Bad Mergentheim. Spannende Themen standen auf der Tagesordnung der Schweinefachtagung in Bad Mergentheim. So hörten die Teilnehmer unter anderem etwas darüber, wie Künstliche Intelligenz Schweine schützt, wie sich das Geschehen auf dem deutschen Schweinemarkt entwickelt und wie man im Brandfall richtig abgesichert ist.
Die Gemeinschaftsveranstaltung der Tierärzte Weikersheim, des Vereins landwirtschaftlicher Fachabsolventen (VlF), der Sparkasse Tauberfranken, des Beratungsdienstes Schwein und des Landwirtschaftsamtes in Bad Mergentheim ist ein Muss für die immer kleiner werdende Zahl engagierter Schweinehalter.
„Das innovative Monitoring System „SoundTalks®“ ist mehr als nur eine digitale Datensammlung“ stellte Dr. Jochen Beckjunker in seiner anschaulichen Präsentation klar. Dahinter verbirgt sich eine künstliche Intelligenz, die unter anderem Atemwegsgeräusche permanent analysiert. Das Besondere: Das System erkennt ein aufkommendes Hustengeschehen bis zu fünf Tage früher als eine routinemäßige Tierkontrolle.
Die Anforderungen an die Tierhaltung steigen. Neben den Themen Tierschutz und Tierwohl steht die Wirtschaftlichkeit immer im Fokus der Schweinehalter. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, müssen die Möglichkeiten des digitalen Fortschritts, auch in der Schweineproduktion, ausgeweitet werden, damit arbeitswirtschaftliche und ökonomische Anforderungen zusammenpassen. Das Problem dabei ist, dass diese Datenmengen eher eine Arbeitszeitbelastung mit sich bringen. Viele Systeme sammeln auf dem Betrieb Daten, aber es bleibt keine Zeit, diese auszuwerten und daraus Maßnahmen abzuleiten.
Frühwarnung
Seit Kurzem gibt es von Böhringer das neue Frühwarnsystem „SoundTalks®“ das den Schweinehaltern unter anderem die Überwachung von Atemwegsproblemen der Tiere wie Husten anbietet. Dabei handelt es sich um ein Monitoring-System, welches Geräusche im Stall erfasst und mittels künstlicher Intelligenz analysiert. Mit Hilfe eines Algorithmus kann die Masse an Daten sehr schnell bewertet werden.
Warnungen des Systems werden einerseits direkt im Stall am Monitor durch eine LED-Leuchte angezeigt, andererseits im dazugehörigen SoundTalks-Webportal oder in der App auf dem Handy. SoundTalks® arbeitet nach dem Ampelprinzip (grün, gelb, rot), so dass es für jeden Mitarbeiter einfach nachzuvollziehen ist wie der aktuelle Status der Atemwegsgesundheit ist. Detaillierte Informationen können im SoundTalks® Webportal auf dem Computer eingesehen werden.
Wenn die Schweine eine beginnende Atemwegsinfektion mit Husten durchmachen, bekommen die Nutzer der App eine Benachrichtigung, so dass sie nichts verpassen. Was bringt mir die Früherkennung mit SoundTalks®? Es wird der Husten rund um die Uhr erkannt. Die Tiere haben kürzere Krankheitszeiten. Es ist ein Vergleich mit anderen Betrieben möglich und mehr Tierwohl durch gezielte Behandlungskonzepte gewährleistet. Auch der Tiergesundheitsstatus kann objektiver eingeschätzt und die Arbeitsabläufe optimiert werden. Zudem steigt die Wirtschaftlichkeit. „Der Schweinemarkt befindet sich in einem dramatischen Transformationsprozess“, stellte Dr. Stephan Kruse in seinem online übertragenen Bericht dar. So trifft die sinkende Nachfrage auch auf einen Bestandsrückgang. In der Segmentierung des Angebots besteht eine Chance, die durch das Haltungskennzeichengesetz für die Schweinemast gefordert wird. Auch wird die Nachhaltigkeit ein zentrales Element des Fleischkonsums werden. Damit nehmen höhere Haltungsstufen an Bedeutung zu und sind Ketten Teil der Lösung eines sich diversifizierenden Marktes.
