Windischbuch/Neunstetten. Die Kritik am geplanten Neubau des Krautheimer Spediteurs Rüdinger unweit Neunstettens reißt nicht ab. Bereits im Juli vergangenen Jahres berichteten die Fränkischen Nachrichten über Vorbehalte von Bürgern aus Neunstetten und Windischbuch, die mit dem anvisierten Standort nahe des Naturschutzgebiets bei Neun-stetten unzufrieden waren.
Es war damals eine eher kleine Gruppe, so dass durchaus der Eindruck entstehen konnte, dass die Ablehnung des Projekts vielleicht nur von diesen wenigen Umweltfreunden aus den beiden Orten vertreten wird.
Nach der jüngsten Veranstaltung im Dorfgemeinschaftshaus Windischbuch lässt sich dieser Eindruck jedoch nicht bestätigen. Rund 80 Zuhörer füllten das Dorfgemeinschaftshaus bis in die hintersten Reihen, das Interesse an einem Update hinsichtlich des Bauvorhabens schien groß zu sein. Stadträte aus Krautheim und Boxberg, Ortschaftsräte und Bürger aus Neunstetten, Windischbuch und Schwabhausen wollten sich zum aktuellen Stand informieren.
„Diese Veranstaltung soll keine Fronten schaffen oder verhärten, wir wollen einen konstruktiven Weg, der Natur eine Stimme verschaffen und ein gutes Ergebnis für alle Seiten erreichen“, gab Bärbel Berberich-Kratzer, eine der Initiatorinnen, die Richtung vor.
Bau könnte "katastrophale" Wirkung haben
Einleitend stellte Jakob Meyer das geplante Bauprojekt vor. Es soll eine Stückguthalle mit 10 000 Quadratmetern Lagerfläche und Parkplätzen für Lkw und Pkw entstehen. Zusätzlich sollen drei weitere Lagerhallen mit insgesamt 12 000 Quadratmetern und ein Bürogebäude gebaut werden. Letztlich würde, so Meyer, eine versiegelte Fläche von 200 mal 100 Metern gebraucht werden.
Ein solches Vorhaben in der Nähe zum Naturschutzgebiet lehnte Meyer mit drastischen Worten ab. Die Wegnahme einer Versickerungsfläche durch den Bau unweit des Sees wäre „katastrophal“ und könnte sogar eine Austrocknung des Sees mit sich bringen.
Markus Kohler, der im Ortschaftsrat von Windischbuch sitzt, sah vor allem den Aspekt der Verkehrsbelastung kritisch. Bislang kämen rund 1000 Fahrzeuge täglich durch den Boxberger Stadtteil, wobei sich der Verkehr hier vor allem tagsüber bemerkbar mache und nachts abflaut. „Durch dieses Vorhaben wird der Verkehr definitiv mehr, vor allem nachts zwischen ein und drei Uhr dürften es 90 statt bisher 36 Fahrzeugen werden“, schätzt er auf Basis von bisherigen Verkehrsmessungen. „Ein Lkw ist durchschnittlich 20-mal so laut wie ein Pkw, es wäre also auch deutlich mehr Lärm“, gab er zu bedenken.
Wenig Möglichkeiten von außen
Ortschaftsrätin Verena Huth sah seitens verschiedener Abgeordneter „viel Verständnis“ für den Protest gegen das Bauvorhaben, mit Verweis auf ein „laufendes förmliches Verfahren mit kommunaler Planungshoheit“ jedoch wenig Möglichkeiten für Einflussnahme von außen. Eine ergebnislose Suche nach Alternativstandorten interpretierte sie so: „Sonst hat keiner Interesse. Eine Spedition braucht viel Fläche, bringt aber nur wenig Arbeitsplätze. Jeder braucht sie, keiner will sie.“ Man sei überzeugt, dass es bessere Standorte für ein solches Vorhaben gebe.
Für Alternativstandorte bedarf es nach Ansicht Meyers einer sorgfältigen Prüfung. Er hielt interkommunale Gewerbegebiete oder auch die Verlegung von Feldwegen für denkbare Wege, um einen optimalen Standort zu schaffen. „Man muss alle Register ziehen und das Verfahren auch von anwaltlicher Seite begleiten“, war er überzeugt. Man wolle zwar keine Rechtsstreitigkeiten, habe jedoch Sorge, in dem Verfahren mit Einsprüchen nichts zu erreichen.
Ein Knackpunkt allerdings: Im Gemeinderat Krautheim gibt es für das Vorhaben eine große Mehrheit, wie auch die Gegner feststellen mussten. Bernd-Michael Beisel, einer der Gegner des Projekts im Krautheimer Rat, sah dieses „durch Politprominenz forciert“, Rüdinger nutze seinen Einfluss nach Berlin. Der Bau wäre in seinen Augen eine permanente Belastung für Mensch und Tier, gegen die man „aufstehen und kämpfen“ müsse.
Viel Applaus für Kritik
Für diese und weitere kritische Aussagen gab es viel Applaus, das Publikum stand dem Vorhaben offensichtlich ablehnend gegenüber. Ein Problem wurde jedoch auch an diesem Abend deutlich: Bei der Suche nach Alternativstandorten kamen auch die Zuhörer in Windischbuch schnell an ihre Grenzen. Die Verkehrsanbindung Krautheims an die Autobahn sei eben nicht optimal und nur durch kleine Ortschaften zu erreichen, andere Kommunen würden ein solches Vorhaben ebenfalls ablehnen.
Eine gewisse Hoffnung setzten die Anwesenden auch in das Kaufinteresse der anvisierten Flurstücke durch mehrere Landwirte, die aktuell den Vorrang gegenüber der Krautheimer Spedition hätten. Dies ist jedoch eher eine vorübergehende Hürde: Mit einer Umwidmung und Aufstellung eines Flächennutzungsplans durch den Gemeinderat könnte auch der Spediteur Rüdinger gleichberechtigt mit den Landwirten die Grundstücke erwerben.
Verena Huth sieht hier eine Gefahr über das Projekt hinaus: „Wo einmal Gewerbe angesiedelt ist, kann man leicht noch mehr ansiedeln. Wehret den Anfängen.“ Ein Großteil der Bevölkerung sei gegen das Projekt am derzeitigen Standort, man müsse dagegen „laut werden.“
Die Hoffnung der Initiatoren: Ein runder Tisch mit allen Beteiligten. Klaus Mandel, der Verbandsdirektor des Regionalverbands Heilbronn-Franken, habe bereits seine Bereitschaft hierzu signalisiert und Bürgermeister mehrerer Kommunen kontaktiert. „Wir brauchen eine Lösung an höherer Stelle, so etwas kann nicht kommunal entschieden werden“, so Huth.
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