Bad Mergentheim/Markelsheim. Das Jahrhundert-Hochwasser in Deutschland hat unfassbares Leid verursacht: Alleine in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen starben mehr als 170 Menschen – etliche Personen werden nach wie vor vermisst. Die Bilder aus den betroffenen Katastrophen-Gebieten sind erschütternd. Auf der anderen Seite ist es aber auch unglaublich beeindruckend, was für eine Welle von Solidarität und Hilfsbereitschaft quer durch die Republik rollt.
Auch in Markelsheim im Main-Tauber-Kreis wird nicht lange gefackelt: Mike Bamberg ist erschüttert von den Bildern aus dem Katastrophengebiet und hat beim morgendlichen Kaffee die Idee, zu helfen. Der hauptberufliche Fahrer fragt bei seinem Chef nach, der umgehend einen Lkw mit Sprit, Ersatzreifen und allen Zusatzkosten zusagt – die Aktion nimmt Fahrt auf.
Nach „gefühlten 500 Telefonaten“ kommt er allerdings zu Beginn nicht so recht weiter – denn er will einen festen Ansprechpartner vor Ort erreichen.
Zwei letzte Anrufe nimmt er sich noch vor – und tatsächlich erreicht er doch noch jemanden, der mitten im Krisengebiet eine Sammelstelle organisiert und genau sagen kann, was benötigt wird.
Mike Bamberg postet den Beginn der Spendensammlung in den sozialen Netzwerken – und wird von einer Welle der Hilfsbereitschaft förmlich überrollt.
Extra einkaufen gefahren
Innerhalb weniger Tage werden riesige Mengen an Hilfsgütern gesammelt, die auf dem Hof von Uwe und Bettina Baumbusch erstmal sortiert und zwischengelagert werden: Hygiene-Artikel, Babykleidung, Getränke, Tierfutter und vieles mehr wird von einigen Firmen, hauptsächlich aber tatsächlich von Privatpersonen gespendet: „Die Leute sind extra einkaufen gefahren und haben gefragt, was benötigt wird – anschließend haben viele auch spontan beim Sortieren geholfen“, berichtet Uwe Baumbusch von einer „überwältigenden Solidarität und Hilfsbereitschaft im Ort“.
Insgesamt werden 32 Paletten mit Hilfsgütern eingeladen. Mike Bamberg macht sich gemeinsam mit seiner Kollegin Miriam Sonntag am vergangenen Samstag, morgens um 4.30 Uhr auf den Weg – nach über fünf Stunden und rund 400 Kilometern kommen sie schließlich um 9.41 Uhr im nordrhein-westfälischen Erftstadt an: Die Spenden aus dem Main-Tauber-Kreis werden umgehend entladen. „29 Paletten sind teilweise sofort in kleine Busse umgeladen worden – mit größeren Fahrzeugen kommt man in die betroffenen Gebiete einfach nicht rein“, berichtet Mike Bamberg. Drei Paletten mit Babykleidung müssen die beiden allerdings wieder mitnehmen, weil wenige Stunden zuvor ein Annahmestopp für bestimmte Waren verhängt wurde: „Wir haben noch versucht, die Kleidung woanders unterzubringen, sind aber überall dankend abgewiesen worden.“
29 Paletten an Hilfsgütern aus Markelsheim sind also im Katastrophengebiet angekommen – für die vielen engagierten Spender und Helfer eine Selbstverständlichkeit: „In der Situation wären wir auch froh, wenn jemand für uns da ist. Die Markelsheimer haben wirklich toll zusammengehalten – das war der Wahnsinn“, zeigt sich Miriam Sonntag nach der Rückkehr immer noch beeindruckt. Bei Bedarf könnte es übrigens weitere Fahrten geben – der Kontakt mit den Ansprechpartnern vor Ort bleibt erstmal weiterhin bestehen.
Viele andere Menschen aus der Region sind oder waren in den letzten Tagen ebenfalls in der Krisenregion, um Spenden zu bringen oder selbst mit anzupacken. Gelebte Solidarität mit Menschen, die alles verloren haben. Und dieser Zusammenhalt ist bei allem Leid, das diese Katastrophe verursacht hat, am Ende doch auch wirklich beeindruckend. ol
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