Odenwald-Tauber. Hasskommentare, Pöbeleien und vereinzelt sogar Schläge: Laut baden-württembergischem Gemeindetag werden Kommunalpolitiker immer häufiger Opfer von Gewalt. Der Gemeindetag befürchtet deshalb eine deutlich geringere Bereitschaft, sich für die Kommunalwahlen im kommenden Jahr aufstellen zu lassen. Doch wie ist die Lage in der Region Odenwald-Tauber? Die FN haben sich umgehört.
„Die politische Stimmung macht nicht unbedingt Lust auf Politik“, schildert Andreas Klaffke von Bündnis90/Die Grünen Neckar-Odenwald. Man erlebe durchaus Anfeindungen als Kommunalpolitiker der Grünen. Da braucht es bei der Kandidatensuche viel Geduld: „Man fragt zehn Leute und einer sagt ja.“
Auch am anderen Ende des Parteienspektrums erlebt man Ähnliches. „Wir können mehrere Aussagen des Gemeindetags bestätigen, auch die, dass wir fürchten, dass Anfeindungen gegen Kommunalpolitiker potenzielle Kandidaten abschrecken. Trotz sehr guter Wahlergebnisse im Kreis haben wir in vielen Gemeinden (noch immer) kein einziges Mitglied und können solange auch keine Aufstellungen für Gemeinderatswahlen durchführen“, erklärt AfD-Mann Tobias Eckert für den Neckar-Odenwald-Kreis.
Bereitschaft sinkt
Andere Parteien merken ebenfalls, dass die Bereitschaft zur Kandidatur sinkt. „Hier zeigt sich auch einfach der gesellschaftliche Trend und Zeitgeist, sich immer weniger ehrenamtlich zu engagieren. Auch das Freizeitverhalten hat sich stark gewandelt. Das betrifft ja auch viele Vereine und Organisationen, die um Mitglieder und Mitstreiter kämpfen“, beschreibt CDU-Kreisgeschäftsführer Jan Inhoff, aus dem Main-Tauber-Kreis ergänzt CDU-Kollege Dominik Martin, dass familiäre und berufliche Planungen eine fünfjährige Bindung an ein Ehrenamt zunehmend erschweren würden.
Denn „Kommunalpolitik ist Ehrenamt und nimmt wegen der immer vielfältigeren Themen und Aufgaben immer mehr Zeit in Anspruch. Es sind ja nicht nur die Sitzungen. Da kommen Ausschüsse, Arbeitskreise, Einladungen und nicht zuletzt die Vorbereitungen zu den Sitzungen, inklusive Fraktionssitzungen, dazu“, beschreiben Andrea Väth von den Grünen im Main-Tauber-Kreis und FDP-Kreisvorsitzender Benjamin Denzer übereinstimmend die Anforderungen an Kommunalpolitiker.
Auch in der SPD sieht man das ähnlich und macht zusätzlich zu den genannten Faktoren eine allgemeine Unzufriedenheit mit „der Politik“ als Ursache für sinkende Bereitschaft aus.
Engagement wichtig
Dabei ist das Engagement auch in den Gremien vor Ort nach Ansicht der Parteien sehr wichtig. „Ohne eine Mitwirkung in den kommunalen Gremien ist unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung auf Dauer in ihrer Existenz gefährdet“, resümiert Benjamin Denzer für die Liberalen. „Wir als SPD sehen mit Sorge auf diese Wahl, da rechtsextreme Parteien dieses demokratische Konstrukt mit einer angstmachenden und destruktiven Art aushöhlen und zerstören möchten“, teilen die Sozialdemokraten aus dem Neckar-Odenwald-Kreis mit.
„Es ist uns insgesamt ein Anliegen, dass sich Menschen für unser Gemeinwesen engagieren und kandidieren – auf demokratischen Listen, die sich uneingeschränkt zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Dies ist das Fundament und ein Erfolgsgarant unserer Kommunen und unseres Landes. Insoweit wünschen wir uns allgemein eine gute Beteiligung für die Kommunalwahlen, sowohl aktiv als Kandidat wie auch passiv als Wähler“, ergänzt Bruno Herberich für die Freien Wähler.
Wer Interesse an einer Kandidatur hat, kann sich an die verschiedenen Parteien oder die Freien Wähler wenden. Diese organisieren verschiedene Veranstaltungen zum Thema Kommunalwahl und freuen sich über Menschen, die bereit sind, sich ehrenamtlich für die Belange ihrer Heimat einzusetzen.
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