Die Umpferpfortzer starten in den närrischen Endspurt. Seit 25 Jahren bereichern die Guggenmusiker die Fastnachtssession rund um Boxberg.
Boxberg. Die Stimmung ist prächtig bei der Ausschusssitzung der Umpferpfortzer. Es wird viel gelacht und gefrotzelt. Guggenmusik ist eindeutig mit viel Spaß verbunden und nichts für ernste Gemüter.
Hinter den Umpferpfortzern steht eine Truppe aus 42 Mitgliedern, die mit ihren Instrumenten für ein buntes und auch lautstarkes Spektakel sorgt: Trompete und Posaune, Sousafon und Schlitztrommel, Saxofon und Lyra mischen sich zu einem spannenden Klang, der schön schräg sein darf. Guggenmusik eben. Ob rockige Nummern oder Fastnachtsschlager – gespielt wird, was gefällt und Laune macht. Das Lieblingslied ist derzeit „Trunken Sailor“. „Das könnten wir den kompletten Umzug spielen“, erzählt Trommler Rico Gundel, der als Vorsitzender sein Wohnzimmer gerne für die Ausschusssitzung zur Verfügung stellt.
Vollgas geben
„Vollgas geben in 30 Minuten und die Leute begeistern.“ Das ist das Erfolgsrezept der Guggenmusiker. Dazu gehört für sie auch die Optik mit einem passenden Kostüm und geschminkten Gesichtern. Während der Fastnachtzeit seien die Leute gut drauf, einfach lockerer und hätten Lust aufs Feiern. „Und wir erleben sehr viel“, fügen die Ausschussmitglieder lachend an.
Wer mitmachen will, muss nicht unbedingt eine fundierte Ausbildung am Instrument haben. „Wir haben jede Menge Quereinsteiger“, sagt Ulrich Wagner. Eine dieser Quereinsteiger ist Hildegard Schenk. Sie hat mit der Rassel angefangen und ist später auf Trompete umgestiegen. „Ich wollte das Instrument schon immer lernen“, lacht sie. Wenn nicht jetzt, wann dann, dachte sie sich und übte ein Jahr lang mit großem Elan. Mittlerweile beherrscht sie die Griffe.
Schlitztrommel selbst gebastelt
„Viele wechseln das Instrument im Laufe der Zeit“, weiß Kathrin Seeberger, die erzählt, dass in der Anfangszeit auch selbst Instrumente gebastelt wurden. Die Schlitztrommel zum Beispiel. Allerdings habe das Ergebnis nicht zufriedengestellt. Besser lief es da schon mit den Kuhglocken, die verschweißt wurden, oder dem Waschbrett, das sich zum Musikmachen ebenso eignet. Ausprobiert haben sie auch schon mal einen Dudelsack. Aber für Umzüge sei das Instrument ungeeignet.
Sonntags wird es laut in der Umpfertalhalle. Dort wird ab September wöchentlich geprobt. Früher trafen sich die Mitglieder in der alten Schule und im damaligen Gasthaus „Deutscher Kaiser“. In den Monaten vor der Fastnachtskampagne werden die neuen Lieder einstudiert. Zwei bis drei pro Saison ist das Ziel. Und das ist mit viel Improvisation verbunden, wie Mike Pfeil erzählt. Denn nach Noten wird nicht gespielt. „Wir hören uns die Stücke an und dann tasten wir uns langsam ran.“ Wenn die Melodie für den Refrain sitze, füge man die Strophen ein. Nicht selten werde das Lied auch „gedreht“, wie Nadine Gundel ergänzt. Wichtig sei aber, dass der Song für die Zuhörer noch erkennbar ist.
