Kriminalität - Verein „Sicherer Neckar-Odenwald“ feiert sein 20-jähriges Bestehen. Die Maßnahmen haben zu niedrigeren Zahlen bei manchen Delikten geführt

Buchen: Vorbeugen ist besser als bestrafen

Von 
Martin Bernhard
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Landrat Dr. Achim Brötel, Polizeipräsident Hans Becker und Revierleiter Werner Broßmann (von links) stellten sich den Fragen von Friederike Kroitzsch. © Martin Bernhard

Neckar-Odenwald-Kreis. Der Verein „Sicherer Neckar-Odenwald-Kreis“ hat am Dienstagabend sein 20-jähriges Bestehen im Seitenbacherforum in Buchen gefeiert. Bei einem Podiumsgespräch mit Moderatorin Friederike Kroitzsch blickten Landrat Dr. Achim Brötel, Polizeipräsident Hans Becker und Revierleiter Werner Broßmann auf das Erreichte zurück. Zu Beginn stimmte Sarah Pfannenschwarz die Gäste der Veranstaltung mit drei Solo-Gesangsvorträgen auf den Abend ein.

„Prävention setzt bei der Ursache an, Repression bei der Wirkung“, stellt Hans Becker fest. Denn Repression, also Bestrafung, soll unter anderem abschreckende Wirkung entfalten. Allerdings ist die Tat dann schon verübt. Das Ziel präventiver Maßnahmen liege dagegen darin, Straftaten zu vermeiden. „Der Neckar-Odenwald-Kreis ist einer der ersten Landkreise, der dieses Thema aufgegriffen hat“, sagt Becker. Kroitzsch bezeichnet Broßmann als „Präventionspapst“ des Landkreises. „Wie lässt sich der Erfolg von Vorbeugung messen?“, fragt die Moderatorin den Leiter des Polizeireviers Buchen.

Aktion hat Wirkung gezeigt

Werner Broßmann führt als Beispiel die Aktion „Feste feiern – aber richtig“ an. Der Einführung dieses Projekts war vorangegangen, dass viele Gewaltdelikte von Jugendlichen im Umfeld von Festen und Tanzveranstaltungen begangen wurden. Zwei bis drei Jahre nach Start dieser Aktion seien die Straftaten in diesem Bereich deutlich zurückgegangen.

Brötel weist darauf hin, dass das Angebot des Vereins auf große Resonanz stoße, auch bei Schülern. So sei es bei einer Veranstaltung über den Tod eines 18-Jährigen bei einem Verkehrsunfall „mucksmäuschenstill“ im Raum gewesen. Friederike Kroitzsch vermutet, dass Menschen besonders sensibel für präventive Maßnahmen seien, wenn sie sich davon besonders betroffen fühlten, zum Beispiel, weil in ihrem Umfeld eine Straftat verübt worden ist.

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Becker bestätigte diesen Eindruck. Werde im Nachbarort eingebrochen, kümmerten sich mehr Menschen um die Sicherheit ihrer Häuser. Man könne sich dazu bei der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle Informationen geben lassen. Auch bei Telefonbetrügereien würden Aufklärungsveranstaltungen helfen. Dabei arbeitet der Verein mit Senioren-Organisationen zusammen.

Als „Leuchtturmprojekt“ bezeichnet Becker den Zivilcouragepreis, den der Verein jedes Jahr vergibt. „Wir haben noch nie das Problem gehabt, genügend Preisträger zu finden“, stellt Becker fest. Man wolle allerdings „keine Helden züchten“, sondern erreichen, dass die Leute hinschauen, wenn etwas passiert, und dann die Polizei verständigen. So sei dank der Zivilcourage von drei Menschen vor einigen Jahren in Mudau eine Vergewaltigung verhindert worden.

Mit seiner Arbeit setzt der Verein schon bei Kindern an. Nach den Worten von Becker ist Erziehung im digitalen Bereich sehr wichtig. Hier komme es allerdings auch auf die Eltern an. Deshalb kläre man diese auch über Möglichkeiten und Gefahren im Netz auf, damit sie mögliche Gefahren für ihre Kinder besser einschätzen könnten. Auch der Landkreis ist in diesem Bereich aktiv. Achim Brötel weist auf sogenannte „Digitale Elternabende“ hin. „Man glaubt es kaum, was Kinder für Fotos von sich verschicken“, sagt der Landrat. Das Thema „Hass und Hetze im Netz“ werde immer wichtiger, meint Hans Becker. „Im Netz fängt es an, dann geht es womöglich draußen weiter.“

Auch Senioren im Blick

Im Bereich „Verkehrssicherheit“ hat der Verein nicht nur junge Leute im Blick, sondern auch Senioren. So seien Aktionstage zum Thema „Medikamente und Fahrtüchtigkeit“ sehr gut besucht. „Senioren sind im Straßenverkehr noch nicht das Problem“, stellt Becker fest. Zwar hätten Unfälle mit dieser Personengruppe zugenommen, aber nicht sehr stark. Hingegen werde man sich verstärkt an Senioren richten, die mit E-Bike unterwegs sind. Broßmann wies darauf hin, dass die Verkehrswacht ein Verkehrssicherheitstraining für Senioren anbiete.

In den nächsten 20 Jahren will der Verein seine erfolgreiche Arbeit fortsetzen. „In der Prävention muss man lange an Themen dranbleiben“, sagt Hans Becker. „Auf aktuelle Themen muss man kreativ reagieren.“ Dem pflichtete Werner Broßmann bei. Der Verein müsse weiterhin sich an Zielgruppen und Delikten orientieren. Landrat Brötel wünschte sich deutlich mehr Kooperationspartner. Er denkt hierbei an Vereine, Jugendclubs, Senioren-Organisationen und Unternehmen.

Redaktion

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