Kilian auf einer gelben Velours-Couch Platz genommen, die bei Franz Fertig in Buchen angefertigt und kurzerhand in einen dichten alten Wald gestellt wurde. Daneben eine 20er-Jahre-Stehlampe und darauf die beiden Gitarristen, mit Zeitung und Getränk, von Instrumenten dieses Mal keine Spur.
Mit Gitarren und bei der Arbeit an den „Sofa Songs“ kann man die beiden auf der Homepage www.cafedelmundo.de erleben: Ein Konzert auf Schloss Neuhaus bei Sinsheim wurde mitgeschnitten und kann dort angeschaut werden.
Konzerte abgesagt
Auftritte vor Publikum sind allerdings aktuell dünn gesät: Innerhalb weniger „schwarzer“ Tage wurden Ende November angesichts der verschärften Corona-Vorgaben viele fest vereinbarte Mundo-Termine im Dezember, Januar und Februar von den Veranstaltern storniert oder weit nach hinten verlegt – den Verlust beziffert Jan Pascal mit 38 000 Euro. Also wieder ein Quasi-Lockdown und kaum Einnahmen für die Künstler.
Betroffen war auch das winterliche Heimspiel in der Kirche St. Oswald Buchen, bei dem ein SWR-Filmteam für den del-Mundo-Musikfilm „Winterhauch“ aufzeichnen sollte. Immerhin ist es gelungen, die Aufnahme in die Einhardsbasilika in Michelstadt zu verlegen. Publikum war da aber nicht mehr dabei.
Nur mit Glück sind die „Sofa Songs“ noch planmäßig aus der Pressung gekommen. Denn auch das ist angesichts der Rohstoffknappheit nicht selbstverständlich. Die Vinylplatte „Guitar Super Nova“, die für 16. November angekündigt war, kommt deshalb erst Mitte Februar auf dem bandeigenen Label „vision-in-music“.
Schon im Juni hatte sich Café del Mundo vom Streamingdienst Spotify, das den Künstlern nur Centbeträge der Einnahmen aus ihrer Musik überließ, verabschiedet. Die Gitarristen programmierten stattdessen eine eigene Streaming-App, die „mundo-app“.
Für Jan Pascal ist das ein Statement: „Eine andere Welt ist möglich. Wir müssen es einfach tun wollen.“ Inzwischen mache sich die „mundo-app“ sehr gut. „Umsatz und Gewinn sind im direkten Vergleich zu Spotify geradezu gigantisch.“ Fazit: Die „Mundos“ lassen sich nicht unterkriegen.
Appell an die Politik
Die Hoffnung, von der Politik unterstützt zu werden, hält sich dabei allerdings in Grenzen: Immer wieder weisen Kilian und Pascal darauf hin, dass die Kulturbranche viele Menschen beschäftigt und hohe Wertschöpfung abliefert. Deshalb fordern sie – analog zur Unterstützung der Automobilindustrie – eine „Abwrackprämie“ für alte CDs und Platten. Drastisch führen sie vor, wie das aussieht: Eine Walze macht die Musik platt, verbunden mit einem Appell der Musiker an die Politik (https://www.youtube.com/watch?v=dpOASTa1LlQ).
In den nächsten Tagen öffnet Café del Mundo die Türen des Tonstudios in Buchen, Prof.-Dr.-Albert-Straße 10, und verwandeln es in einen Pop-up-store.
Unter 2G-Bedingungen können Musiksuchende CDs, Vinyls und anderes „direkt vom Erzeuger“ erwerben, in der Regel täglich von 9 bis 18 Uhr.
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