Eine neue minimal-invasive Therapie kann jetzt am Caritas-Krankenhaus bei einer akuten Lungenembolie eingesetzt werden.
Bad Mergentheim. Die Medizinische Klinik 1/Kardiologie unter der Leitung von Chefarzt Privatdozent Dr. Sebastian Herrmann baut das medizinische Behandlungsspektrum laut einer Pressemitteilung des Caritas-Krankenhauses stetig weiter aus. Demnach können seit Januar 2023 Patientinnen und Patienten mit einer akuten Lungenembolie durch einen minimal-invasiven Eingriff mittels Unterdruck-Absaugen über einen Katheter behandelt werden.
„Rund 340 000 Todesfälle stehen pro Jahr in Europa in direkter Verbindung mit einer akuten Lungenembolie“, sagt Chefarzt PD Dr. Herrmann. Grund dafür sei, dass die Lungenembolie bei einem von drei Menschen ohne jegliche Vorwarnung auftritt“, erläutert er.
Symptome seien Kurzatmigkeit, Schmerzen in der Brust, die sich beim Atmen verstärken, blutiges Abhusten, Beinschwellungen und -schmerzen, Rückenschmerzen, übermäßiges Schwitzen oder Schwindel. „Die Ursache einer Lungenembolie liegt in einer tiefen Venenthrombose. Blutklumpen können sich aus der Thrombose beispielsweise im Bereich der Fußgelenke oder aus den Unterschenkeln lösen und in die Lunge gelangen. Die Embolie kann dann schnell lebensbedrohlich werden und die Sterberate ist weiterhin sehr hoch – innerhalb der Hochrisikogruppe liegt sie sogar zwischen 25 und 50 Prozent“, gibt PD Dr. Herrmann zu bedenken.
Die erste Wahl der Behandlung bei einer zusätzlichen Kreislaufinstabilität sei weiterhin die sogenannte Lyse, bei der über einen venösen Zugang Medikamente verabreicht würden, die entweder das Blutgerinnsel direkt abbauen oder körpereigene Abbauenzyme aktivieren. Außerdem würden Medikamente gegeben, die die Blutgerinnung hemmen. Dadurch sei aber die Blutungsgefahr auch deutlich erhöht. Bei Menschen mit zu hohem oder zu niedrigem Blutdruck oder auch bei Krebspatienten sei das Risiko für Komplikationen bei der Lyse-Therapie hoch.
„Das hatte bisher zur Folge, dass wir diese Menschen mit einer Kontraindikation für eine Lysetherapie nur unter einem sehr hohen Risiko, im schlimmsten Fall überhaupt nicht adäquat behandeln konnten“, sagt der Chefarzt.
Seit kurzem könne jetzt auch am Caritas eine alternative Therapie genutzt werden. Besonders Mittel- und Hochrisikopatienten könnte jetzt minimal-invasiv und ohne Lysetherapie behandelt werden. Beim „FlowTriever System“ der Firma Inari Medical sei das Risiko einer Blutung deutlich niedriger als bei einer systemischen Lysetherapie. „Jetzt können wir – einfach gesagt – das Blutgerinnsel mechanisch links wie rechts absaugen“.
Mit CT und pulmonaler Angiographie könnten Größe und Lage des Thrombus genau lokalisiert werden. Über einen großen Katheter könne man bis zum Gerinnsel vordringen und Lungenarterien sondieren, bis sich das Gerinnsel gelöst hat. Vorteil der Methode sei, dass man durch das Absaugen der Gerinnsel den Kreislauf sofort stabilisieren könne. Die Herzfrequenz falle ab und normalisiere sich, der Blutdruck steige wieder an und der Lungendruck werde abgesenkt.
Der Aufenthalt auf der Intensivstation werde verkürzt. Außerdem verhindere bzw. beuge die Methode langfristig auch einem Lungenhochdruck vor, der die Überlebenswahrscheinlichkeit und vor allem dann auch die Lebensqualität erheblich mindern würde“, so PD Dr. Herrmann. „Wir haben bisher vier Patientinnen und Patienten mit der FlowTriever Methode behandelt und alle Eingriffe sind erfolgreich verlaufen“, freut sich Herrmann.
Kleinere Studien mit rund 800 Patienten zeigten weltweit aktuell schon einen sehr positiven Effekt und einen Rückgang der Sterberate auf 1,9 Prozent unter Mittel bis Hochrisikopatienten; bei der Vergleichsgruppe lag die Sterblichkeit bei 29,5 Prozent. Große Studien laufen derzeit noch“, erklärt Herrmann.
Seit Oktober 2022 ist PD Dr. Sebastian Herrmann Chefarzt der Medizinischen Klinik 1/Kardiologie. Die grundlegende Aufgabe seiner Abteilung sieht er in der Sicherung der Notfallversorgung bei Herzinfarktpatienten in der Region.
Außerdem baut er mit seinem Team die Diagnostik- und Therapieverfahren angesichts einer immer stärkeren Spezialisierung im Bereich der Kardiologie aus. Neben der FlowTriever Methode wird seit kurzem auch der MitraClip-Eingriff bei Mitralklappeninsuffizienz sowie die ShockWave-Therapie bei Koronarstenose eingesetzt. ckbm
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