Brandgefahr
Katrin Schweitzer vom LKV Baden-Württemberg hielt einen praxisbezogenen Bericht. „Seit über 30 Jahren arbeite ich beim Kontrollverband und die Arbeit hat sich sehr gewandelt“, betonte Katrin Schweitzer. Im Jahr 2022 gab es bundesweit rund 20 Stallbrände, dabei verbrannten 90 000 Tiere. Sie will zum Nachdenken beim Brandschutz anregen. Dazu gehört zum Beispiel zu wissen, wie sich Schweine verhalten und welche Hilfe im Ernstfall erforderlich ist. Hitze, Qualm und Kontakt mit fremden Tieren oder Personen sind Stressfaktoren. Schweine reagieren mit lautem Schreien, Panik und Aufregung, sie klettern über Buchtengitter oder beißen sich an Gegenständen fest.
Verhaltensregeln
Schnelle und unvorhersehbare Verhaltensweisen lösen Bedrohung und heftige Aggressivität aus, grelles Licht (Scheinwerfer, Blaulicht) sind Stress genauso wie lautes Schreien und fremde Personen und Kleidung. Schweine fliehen im Gegensatz zu anderen Tieren nicht, sondern zeigen ein passives Verhalten. Bei Gefahr rotten sie sich zusammen oder ziehen sich zurück. Bei Rauch legen sie sich auf den Bauch. Als Dämmerungstiere suchen sie Schutz und Zuflucht.
Richtig sind eine ruhige Annäherung, langsame Bewegungen, Sichtbarrieren aus Brettern oder Decken. Zur Not kann mit einem Eimer oder einem Treibbrett vor dem Gesichtsfeld die Richtung geändert werden. Die Angst vor den Menschen wird durch eine langsame und vorhersehbare Bewegung verringert. Hilfreich sind die Hand auf dem Rücken des Schweines oder ein Streicheln und ein ruhiger Tonfall.
Die möglichen Zwangsmaßnahmen sind vom Alter und Gewicht des Tieres abhängig. Absatzferkel und Läuferschweine können kurzfristig an den Hinterbeinen oder gleichzeitig an Ohrgrund und Schwanzansatz aufgehoben werden. Bei der Rettung der Tiere muss systematisch vorgegangen werden. Dazu gehört: Ruhe bewahren, Brandmauern lokalisieren, Fluchtwege freiräumen, eine Entscheidung treffen, welche Tiere gerettet werden können, die Tiere in kleinen Gruppen treiben.
Mütter folgen den Ferkeln
Es muss auch das besondere Verhalten der Schweine wie die geringe Laufgeschwindigkeit und der Platzanspruch berücksichtigt werden. Es müssen immer zuerst die Ferkel entfernt werden, denn die Mütter folgen ihren Ferkeln. Auch bleiben die Gruppen immer zusammen. Wichtig ist auch die Tatsache, dass Schweine die Umgebung anders als Menschen wahrnehmen. Brände sind für Tiere ein unbekanntes Ereignis und es darf auch der Eigenschutz bei der Tierrettung nicht vernachlässigt werden.
Zur Schadensvorsorge gehören ein Kontakt mit der Polizei und eine Vorort-Begehung, bei der die Gefahrenquellen wie PV-Anlagen und Flüssiggastanks untersucht werden. Bei dorffernen Stallungen ist die Löschwasserversorgung abzuklären und wird idealerweise eine Feuerwehrübung durchgeführt. Im Ernstfall sollte ein Stall mit einer PV-Anlage nicht betreten werden.
Richtig absichern
Weil ein Brandfall nie grundsätzlich ausgeschlossen werden kann, empfiehlt Ewald Baumeister von der Sparkassenversicherung die richtige Absicherung. Dazu gehört es, die möglichen Brandursachen, die hauptsächlich bei der Elektrotechnik liegen, zu minimieren. Unumgänglich sind die regelmäßigen Kontrollen der Elektroanlagen durch eine Elektrofachkraft , ein Rauchverbot und das regelmäßige Überprüfen der Feuermelder. Brandstiftern sollte ihr Unwesen nicht durch einfache Zugänge, offene Heu- und Strohlager und herumliegende Paletten ermöglicht werden. tze
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim_artikel,-bad-mergentheim-schweinehalter-mit-grossen-sorgen-_arid,2161555.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim.html
[2] https://www.fnweb.de/orte/weikersheim.html