Herbsthausen. Alle sind sehr bedrückt, als sie gemeinsam am Tisch der Herbsthäuser Brauerei-Gaststätte Platz genommen haben, denn das Thema des Pressegesprächs ist kein Schönes. Das beliebte Gasthaus schließt Ende Oktober. Ein „kulinarischer Leuchtturm“ auf der Höhe fällt weg. Hauptgrund: der Personalmangel und die Überlastung der übrigen Aktiven.
240 Sitzplätze – innen und außen – bietet die Brauerei-Gaststätte maximal. Herbsthausen selbst hat aktuell 206 Einwohner. Das sagt schon viel allein über die räumlichen Möglichkeiten vor Ort.
Starke Stammkundschaft in der Herbsthäuser Gaststätte
Dazu kommt das gute Essen. Eine starke Stammkundschaft, darunter die Brauerei-Eigentümer-Familie und die Brauerei-Belegschaft, sowie viele weitere zufriedene Gäste in den vergangenen Jahren und gut gefüllte Auftragsbücher für beispielsweise Weihnachten oder Familienfeiern in 2024 und 2025 sprechen für sich. Umso trauriger sind nun alle, dass hier vorerst Schluss ist. Die Nachfolger-Suche läuft.
Sebastian Vetter ist angestellter Geschäftsführer der Brauerei-Gaststätte, die als 100-prozentiges Tochterunternehmen der Herbsthäuser Brauerei firmiert. Zusammen mit seiner Frau Kerstin Spiegler steht er seit 2011 hier in der Verantwortung.
Vor Corona waren sie zusammen sechs Festangestellte und hatten 17 Aushilfen, um das Gasthaus gut betreiben zu können – nach Corona sind nur noch Vetter und seine Frau sowie eine weitere Festangestellte, dazu zwei Teilzeitkräfte und vier Aushilfen übrig geblieben. „Das ist zu wenig. Der Personalmangel ist ein riesiges Thema. So konnte es nicht weitergehen“, sagt Sebastian Vetter. Deshalb sperre man die Türen nach dem 28. Oktober zu. „Und darüber sind wir alle sehr betrübt!“
Christian Wunderlich, der Geschäftsführer der Herbsthäuser Brauerei, teilt das Bedauern ausdrücklich: „Das war ein kulinarischer Leuchtturm und ein echtes Aushängeschild, schade, dass nun erstmal Schluss ist.“ Die Suche nach einem Nachfolger gestalte sich sehr schwierig, bislang habe man keine guten Lösungen gefunden.
Wunderlich verrät auch, dass eine reine Abholung des Essens, also ein To-Go-Betrieb, überlegt wurde, ebenso eine deutliche Einschränkung der Öffnungszeiten oder aber ein Einsatz von Service-Robotern, der aufgrund einiger Stufen im Gebäude jedoch nicht möglich gewesen wäre. Doch all das habe man wieder verworfen.
Zu viel Aufwand für zu wenige Schultern
„Es ist zu viel Aufwand für zu wenige Schultern. Die Arbeitsbelastung ist zu hoch. So konnte es nicht weitergehen“, räumt Küchenchefin Kerstin Spiegler betroffen ein und erntet zustimmendes Nicken von Christian Wunderlich und dessen Vater, Brauerei-Seniorchef Klaus Wunderlich. Auch die Arbeitgeber sahen die Notwendigkeit zum Handeln.
Das Datum Ende Oktober wurde gemeinsam gewählt, weil man so nicht mehr in die stressige Vorweihnachtszeit hineinrutscht. Und Sebastian Vetter schiebt noch einmal nach: „Wir haben uns lange mit der Brauerei-Führung besprochen und auch seit Jahresbeginn Auswege gesucht, neue Konzepte erdacht, aber diese letztlich doch verworfen.“ Bis 28. Oktober bleibe das Gaststätten-Team zusammen aktiv, dann kämen die verbliebene Festangestellte und die Aushilfskräfte, wenn sie dies wollten, zum Glück anderweitig unter.
Für Vetter und seine Frau geht es künftig „in die zweite Reihe“ – mehr wollen sie dazu momentan nicht sagen. Gemeinsam bedanken sie sich schon heute bei allen treuen Gästen und der Brauerei-Familie: „Sehr gerne waren wir in dem traditionsreichen und markanten Haus in der Ortsdurchfahrt von Herbsthausen mit Feuereifer und Leidenschaft am Werk.“
Klaus Wunderlich erinnert daran, dass es die Gaststätte seit 1581 (erste urkundliche Erwähnung) gibt: „Wir sehen uns der Tradition verpflichtet. Ich bin hier aufgewachsen und nun sehr traurig. Es schmerzt sehr, denn das Verhältnis zum Ehepaar Vetter/Spiegler war sehr intensiv. Ab 1964 hatten wir einige Pächter und nun seit 2011 eine neue Lösung. Und ich kann sagen, dass ich mich seither noch nie so daheim gefühlt habe, wie in den letzten zwölf Jahren.“ Da müssen alle schlucken.
Christian Wunderlich und sein Vater streben eine „tragfähige Nachfolge-Lösung an“ und wissen auch, nur zu gut, wie schwer das in diesen Zeiten wird.
Bis 12. September ist nun „Betriebsurlaub“ in der Gaststätte, danach warten schon etliche reservierte Tische für die letzten Wochen. Sebastian Vetter spricht von „Hochbetrieb“ bis zum Schluss und betont, dass Gaststätten-Gutscheine nach der endgültigen Schließung noch über die Brauerei einlösbar bleiben.
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