Mit Medleys sorgen die Guggenmusiker für ausgelassene Stimmung beim Narrenvolk in Boxberg oder in der ganzen Region. Genau das lieben die Umpferpfortzer an ihrem Hobby. „Es muss nicht akkurat nach Noten gespielt werden“, sagt Bertram Schuhmacher, der auch die Disziplin in einer Musikkapelle kennt. Bei den Pfortzern liebt er das Unkonventionelle. „Fastnacht im Verein ist viel schöner“, finden Mike Pfeil und Markus Laichinger. Und wenn man sie fragt, was sie an der Guggemusik reizt, kommt spontan: „Weil es geil ist.“
Vor 25 Jahren wurde die Guggenmusik in Boxberg aus der Taufe gehoben. Damals wollten einige Elferräte die Prunksitzung der Narrhalla mit einem eigenen Beitrag bereichern. „Und weil man mehr oder weniger musikalisch begabt war, wurde die Idee in die Tat umgesetzt“, sagt Gundel. Der erste Auftritt habe so großen Anklang gefunden, dass eine Fortsetzung folgte. Aus der Gruppierung der Narrhalla ist in der Zwischenzeit ein eigener Verein geworden.
Von den Gründungsmitgliedern vor 25 Jahren ist nur noch einer übrig: Siegfried Wüst. Und auf ihn halten die Umpferpfortzer große Stücke. „Er ist einer der besten Trompeter, die wir haben“, schwärmt Gundel. „Und das macht den Unterschied aus.“ Denn Wüst war auch jahrelang als Dirigent an der Spitze der Musiker und hat sie musikalisch animiert. Mittlerweile hat Dominik Schenkel den Dirigentenstab übernommen.
Auf bis zu 40 Auftritte in der Fastnachtssaison kommen die Musiker. An manchen Tagen stehen sie dreimal auf der Bühne und sorgen für Stimmung beim Narrenvolk. Rund 20 Termine ergänzen außerhalb der Saison den Kalender. Von Geburtstagen über Firmenjubiläen und Polterabenden bis zur Anfeuerung beim ebm-Papst Marathon sind sie unterwegs.
60 Auftritte jährlich
Eine Veranstaltung von Detlef D. Soost in der Mannheimer SAP-Arena bereicherten die Guggenmusiker ebenfalls mit ihrer Kunst. Jüngst war man in Hilpoldstein bei Nürnberg, nächste Woche geht es ins Schwäbische. Und dann erzählt Kathrin Seeberger vom Auftritt bei „Fastnacht in Franken“ vor einigen Jahren. Damals stand man ebenfalls auf der Bühne – allerdings nicht bei der Veranstaltung, die fürs Fernsehen aufgezeichnet wurde.
Der Gemeinschaftssinn wird großgeschrieben bei der Truppe, die sich selbst nicht so ernst nimmt. Bis nach Ingelfingen und Impfingen hat sich der Ruf der Guggenmusik herumgesprochen. Nur rund ein Drittel der Musiker stammt aus Boxberg. Nachwuchssorgen plagen die Boxberger Guggenmusiker nicht. Auch, weil von vielen bereits die Kinder fest miteingebunden sind. „Es stoßen immer wieder Leute zu uns, die Lust haben, mitzumachen“, freut sich Maren Endreß über die große Resonanz. Musik verbinde die Generationen von Kindern bis zu Senioren. „Der Spaß an der Musik steht bei uns im Vordergrund.“
Doch nicht nur in der närrischen Zeit sind die Umpferpfortzer aktiv. Beim Ferienprogramm der Stadt Boxberg wollen sich die Musiker im Sommer wieder beteiligen. Und natürlich wird das Jubiläum im April gefeiert.
Vorher steht aber noch der närrische Endspurt an: am Samstag geht es nach Wäschenbeuren bei Göppingen, am Sonntag nach Laudenbach. Assamstadt am Rosenmontag und der Boxberger Umzug am Fastnachtsdienstag sind Pflichttermine, an deren die Guggenmusiker gerne spielen.
Guggenmusik
Die Guggenmusik wird an Fastnacht gespielt und entstammt dem alemannischen Raum.
Der Begriff „Gugge“ kommt aus dem Alemannischen und bedeutet „Tüte“ . So wird vermutet, dass die Guggenmusiker bei ihrem lautstarken Spektakel zunächst einfache Masken getragen haben - und das sollen Tüten gewesen sein.
Vor allem in der Schweiz ist diese Art der Blasmusik zu hören. In der schwäbisch-alemannischen Fasnet ist sie ein fester Bestandteil.
Bereits im 16. Jahrhundert wurde Guggenmusik gespielt, die laut und schräg war. Angeblich sollte die Musik die Geister des Winters vertreiben.
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