Markelsheim. Die Liste der Prominenten, mit denen sich Theresa Olkus für die Reihe „Auf ein Glas Wein mit . . .“ bereits unterhalten hat, ist lang, die Atmosphäre bei jedem Gespräch äußerst entspannt. Die gebürtige Markelsheimerin strahlt allein mit ihrer Stimme eine herrlich angenehme Ruhe aus, die sich auch auf ihre Gesprächspartner – und die Zuhörer – überträgt.
Kein Wunder, dass sie den „Promis“ schon so manches Geheimnis entlockt hat. Ihre Podcasts, die sie für die Süddeutsche Zeitung erstellt, haben sich zum Internet-Hit entwickelt. Was niemand weiß: Sie entstehen allesamt in der Freizeit der 28-Jährigen.
Hauptberuflich ist die junge Frau nämlich beim Verband Deutscher Prädikatsweingüter in Mainz als Kommunikationsmanagerin tätig. Vor kurzem ist sie dort zur stellvertretenden Geschäftsführerin aufgestiegen. Und jüngst kürte sie das Magazin „Vinum“ zu einer von fünf Weinpersönlichkeiten, „die die Weinwelt in Zukunft positiv beeinflussen könnten“.
Frau Olkus, können Sie in Markelsheim noch auf die Straße gehen, ohne gefragt zu werden, wie denn „die Veronica Ferres“ oder „der Sven Hannawald“ so waren?
Theresa Olkus: Da ich leider nicht mehr ganz so häufig in der Heimat bin, gibt es beim Plausch auf der Straße mit bekannten Gesichtern meist viel mehr aufzuholen als über die Gäste im Podcast zu sprechen. Ich bin aber durchaus oft überrascht, wie viele sich die Interviews anhören und freue mich natürlich, dass die Leute sich dafür interessieren und alles so aufmerksam verfolgen.
Wie war denn Ihre Kindheit in Markelsheim?
Olkus: Markelsheim ist für mich der schönste Ort. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, woanders aufgewachsen zu sein. Meine Familie und Verwandten leben alle hier. Meine engsten Freundinnen und Freunde sind noch heute Leute aus dem Kindergarten und der Grundschule in Markelsheim.
Wie kamen Sie eigentlich zu diesen Podcasts?
Olkus: Während einer Prüfungsphase im Studium erhielt ich eine Mail von der Süddeutschen Zeitung mit der Frage, ob ich Interesse an einem neuen Format mit Wein hätte. Der Kontakt kam über einen ehemaligen Professor des Instituts für Moderation. Er hatte mich an das Team in München empfohlen, worüber ich heute sehr dankbar bin, weil ich damit einer meiner Lieblingsbeschäftigungen – Wein trinken und darüber sprechen – nachgehen darf.
Wie sehr helfen Ihnen die Erfahrungen, die Sie als Württembergische Weinkönigin sammelten, bei diesen Interviews?
Olkus: Seitdem sind bald acht Jahre vergangen. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Ich habe im Master Kommunikationswissenschaft und Medienforschung studiert und mich in Sachen Moderation unter anderem in Zusammenarbeit mit dem SWR fortgebildet, was heute am meisten bei den Interviews hilft. Sicherlich musste ich mich aber schon damals in diesem Amt sehr früh, mit 19 Jahren, daran gewöhnen, irgendwo Leute zu treffen, denen ich zuvor noch nie begegnet bin. Alles andere kam mit der Zeit.
Sie unterhalten sich mit den unterschiedlichsten Leuten – wie bereiten Sie sich auf Ihre Gesprächspartner vor?
Olkus: Vorab lese ich viel über die Interviewgäste und versuche herauszufinden, wie sie so ticken. Am Ende stellt sich aber oft heraus: Man kann sich noch so gut vorbereiten, letztlich entscheiden häufig die ersten fünf Minuten, ob die Chemie stimmt und es ein gutes Gespräch wird. Es hilft also nichts, sich vorher verrückt zu machen und einen konkreten Ablauf festzulegen. Viel wichtiger ist, dass sich beide Seiten wohlfühlen – dann entsteht auch eine Geschichte, der man gerne zuhört.
Haben Sie sich auch schon mal gewundert, wie sehr oder wie wenig sich Ihr Bild über die Prominenten, mit denen Sie sprachen, mit der Wirklichkeit deckte?
Olkus: Ja, das schon, aber bisher noch nie im negativen Sinn. Wir alle sind uns ja bewusst, dass Prominenten häufig ein gewisses Bild aus den Medien vorauseilt. Ich versuche, mich immer frei von allem zu machen, was man bisher gehört oder gelesen hat. Viel lieber will ich die Person auf meine Art und Weise kennenlernen.
In Ihrer Einleitung zum Interview mit „Pur“-Sänger Hartmut Engler geben Sie zu, besonders aufgeregt gewesen zu sein. Warum?
Olkus: Vermutlich hat jeder eine bestimmte Musik, die einen schon das ganze Leben begleitet. So ist es bei mir mit „Pur“. Wir sind in der Familie mit „Funkelperlenaugen“ und „Lena“ aufgewachsen. Wenn wir nach „Pur“-Konzerten auf die Band und Autogramme gewartet haben, war er leider nie dabei. Dass ich ihn mit 27 persönlich kennenlernen durfte und er sich ein paar Stunden Zeit genommen hat, war für mich ein „Once in a Lifetime“-Erlebnis. Die Nacht davor habe ich kaum geschlafen. Seit diesem Gespräch bin ich entspannt, weil ich weiß: Aufgeregter werde ich vermutlich nie wieder sein (lacht).
