Energie und Klimaschutz

Buchen ist rein rechnerisch autark

Auf der Gemarkung werden aktuell schon 145 Prozent des benötigten Stromverbrauchs erzeugt

Von 
stv
Lesedauer: 
© Stadtverwaltung

Buchen. „Wirksamer Klimaschutz wird global gedacht und lokal umgesetzt – eine Erkenntnis, nach der die Stadt Buchen schon lange handelt. In enger Kooperation mit den Buchener Stadtwerken informieren sich die Verantwortlichen regelmäßig über neue Techniken mit dem Ziel, Ressourcen zu sparen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Buchen.

Wer einen Ist-Zustand analysieren und verbessern will, müsse Basiswissen haben. Deshalb werde die erzeugte und verbrauchte Energie auf der Gemarkung Buchen jährlich dokumentiert. Besonderes Augenmerk liege auf dem Stromverbrauch, denn durch die verstärkte Elektrifizierung von Verkehr und Heizung steige dieser Verbrauch kontinuierlich.

Aus dem Bericht 2022 ergebe sich in Buchen eine installierte Windkraftleistung von 19 Megawatt (MW) Strom, den die beiden Windräder auf dem „Eulsberg“ und die fünf Anlagen im „Großen Wald“ bei Hettingen erzeugen. Weitere vier Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 13,8 MW wurden Anfang des Jahres in Hainstadt auf der Gemarkung „Welschenberg“ ans Netz gebracht. Dort angrenzend will die Firma ABO Wind bis zu elf weitere Anlagen mit einer Gesamtleistung von bis zu rund 77 MW bauen, die 2027 in Betrieb gehen sollen. Und im „Windpark Buchen“ plant die Windenergie S + H GmbH aus Hettigenbeuern zwischen Unterneudorf, Hollerbach, Oberneudorf und Einbach fünf Windräder mit einer Gesamtleistung von rund 30 MW. Hier laufen noch naturschutzrechtliche Untersuchungen.

Mehr zum Thema

Sondergebiet

„Solarpark Wiebelbach“ kommt voran

Veröffentlicht
Von
Birger-Daniel Grein
Mehr erfahren

Die vielen Photovoltaikanlagen im Stadtgebiet haben eine Leistung von rund 31 216 Kilowatt (kW). Weil Wind und Sonne keine konstante Leistung liefern können, unterstützt eine Biogasanlage mit 75 kW und ein Biomassekraftwerk mit 7325 kW deren unregelmäßige Stromeinspeisung mit „grundlastfähigem“, das heißt konstant erzeugtem Strom.

1200 PV-Anlagen

Die Stadtwerke Buchen sind in Sachen Klimaschutz über die Buchener Stadtgrenzen hinaus aktiv, unter anderem mit Beteiligungen am Energiepark Neusaß, einer Freiflächen-Photovoltaikanlage, sowie am Windpark in Suckow/Brandenburg. Als Dienstleistungsunternehmen haben die Stadtwerke seit 2001 rund 1200 PV-Anlagen in der Region gebaut.

Insgesamt wurden im Jahr 2022 also insgesamt 113 284 163 kWh regenerativer Strom (33 Prozent Wind, 44 Prozent Biomasse, 23 Prozent PV) gemäß dem Erneuerbare Energien-Gesetz erzeugt. Dem gegenüber steht ein gemessener Gesamtverbrauch von 78 309 788 kWh (private Haushalte, Handwerk, Landwirtschaft und Industrie).

Quote soll steigen

„Auf der Gemarkung werden aktuell schon 145 Prozent des benötigten Stromverbrauchs erzeugt – damit ist Buchen rein rechnerisch autark und könnte regenerativ erzeugten Strom abgeben“, sei wichtigste Botschaft. Da der eigenerzeugte und direkt verbrauchte Strom nicht umfänglich erfasst werde, liege die Quote sehr wahrscheinlich noch höher. Das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht: Mit den neu errichteten Windrädern in Hainstadt wird die Quote im laufenden Jahr auf fast 180 Prozent steigen. Damit liegt Buchen weit über den geforderten Zielen – 80 Prozent erneuerbarer Strom im Jahr 2030 – der Bundesregierung. Die Stadt steuere also schon heute einen wichtigen überregionalen Beitrag zum Klimaschutz bei.

Buchen mache weiter und treibe auch den Bau von PV auf ihren städtischen Gebäuden voran. Der Eigenbetrieb der Stadt Buchen, die Energie- und Dienstleistung Buchen (EDB) hat neben den vorhandenen PV-Anlagen auf dem Burghardt-Gymnasium Buchen (130 kW), der Mehrzweckhalle Hainstadt (106 kW), der Friedhofskapelle in Buchen (30 kW) im Jahr 2023 weitere Anlagen auf den Kläranlagen in Einbach (9,4 kW) und Waldhausen (20,6 kW), auf der Karl-Trunzer-Schule (29,6 kW) und auf dem Kindergarten „Wirbelwind“ (90,2 kW) errichtet. Weitere Anlagen sind in Planung.

Fläche in Rinschheim

Beim Thema Freiflächen-Photovoltaikanlagen hat Buchen verbindlich festgelegt, dass bis zu 90 Hektar Grund diesem Zweck zur Verfügung gestellt werden können. Bei einem entsprechenden Verfahren konnten sich 2022 potenzielle Projektentwickler oder Eigentümer bewerben. In diesem Zusammenhang habe der EDB mit der ZEAG Energie AG aus Heilbronn die EE Bürgerenergie Buchen GmbH & Co. KG gegründet und eine 20 Hektar große Fläche von geringer Bodenqualität in Rinschheim identifiziert. Dort soll mit Einverständnis des Ortschaftsrates bis 2026 eine Photovoltaikanlage mit rund 20 Megawatt Leistung entstehen. Laut Andreas Stein, technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Buchen GmbH & Co KG, wird dort auch ein neues Umspannwerk entstehen, an das zusätzliche Projekte angeschlossen werden können.

Eine 17 Hektar große Fläche im Götzinger Gewann „Rödern“ erfüllt ebenfalls die Voraussetzungen des vom Gemeinderat beschlossenen Kriterienkatalogs für Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Weitere PV-Freiflächenanlagen sind in Hainstadt und in Bödigheim geplant. Perspektivisch sei vor diesem Hintergrund eine EEG-Einspeisungs-Quote der Gesamtstadt Buchen von bis zu 500 % realistisch.

Pläne gibt es auch zum Thema Agri-Photovoltaik. Dabei werden Flächen für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion (Photosynthese) und die PV-Stromproduktion (Photovoltaik) gleichzeitig genutzt. Die Stadtwerke Buchen werden mit den Stadtwerken Walldürn und Landwirten eine Agri-PV-Pilotanlage mit 2,9 MW in Neusaß errichten. Geplant ist die im Abstand von rund neun Metern erfolgende Installation von bifacialen (beidseitig PV-aktive), senkrecht stehenden Solarmodulen in Ost-West-Ausrichtung. Der Vorteil: Die versiegelte Fläche beträgt nur rund ein Prozent und die bebaute Fläche wird um das Sieben- bis Achtfache geringer sein als bei einer klassischen PV-Freiflächenanlage. Zwischen den Modulen ist Landwirtschaft eingeschränkt weiter möglich.

Je nach Kultur könne Agri-Photovoltaik sogar eine doppelte Antwort auf den Klimawandel sein: Empfindliche Pflanzen wachsen dank Beschattung und Windschutz durch die Module besser und gleichzeitig wird sauberer Strom produziert. Die Inbetriebnahme ist zum Jahreswechsel 2024/25 geplant.

stv

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten