Gemeindereform (Teil 14)

Neunkirchen gehörte zu den Vorreitern

Neunkirchen gehörte zu den Vorreitern der freiwilligen Eingemeindung. Eine große Mehrheit der Bürger war dafür, denn man versprach sich bessere Zukunftschancen.

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Joachim W. Ilg
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Zum 1. Januar 1972 wurde Neunkirchen ein Stadtteil Bad Mergentheims. © Ilg

Neunkirchen. Als am Dienstagnachmittag des 23. Novembers 1971 der Bad Mergentheimer Bürgermeister Dr. Mauch mit Beamten seiner Verwaltung nach Neunkirchen fuhr, wurde dort ein neues Kapitel in der Dorfgeschichte aufgeschlagen. Bürgermeister Götz unterzeichnete nach Althausen den zweiten Eingliederungsvertrag. Die Gesichter der Beteiligten waren ernst und feierlich, und es war zu spüren, dass hier keine Jubelhochzeit gefeiert wurde. Aber es gab die Zuversicht und Hoffnung, dass in dem größeren Gemeindeverbund mit Bad Mergentheim bessere Zukunftschancen eröffnet werden.

Während es in anderen Dörfern Widerstand dagegen gab, dass die dörfliche Selbstständigkeit der Eingemeindung geopfert werden sollte, setzten die Bürger von Neunkirchen auf die freiwillige Eingliederung zum 1. Januar 1972, um dadurch Vorteile und Vergünstigungen zu erzielen, und um eine starke Aufwärtsentwicklung ihrer Gemeinde in Gang zu setzen.

Drei Jahre nach der Eingemeindung konnte Neunkirchen 1975 sein 750-jähriges Bestehen feiern. Seit 28 Jahren ist Josef Wülk Ortsvorsteher der Gemeinde. © Ilg

In Neunkirchen ergab die Bürgeranhörung ein eindeutiges Ergebnis: Von den 215 gültigen Stimmen votierten 90,7 Prozent mit Ja, 9,3 Prozent mit Nein.

Seit 1994 ist Josef Wülk Ortsvorsteher von Neunkirchen. Welche Erfahrungen hat er mit der Eingemeindung gemacht? Darüber sprachen wir mit ihm.

Ist Neunkirchen in der Großen Kreisstadt gut aufgehoben?

Josef Wülk: Ich denke, dass Neunkirchen nichts Besseres hätte passieren können. Neunkirchen hat sich in den zurückliegenden 50 Jahren – wenn auch in kleinen Schritten – kontinuierlich zum Positiven hin entwickelt. Die Nähe zur Kernstadt hat dabei auch eine wichtige Rolle gespielt. So kam es, dass nach etwas mehr als 20 Jahren nach der Eingemeindung ein neuer Kindergarten mit zwei Gruppen und gleichzeitig ein Dorfgemeinschaftshaus gebaut wurde, in dem heute die Gemeinderatssitzungen stattfinden.

In den Jahren 1998/1999 wurde die Grundschule erweitert, so dass damals die Grundschulklassen 1 bis 4 unterrichtet werden konnten. In der Folgezeit war es möglich, dass auf dem Kindergartenareal ein Neubau für eine Kinderkrippe realisiert werden konnte. Dadurch können heute drei Kindergartengruppen und eine Krippengruppe betreut werden. Dies hängt natürlich auch damit zusammen, dass Neunkirchen mit der Erschließung von mehreren Baugebieten mittlerweile auf rund 1000 Einwohner gewachsen ist.

Rückblickend auf die damals selbstständige Gemeinde Neunkirchen wären die genannten Projekte sicherlich so nicht realisierbar gewesen. Insofern treffe ich die klare Aussage, dass der Stadtteil Neunkirchen in der Familie der Großen Kreisstadt – auch wegen der unmittelbaren Nähe zur Kernstadt – gut aufgehoben ist.

Welche Vorteile, welche Nachteile sehen Sie?

Wülk: Eine funktionierende Stadtverwaltung ist für mich dann gegeben, wenn man als Ortsvorsteher ernst genommen wird und bei Anfragen rechtssichere Auskünfte erteilt werden können. Dies ist bei unserer Stadtverwaltung der Fall. Einen Nachteil kann ich nicht sehen.

Gibt es Reibungspunkte?

Wülk: Reibungspunkte gegenüber der Kernstadt beziehungsweise der Stadtverwaltung gibt es aus meiner Sicht nicht. Es kommt zwar vor, dass man im einen oder anderen Fall in der Stadtverwaltung gegenüber der Meinung des Ortschaftsrates oder des Ortsvorstehers eine andere Auffassung vertritt. Dies gilt es dann in einem vernünftigen Gespräch zu klären und eine vernünftige Lösung zu finden, was bisher in den allermeisten Fällen auch immer möglich war.

Dank der Eingemeindung vor 50 Jahren ist Neunkirchen (im Bild zusammen mit Althausen im Hintergrund) durch die Erschließung von Baugebieten auf rund 1000 Einwohner gewachsen. Rückblickend auf die einst selbstständige Gemeinde wären Projekte in dieser Größenordnung „sicherlich so nicht realisierbar gewesen“, stellt Ortsvorsteher Josef Wülk fest. © Joachim W. Ilg

Haben Sie Änderungswünsche?

Wülk: Was die Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Ortschaftsrat und mir als Ortsvorsteher angeht, sehe ich keinen Änderungswunsch.

Sind die Stadtteile und die Kernstadt zusammengewachsen?

Wülk: Auch 50 Jahre nach der Eingemeindung hat jeder Stadtteil noch sein Eigenleben.

Kommunalpolitisch betrachtet sind alle Stadtteile mit der Kernstadt die Große Kreisstadt Bad Mergentheim. Dies zeigt sich auch in den Beratungen des Gemeinderates oder bei den Besprechungen der Ortsvorsteher.

Die Identifikation der Stadtteile mit der Kernstadt ist aus meiner Sicht gegeben.

Gibt es einen Grund zum Feiern?

Wülk: Einen Grund zum Feiern sehe ich nach 50 Jahren Eingemeindung eigentlich nicht. Es war damals ein sinnvoller kommunalpolitischer Kraftakt, der zum Erfolg führte. Auch die Jahre danach bis heute haben dazu geführt, dass sich die Menschen in den Stadtteilen mittlerweile als Einwohner der Stadt Bad Mergentheim sehen. Und das ist gut so.

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