Vor dem Interview mit Veronica Ferres waren Sie gewiss auch nervös, oder?
Olkus: Klar ist man nervös, alles andere wäre gelogen. Aber jedes Mal etwas weniger. Die letzten beiden Jahre haben mir gezeigt, dass man ohnehin nie vorhersagen kann, was passiert. Es kann sein, dass man schlecht geschlafen hat, weil die ganze Nacht ein Feuermelder gepiepst hat, der Interviewpartner leicht verkatert und zu spät ist oder das Gespräch plötzlich vorverlegt wird und man mit dem Taxi quer durch Berlin fahren muss, damit zumindest eine Stunde für die Aufnahme bleibt. Ich musste lernen, mit solchen Situationen gelassen umzugehen.
Gregor Gysi erzählte Ihnen, dass er sich im Smoking albern vorkommt, und Magdalena Neuner berichtete von ihren Kraftbildern. Sind Sie manchmal überrascht, was Ihnen so alles offenbart wird?
Olkus: Ja, vor allem aber auch dankbar, dass sich die Personen in den Gesprächen öffnen. Oft erinnere ich mich in Alltagssituationen an Dinge und Geschichten, die Interviewpartner erzählt haben. Man nimmt definitiv etwas mit. Schließlich haben alle Gäste ein aufregendes Leben. Ich würde behaupten, dass ich von jedem Gast etwas gelernt habe.
Dient der Wein manchmal auch als „Eisbrecher“?
Olkus: Er spielt eine wesentliche Rolle. Der Gast und ich können noch so bemüht sein – wenn der mitgebrachte Wein nicht passt oder schmeckt, hat man verloren.
Woher beziehen Sie selbst Energie für Ihre Aufgaben und Ziele?
Olkus: Die Energie kommt aus meinem Umfeld – von Familie, Freundinnen und Freunden. Sie geben mir auch oft Impulse, welche spannenden Persönlichkeiten ich noch anfragen könnte. Letztlich bringt auch das Thema viel Energie mit sich – das erlebe ich sowohl im Podcast als auch in meinem Job. Beim Wein kommen unterschiedlichste Leute zusammen, er ist oft der beste Kommunikator. Leider wissen noch zu wenig Menschen, wie gut die Weine vor unserer Haustüre sind. Der Podcast soll verdeutlichen, dass deutscher Wein unverwechselbar ist und sich hier enorm viel getan hat.
Könnten Sie sich vorstellen, diese Podcasts noch größer aufzuziehen, vielleicht in Form einer TV-Talkshow wie Frank Elstner mit seinem Format „Menschen der Woche“?
Olkus: Für mich ist Stimme sehr wichtig. Ich mag das pure Audioformat und bin fasziniert, wie Wein allein über die Tonspur funktioniert – selbst wenn man kein Etikett oder die Weinfarbe sieht, geschweige denn schmecken kann, wovon gerade gesprochen wird. Bei Sarah Kuttner zum Beispiel haben mich Leute gefragt, wo sie den Eiswein, den ich mitgebracht hatte, kaufen können. TV und Talk würden mich natürlich absolut reizen.
Bei der Auswahl der Weine gehen Sie sehr intuitiv vor, oder? Wie schaffen Sie es, immer den Geschmack Ihres Gegenübers zu treffen?
Olkus: Während des Studiums habe ich als Sommelière in einem Stuttgarter Sternerestaurant gejobbt. Den Gästen anzusehen und sie „abzuhören“, was sie gerne trinken, gehörte damals zu meinem Alltag. Der Plan ging vielleicht nicht immer auf, oft aber schon. Das hilft mir für die Weinauswahl beim Podcast heute. Ich mache mich vorher schlau und überlege, was die Person gerne trinken könnte. Max Herre zum Beispiel ist in der Stuttgarter Weinsteige aufgewachsen und trinkt gerne südländische Rotweine. Das nahm ich zum Anlass, ihm einen Lemberger von einem jungen Winzerpaar aus Württemberg mitzubringen. Oft besorge ich mehrere Weine und entscheide mich spontan nach Tageslaune. Umso mehr freue ich mich dann, wenn der Plan aufgeht.
Können Sie jemanden wie Paul Ripke verstehen, der Ihnen erzählt hat, dass er ständig auf der Suche nach neuen Abenteuern ist und sich schnell langweilt?
Olkus: Paul Ripke ist ein extremes Beispiel. Er ist ein „Macher“ und fackelt nicht lange. Wir haben montags den Podcast aufgenommen und über einen Wein unter seinem Namen und Etikett gescherzt. Donnerstags hat er die Geschichte eingetütet. Etwas später kamen sechs Flaschen „Pariesling“ von ihm bei mir an. Ich finde es bemerkenswert, so voller Antrieb zu sein. Persönlich brauche ich Zeit für Entscheidungen und denke oft tagelang über Dinge nach, bevor ich etwas in die Tat umsetze – vermutlich oftmals zu lange.
Angenommen, wir unterhalten uns in fünf Jahren wieder. Wen möchten Sie bis dahin interviewt haben? Haben Sie einen absoluten Gesprächs-Traumpartner?
Olkus: Ich bin schon absolut happy über alle Menschen, die ich bisher interviewen durfte. Für die dritte Staffel in diesem Jahr stehen schon jetzt sehr spannende Persönlichkeiten fest. Auch wenn es der Klassiker ist – natürlich würde ich gerne mal Angela Merkel ein paar Fragen stellen. Zum Beispiel, ob sie den Wein schon getrunken hat, den ich ihr vor acht Jahren überreichen konnte.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim_artikel,-bad-mergentheim-von-der-weinkoenigin-zur-podcast-queen-_arid,1768881.html