Tauber-Odenwald. Das bezahlbare Wohnen ist ohnehin schon knapp. Gab es beispielsweise in den 90er-Jahren in Deutschland noch rund drei Millionen Sozialwohnungen, sind dies mittlerweile nur noch 1,1 Million. Verena Bentele, die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, sieht einen Bedarf von fünf Millionen Wohnungen bundesweit.
Die Regierung wird diese Lücke absehbar nicht schließen können. So wollte sie 2022 immerhin 100 000 neue Sozialwohnungen schaffen, verfehlte diese Zahl jedoch deutlich. Am Ende gab es sogar 27 000 Wohnungen mit entsprechender Preisbindung weniger.
Wohnungsbaugenossenschaften (WBG) haben das erklärte Ziel, günstigen Wohnraum zu schaffen. Im Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GDW) sind rund 1944 WBGs mit insgesamt knapp drei Millionen Mitgliedern vertreten. Im Rahmen einer bundesweiten Studie hat der GDW nun eine Art Stimmungsbild der Branche veröffentlicht.
Zahl der Neubauprojekte sinkt
Kurz gesagt: Die Stimmung ist bescheiden. Von knapp 600 Unternehmen gab die Hälfte an, 2024 keine Neubauprojekte geplant zu haben. 2025 steigt dieser Anteil sogar noch auf 56 Prozent. Rund 20 Prozent der für 2024 geplanten Fertigstellungen werde nicht realisierbar sein, 2025 sind es sogar 38 Prozent. Nur noch knapp ein Drittel der befragten Unternehmen werden in den Jahren 2024 und 2025 überhaupt noch Wohnungsneubau fertigstellen.
Wie ist die Lage in der Region Odenwald-Tauber? Die Fränkischen Nachrichten haben hierzu die Wohnungsbaugenossenschaften Kreisbau Main-Tauber und Familienheim Buchen-Tauberbischofsheim sowie die Stadtentwicklungs-Gesellschaft (STEG) Wertheim als kommunale Immobiliengesellschaft gefragt.
„Wir werden die zeitliche Umsetzung unserer Maßnahmen nach hinten verzögern. Angebote für unser Bauträgergeschäft werden nicht zu Beginn 2024 erfolgen, sondern im letzten Quartal 2024, weil wir davon ausgehen, dass die Preise bis dahin unter Druck geraten und wir die Maßnahme dadurch günstiger realisieren können“, beschreibt Steffen Dörr, Vorstand der Kreisbau Main-Tauber. Im vergangenen Jahr sei bereits kein Neubau mehr erfolgt, lediglich Grundstückskäufe und eine energetische Sanierung im Bestand habe man realisiert.
Viele Bauvorhaben nicht mehr realisierbar
„Die Investitionen in den Bestand werden durch das Gebäudeenergiegesetz notwendig, wodurch Kapital gebunden wird, dass nicht in den Neubau fließen kann“, erklärt Dörr zudem die Auswirkungen bestehender Gesetzgebung. Diese spürt man auch in Tauberbischofsheim und Wertheim. „Unsere Familienheim Buchen-Tauberbischofsheim Baugenossenschaft hat erfolgreich zwei Sechsfamilienhäuser im Bestand nach KfW 85-Standard saniert“, schildert der geschäftsführende Vorstand Mark Fischer.
Während es in Wertheim ausschließlich Sanierungen waren, hat die Baugenossenschaft in Tauberbischofsheim einen Neubau mit 14 Wohnungen realisiert. Jedoch machte sich auch hier die aktuell schwierige Lage bemerkbar. „Statt der erwähnten 14 Wohnungen hätten wir idealerweise 34 Einheiten realisiert. Jedoch sind aufgrund der signifikanten Steigerung der Baukosten, des Anstiegs der Finanzierungskosten und der reduzierten Förderung des Bundes sozialverträgliche Bauprojekte nicht mehr realisierbar. Solange sich an diesen Rahmenbedingungen nichts ändert, ist es für uns in unserer ländlichen Region nicht mehr möglich, weitere Bauprojekte zu realisieren“, zieht Fischer ein ernüchterndes Fazit.
Dabei wäre ein Mehr an Wohnraum auch in der ländlichen Region Tauber-Odenwald dringend notwendig, schildern die Immobilienunternehmer. „Ja, die Nachfrage nach Wohnungen ist nochmals deutlich gestiegen“, bestätigt Steffen Dörr. Auch in Tauberbischofsheim und Buchen verzeichnet die Familienheim Baugenossenschaft „eine wachsende Nachfrage nach Wohnraum“, in Wertheim spricht Thomas Müller von der STEG sogar von einem „angespannten Mietmarkt“, man könne nicht mehr alle Anfragen bedienen.
Klare Forderungen an die Politik
Diese Situation trifft nach Ansicht von Kreisbau-Vorstand Steffen Dörr manche Gruppen der Bevölkerung härter als andere. „Sozial Benachteiligte oder Alleinerziehende kommen am stärksten unter Druck“, ist er überzeugt.
Daher hat Dörr auch klare Forderungen an die Politik: „Schneller Zuwachs an Wohnraum kann nur dann geschaffen werden, wenn der Mietwohnungsbau deutlich stärker gefördert wird. Was bringt der Gemeinschaft die Förderung des einen Einfamilienhauses? Tatsächlich keinen Mehrwert!“
Kreisbau wünscht sich verstärkte Förderung
Er wünscht sich eine verstärkte Förderung von Wohnberechtigungsscheinen und besonderen Belegungsformen, wie beispielsweise Senioren mit Behinderung oder jungen Menschen mit geringem Einkommen. „Dies sollte in enger Abstimmung mit den Kommunen erfolgen“, so seine Forderung an die Entscheidungsträger.
Doch erstmal bleibt die Lage im Wohnungsbau, hier insbesondere im Sozialwohnungsbau, düster. Der Branchenverband GDW schätzt, dass 2024 16 Prozent (entspricht 1800 Wohnungen) der ursprünglich geplanten Sozialwohnungen nicht gebaut werden. Im Jahr 2025 steigt dieser Anteil dann auf 33 Prozent (entspricht dann 4300 Wohneinheiten).
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