„Goldener Mai” - Mehrere tausend Besucher beim ersten „Goldenen Mai“ in der Buchener Innenstadt

Buchen vor 50 Jahren: Als die Halbe Bier 50 Pfennige kostete

Von 
Martin Bernhard
Lesedauer: 
1972 fand der erste „Goldene Mai“ in Buchen statt. Menschenmassen bevölkerten an jenem Tag die Innenstadt. © Bernhard

Buchen. Vor 50 Jahren, am 6. Mai 1972, fand in Buchen der erste „Goldene Mai“ statt, das erste Einkaufsfest in der Region. In der Innenstadt drängten sich damals die Menschen. Der „Goldene Mai“ wurde zum Vorbild vieler ähnlicher Einkaufsfeste, die in den folgenden Jahren in der Umgebung geschaffen wurden, wie das Blumen- und Lichterfest in Walldürn oder der „Mosbacher Frühling“.

„Einkaufsfest der Superlative“

„Einkaufsfest der Superlative“, titelten die Fränkischen Nachrichten am Montag, 8. Mai 1972. Der Autor, Rudi Arnold, berichtete über „viele tausend Besucher“, die zwei Tage zuvor in die Buchener Innenstadt geströmt waren. Die Marktstraße war damals noch für den motorisierten Verkehr freigegeben. An jenem Tag wurde sie zur Fußgängerzone. Dennoch mussten die Besucher immer wieder auf den Gehweg ausweichen, denn die Straße blieb „Blumenmarkt, Gartenmöbeln in allen Variationen, einem kleinen Kinderparadies, einer Fiat- und Opelschau vorbehalten“.

Der Buchener Marktplatz wurde zum Biergarten. Die Halbe kostete 50 Pfennige. © Picasa

Außerdem berichtete der FN-Autor von einer Pizza-Bar, einer Autorennbahn, einem Uhren- und Schmuckmarkt und einer Kinderrutschbahn. Die Distel-Brauerei, wie sie damals noch hieß, veranstaltete auf dem Marktplatz ein „Original Fränkisches Bierfest“, wo die Halbe 50 Pfennige kostete. Nach Angaben des Berichterstatters schenkte die Brauerei 80 Kasten ihres neuen Biers der Marke „Youngstar“ gratis aus. Außerdem wurden zusätzlich 2000 Halbe gezapft. „Um 17 Uhr waren die Fässer leer und zehn Hektoliter getrunken“, stellte Rudi Arnold fest.

Außerdem berichtete er über einen Südfrüchteshop, einer Münztausch- und -kaufaktion und von der Waffenausstellung im Bezirksmuseum. Im Odeon-Kino zeigten die Betreiber ohne Unterbrechung Filme. Und in den Arkaden des Alten Rathauses verkauften überwiegend Kinder an Flohmarktständen ihre Sachen. Außerdem konnte man dort Gemälde kaufen.

Damals wie auch in den folgenden Jahren zog die Sparkasse mit ihrem Angebot viele Besucher an. Wer dort Wein trank, bekam das dafür notwendige Glas geschenkt. 600 Liter Wein wurden damals innerhalb von acht Stunden ausgeschenkt und 3000 Gläser ausgegeben. „Man fühlte sich geradezu in südländische Gefilde versetzt, und man fühlte sich wohl“, fasste Arnold seine Empfindungen beim ersten „Goldenen Mai“ im Jahr 1972 zusammen. Das damals noch eintägige Einkaufsfest endete um 20 Uhr mit einer „Buchener Party“ in der Frankenlandhalle.

Veranstalter des Festes waren der Gewerbeortsverband und der Werbering „Buchener Geschäfte“, der mit dem Slogan „Das Kaufhaus im Odenwald. Wo Einkaufen so vernünftig ist“, warb. Wolfgang Volk, ehemals Inhaber der gleichnamigen Buchhandlung, ist einer der wenigen Zeitzeugen, die damals ein Geschäft in der Innenstadt führten.

Mehr zum Thema

Verkaufsoffen

Erster Aktivsonntag in Buchen

Veröffentlicht
Von
Martin Bernhard
Mehr erfahren
Am Sonntag, 8. Oktober, geht es in der Innenstadt rund

„Buchener Aktivsonntag“

Veröffentlicht
Von
pm
Mehr erfahren

Der „Goldene Mai“ sei damals mit einem Empfang und einem Gang durch die Stadt eröffnet worden, erinnert er sich. An einem Sommertagsumzug nahmen nach Angaben von Rudi Arnold mehrere hundert Kinder teil. Franz Eßbauer begrüßte als Vorsitzender des Gewerbeortsverbandes die Gäste, Rolf Ritz als Sprecher des Werberings. Dem Artikel von Rudi Arnold ist zu entnehmen, dass an der Eröffnung auch Alfred Uhr, Geschäftsführer des Landesgewerbeverbands, teilnahm. Dieser lobte die „Tüchtigkeit“ der Buchener Geschäftsleute. Alle Redner freuten sich über das gute Wetter.

„Kritik wurde an der Abwesenheit des Buchener Stadtoberhauptes laut, das auch niemanden mit einer Vertretung beauftragt hatte“, schrieb Arnold. Bürgermeister war damals Wilhelm Braun, der in den Augen vieler Buchener eine unrühmliche Rolle beim Verlust des Kreissitzes und der Gemeindereform gespielt hatte. Nach den Worten von Volk sei der „Goldene Mai“ auf Vorschlag des damaligen Sparkassendirektors Helmut Wörner entstanden. Dieser nahm sich den Heidelberger Frühling zum Vorbild. Die Geschäftsleute beschlossen, das Wagnis einzugehen und ein auf Buchen zugeschnittenes Einkaufsfest zu veranstalten. „Die Akteure waren damals zwischen 30 und 40 Jahre alt“, sagte Volk. „Und es gab in der Innenstadt noch eine Menge Fachgeschäfte.“

Das bestätigt ein Blick in eine Sonderveröffentlichung anlässlich des Einkaufsfestes. Darin findet man Inserate von seit Jahren nicht mehr bestehenden Geschäften, zum Beispiel von der Drogerie Eiler, der „Odenwälder Bauern-Boutique“ von Erika Hamleh, dem Kaufhaus Schäfer, dem Kaufhaus Keil und von Textil-Krappel. Das Textilhaus Ritz warb mit einer Sonderschau von den „schönsten Modellen vom größten Dirndlhersteller der Welt“ anlässlich der anstehenden Olympischen Sommerspiele in München.

Redaktion

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten